Kleine Revolution am Persischen Golf
Die Vereinigten Arabischen Emirate verschieben das Wochenende und führen die Viereinhalb-Tage-Woche ein
In den Vereinigten Arabischen Emiraten (VAE) soll ab dem kommenden Jahr von montags bis freitags gearbeitet werden. Die 1971 gegründete Föderation aus sieben Emiraten am Persischen Golf und am Golf von Oman wird damit das erste Land auf der Arabischen Halbinsel sein, das sich an westlichen Zeitplänen ausrichten wird. Wie in fast allen muslimischen Ländern (mit Ausnahme der Türkei und Marokko) war in den Emiraten bisher der Freitag ein arbeitsfreier Tag. Für die Muslime heilig hat er die gleiche Bedeutung wie der Sonntag bei den Christen und der (am Freitagabend beginnende) Sabbat bei den Juden. Um die religiösen Gefühle der Muslime nicht zu verletzten, entschied die Regierung der Emirate, dass Regierungsbeamte am Freitag lediglich einen halben Tag arbeiten müssen. Das ermöglicht ihnen die Teilnahme am traditionellen Mittagsgebet, das gegen 13.00 Uhr Ortszeit beginnt. Ziel der Wochenendverschiebung ist es, sich stärker an den globalen Märkten zu orientieren und damit den internationalen Handel zu erleichtern. Nach Medienberichten aus Dubai gilt die Arbeitszeitverschiebung zunächst nur für Staatsbedienstete. Zudem würden auch die zahlreichen Privatschulen in den Emiraten auf das neue Wochenende umgestellt.
„Der private Sektor wird flexibel über das neue Wochenende entscheiden können“, sagte Abdulrahman Al Awar, Generaldirektor der emiratischen Bundesbehörde für das Personalwesen, dem Fernsehsender Asharq TV. Die Unternehmen könnten ihre Flexibilität behalten, solange sie sich an das geltende Arbeitsrecht halten würden. Es sieht eine Höchstarbeitszeit
von 48 Stunden pro Woche und mindestens einen freien Tag pro Woche vor.
Angleichung an globale Normen
Westliche Beobachter in den Emiraten gehen davon aus, dass auch die Privatwirtschaft die neuen Arbeitszeiten übernehmen wird. „Die Entscheidung wird die VAE als regionalen Standort für ausländische Unternehmen noch attraktiver machen“, glaubt der Wirtschaftsexperte Ziad Daoud. „Die Angleichung der Wochenarbeitszeit an die globalen Normen wird vor allem den Reise- und Tourismussektor ankurbeln und die Wettbewerbsfähigkeit der Emirate ganz erheblich steigern“, hofft auch der für die Abu Dhabi Capital Group arbeitende Mohammed al Yasin.
Allerdings werde es noch einige Zeit dauern, bis sich die Reformen im Wirtschaftswachstum niederschlagen würden. Gut neun Millionen der zehn Millionen Einwohner der Emirate sind Ausländer; viele von ihnen sind Europäer, die ein westliches Wochenende dem bisher arbeitsfreien Freitag vermutlich vorziehen.
Zu ihren Arbeitgebern gehören ausländische Banken, die in den letzten Jahren bereits die westliche Vier– oder Fünf-Tage-Regelung eingeführt hatten. Die kürzere Arbeitszeit werde die Produktivität steigern und die Lebensqualität verbessern, erwartet Abdulrachman al-Awar, Human-Ressources-Generaldirektor in der Regierung der „VAE“.
Der erste Dominostein
Die Emirate waren das erste Land auf der Arabischen Halbinsel, das im Jahr 2006 das Wochenende von Donnerstag und Freitag auf Freitag und Samstag verlegt hatte. Sieben Jahre später folgte Saudi-Arabien
und danach die meisten anderen Golfstaaten. Dieses Mal könnte Saudi-Arabien allerdings sehr viel schneller auf die erneute Wochenendverschiebung der Emirate reagieren, schreibt die in Abu Dhabi erscheinende „Khaleej Times“.
Das um die Diversifizierung seiner Wirtschaft bemühte Wüstenkönigreich bemüht sich nach Kräften, den Emiraten den Rang als wichtigste Handelsmetropole im Nahen Osten abzulaufen. Die nun erfolgte Verlegung des Wochenendes in den Emiraten ist sicherlich auch vor diesem Hintergrund zu betrachten. Um erfolgreich zu sein, lautet das Credo von Scheich Mohammed al Maktoum, dem ehrgeizigen Herrscher von Dubai, müsse man den Konkurrenten immer um einige Schritte voraus sein. Niemanden interessiere es, wer im internationalen Wettbewerb am Ende Zweiter werde.