Die CSV am Scheideweg
Die Würfel sind gefallen. Die Richter haben den früheren CSV-Präsidenten Frank Engel und die sechs Mitangeklagten freigesprochen. Noch liegt die Urteilsbegründung nicht vor. Noch ist nicht gewusst, ob die Staatsanwaltschaft in Berufung gehen wird oder nicht. Unklar ist auch, ob Engel, wie gestern nach der Urteilsverkündung angekündigt, Klage wegen falscher Verdächtigung einreichen wird oder nicht.
Fest steht allerdings jetzt schon: Der Schuss ging gewaltig nach hinten los, die CSV steht vor einem riesigen Scherbenhaufen. Die als Befreiungsschlag gedachte Aktion war ein Rohrkrepierer. Als einige Partei- und Fraktionsmitglieder die Staatsanwaltschaft über die angebliche Scheinbeschäftigung von Engel informierten, ging es nämlich nicht nur darum, eine mögliche Straftat anzuzeigen. Es ging auch darum, den ungeliebten und sehr umstrittenen Vorsitzenden, der seinen Platz trotz großzügiger Angebote partout nicht räumen wollte, loszuwerden. Dieses Ziel haben die Initiatoren – darunter auch die beiden Co-Fraktionsvorsitzenden Martine Hansen und Gilles Roth – mit dem Gang vor die Justiz erreicht. Doch um welchen Preis?
Denn ganz egal, wie die Richter geurteilt hätten, der von dem neuen Parteivorsitzenden Claude Wiseler angestrebte Neuanfang ist wegen der unappetitlichen FreundeskreisAffäre mit einem enormen Makel behaftet. Das eh schon arg lädierte Image der einst staatstragenden Partei wird durch den Urteilsspruch weiter beschädigt. Die Wähler verlieren mehr und mehr das Vertrauen in die Christsozialen, weil sie mit ihren anhaltenden parteiinternen Querelen seit Monaten für Negativschlagzeilen sorgen, anstatt mit ihrer politischen Arbeit zu überzeugen. Mit nur noch 15 Sitzen, die ihnen die rezente Sonndesfro gerade noch bescheinigt, sind sie längst keine Volkspartei mehr.
Die Verantwortlichen müssen sich nun die Gretchenfrage stellen: Wie soll es parteiintern weitergehen? Denn nicht nur das Vertrauen der Wähler wurde nachhaltig erschüttert. Auch innerhalb der CSV herrscht ein Klima des Misstrauens. Vor allem die designierte Co-Vorsitzende Elisabeth Margue und die designierte Co-Generalsekretärin Stéphanie Weydert dürften kaum motiviert sein, den Karren aus dem Dreck zu ziehen. Denn sie mussten ihre eigene Denunziation mehr oder weniger freiwillig mittragen und saßen neben Engel auf der Anklagebank. Dabei sollten gerade die beiden jungen Hoffnungsträgerinnen für frischen Wind und somit für bessere Chancen bei den Wahlen sorgen.
Zwar sind es bis zu den Wahlen noch zwei Jahre, doch wenn die CSV eine reelle Chance haben möchte, in die Erfolgsspur zurückzufinden und wieder Regierungsverantwortung zu übernehmen, muss sie zuerst den eigenen Stall ausmisten. Die Verantwortlichen – allen voran Parteipräsident Wiseler – müssen dafür sorgen, dass der Urteilsspruch die Partei innerlich nicht vollständig zerreißt. Sie müssen dafür sorgen, dass die CSV wieder mit einer Stimme spricht und dass die ewigen Alleingänge einiger Altvorderen endlich ein Ende haben. Gelingt dies nicht, dann drehen die Christsozialen nach 2023 eine dritte Runde in der Opposition, ganz ohne Zutun der politischen Konkurrenz.
Innerhalb der CSV herrscht ein Klima des Misstrauens.
Kontakt: danielle.schumacher@wort.lu