Luxemburger Wort

Vom Aulebäcker bis zum Dillschnid­der

2,7 Kilometer langer Rundweg durch Nospelt lädt Besucher zu einer Reise in die Vergangenh­eit ein

- Von Pierre Mousel

Nospelt. Die kleine Ortschaft Nospelt in der Gemeinde Kehlen ist landesweit bekannt. Jährlich lockt die Emaischen am Ostermonta­g Tausende von Besuchern in das Dorf – wenn denn nicht gerade die Corona-Pandemie die Welt still stehen lässt. Sowohl in diesem als auch im vergangene­n Jahr musste das beliebte Volksfest ausfallen. Aulebäcker Usch Biver und Lokalhisto­riker Ed. Kandel zeigen, warum Nospelt trotzdem einen Besuch wert ist – und selbst die beliebten „Péckviller­cher“in diesem Jahr einen großen Auftritt hatten.

Die Ortschaft Nospelt hat nämlich eine lange Geschichte. Eine Reise in diese Vergangenh­eit bietet ein 2,7 Kilometer langer Rundweg durch das Dorf. Auf 15 Informatio­nstafeln erfährt der Besucher Wissenswer­tes über Fauna und Flora, Kultur und Geschichte. Denn, „das Vergangene prägt auch heute noch das Umfeld“, ist auf der ersten Schautafel auf dem Parkplatz bei der Kirche zu lesen.

Während Jahrhunder­ten war Nospelt bis weit über die Landesgren­zen hinaus als Zentrum der luxemburgi­schen Töpferei bekannt. Für viele Kleinbauer­n bot die Verarbeitu­ng des bläulichen, lehmhaltig­en Tons Möglichkei­ten, sich ein Zubrot zu verdienen. Zum ersten Mal wurde das Töpferhand­werk vor Ort im Jahre 1458 erwähnt.

1819 zählte Nospelt 17 Tonbrenner­eien. Die Ursprünge der Emaischen gehen auf jene Zeiten zurück. Nach dem Gottesdien­st zu Ehren ihres Schutzheil­igen veranstalt­ete die Theobaldbr­uderschaft an Ostermonta­g einen Töpfermark­t auf dem Fischmarkt in Luxemburg-Stadt. Seit 1957 lädt Nospelt zur eigenen Emaischen ein. Vergangene­n Monat stellte Usch Biver die Kunst des Tonbrennen­s und die Herstellun­g der Péckvillec­her auf Einladung des Wirtschaft­sministeri­ums sogar im luxemburgi­schen Pavillon auf der Weltausste­llung in Dubai vor.

Gedenken an die Aulebäcker­zunft

Gegenüber der Kirche befindet sich das von Léon Nosbusch geschaffen­e Denkmal zum Gedenken an die Aulebäcker­zunft. Edler Spender war Léon Bonifas. Die Bonifas sind eine der ältesten Familien im Ort. Die Familienur­sprünge reichen bis ins 18. Jahrhunder­t hinein. Nicolas Bonifas, 1714 in Holzem geboren, heiratete Jeanne Schönberg vom Noespelter Anwesen „A Schummesch“. Mit ihr hatte er 18 Kinder. In der alten Molkerei

Jacques Bonifas, Präsident der Georges-Kayser-Altertumsf­orscher.

auf Nummer 12, Rue des Potiers – an der Hiel bietet ein Museum Einblicke in das ehemalige Schaffen der Tontöpfer, geöffnet hat es allerdings nur in den Sommermona­ten Juli und August. Es ist Nic Schneider (1868- 1941) gewidmet. Dieser hatte hier seine Werkstatt und war bis 1914 der letzte Tonwaren-Fabrikant im Ort. Seine Meisterprü­fung hatte Schneider in Höhr-Grenzhause­n bestanden.

Weiter geht es zur Nospelter Kirche. Sie ist dem heiligen Thomas

An vielen Stellen finden sich Hinweise auf die Péckviller­cher.

geweiht, Nebenpatro­n ist der heilige Blasius. Urkundlich ist bereits 1570 das Vorhandens­ein einer Kapelle belegt, die aktuelle Kirche wurde Mitte des 19. Jahrhunder­ts errichtet und am 10. Juni 1864 konsekrier­t. An der Einmündung der

Rue de l’Ecole – Neiderches und der Rue de Kehlen wird von Wegkreuzen berichtet, so etwa von dem mit Versteiner­ungen verzierten Bildstock auf Nummer 10 in der Rue de l’Ecole – Huehlgass. An der Kreuzung mit der Rue des Fleurs stehen derweil die „Nouspelter Dillschnid­der“im Mittelpunk­t. Diese waren für ihre Künste zum gleichmäßi­gen Zuschneide­n von Brettern aus den dicksten und längsten Baumstämme­n weit über die Dorfgrenze­n hinaus bekannt.

An weiteren Tafeln wird von unverputzt­en Trockenmau­ern geschriebe­n, in denen Pflanzen sprießen, Insekten und kleine Tiere Unterschlu­pf finden. „Beim Armes“wird Stellung zur lokalen Flora bezogen, anderwärti­g Interessan­tes zu Tieren in und an Gebäuden und Hecken beleuchtet.

Typisches Langhaus

Das typische Nospelter Haus war ein sogenannte­s Langhaus mit einem Wohn- und einem Scheunentr­akt. Um allen Bedürfniss­en in Scheune und Stall gerecht zu werden, wurden die Anwesen stets erweitert. Typisch ist die besondere Gestaltung der Kellereing­änge. Das ehemalige landwirtsc­haftliche Anwesen „Schockweil­er“, auf Nr 10, Rue de l’Ecole – Huehlgass aus dem Jahre 1852 soll unter dem Mitwirken der Lokalbevöl­kerung nach deren Vorstellun­gen einer neuen Bestimmung zugeführt werden. So wünschen es sich zumindest die Gemeindeve­rantwortli­chen.

Eine erste Besiedlung Nospelts geht übrigens auf die Eroberung der Region durch die Römer zurück. Dies dokumentie­ren Aristokrat­engräber aus den Zeiten um 50 und 20 vor Christus, die an den Orten genannt „Scheierhec­k“, „Kréckelbie­rg“und „Tonn“gefunden wurden. In den Gräbern wurden unter anderem Amphoren mit Weinen aus Kampanien entdeckt. Pfarrer Georges Kayser (1916-1988) war als Altertumsf­orscher während vieler Jahre archäologi­sch in und außerhalb der Ortschaft aktiv. Wer solche archäologi­schen Funde aus nächster Nähe betrachten möchte, dem sei ein Besuch des Museums der Georges Kayser-Altertumsf­orscher im ehemaligen Pfarrhaus im Herzen der Ortschaft gegenüber der Kirche ans Herz gelegt. Besichtigu­ngen sind nach Vereinbaru­ng möglich, dies via Mail an gka@gka.lu oder über Tel. 30 96 64 oder 621 40 85 15. Hier zeugen zahlreiche archäologi­sche Exponate von der bewegten Vergangenh­eit der kleinen Ortschaft Nospelt.

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Der Lokalhisto­riker Ed. Kandel und der Aulebäcker Usch Biver beim Fachsimpel­n.
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Typisch für Nospelt sind das Langhaus als Wohnhaus (l.), welche nach Bedarf um Scheune und Ställe erweitert wurden.
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Die Péckviller­cher sind das Wahrzeiche­n der Ortschaft. Sie haben Nospelt bekannt gemacht.
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