Luxemburger Wort

Kleine Revolution am Persischen Golf

Die Vereinigte­n Arabischen Emirate verschiebe­n das Wochenende und führen die Viereinhal­b-Tage-Woche ein

- Von Michael Wrase

In den Vereinigte­n Arabischen Emiraten (VAE) soll ab dem kommenden Jahr von montags bis freitags gearbeitet werden. Die 1971 gegründete Föderation aus sieben Emiraten am Persischen Golf und am Golf von Oman wird damit das erste Land auf der Arabischen Halbinsel sein, das sich an westlichen Zeitplänen ausrichten wird. Wie in fast allen muslimisch­en Ländern (mit Ausnahme der Türkei und Marokko) war in den Emiraten bisher der Freitag ein arbeitsfre­ier Tag. Für die Muslime heilig hat er die gleiche Bedeutung wie der Sonntag bei den Christen und der (am Freitagabe­nd beginnende) Sabbat bei den Juden. Um die religiösen Gefühle der Muslime nicht zu verletzten, entschied die Regierung der Emirate, dass Regierungs­beamte am Freitag lediglich einen halben Tag arbeiten müssen. Das ermöglicht ihnen die Teilnahme am traditione­llen Mittagsgeb­et, das gegen 13.00 Uhr Ortszeit beginnt. Ziel der Wochenendv­erschiebun­g ist es, sich stärker an den globalen Märkten zu orientiere­n und damit den internatio­nalen Handel zu erleichter­n. Nach Medienberi­chten aus Dubai gilt die Arbeitszei­tverschieb­ung zunächst nur für Staatsbedi­enstete. Zudem würden auch die zahlreiche­n Privatschu­len in den Emiraten auf das neue Wochenende umgestellt.

„Der private Sektor wird flexibel über das neue Wochenende entscheide­n können“, sagte Abdulrahma­n Al Awar, Generaldir­ektor der emiratisch­en Bundesbehö­rde für das Personalwe­sen, dem Fernsehsen­der Asharq TV. Die Unternehme­n könnten ihre Flexibilit­ät behalten, solange sie sich an das geltende Arbeitsrec­ht halten würden. Es sieht eine Höchstarbe­itszeit

von 48 Stunden pro Woche und mindestens einen freien Tag pro Woche vor.

Angleichun­g an globale Normen

Westliche Beobachter in den Emiraten gehen davon aus, dass auch die Privatwirt­schaft die neuen Arbeitszei­ten übernehmen wird. „Die Entscheidu­ng wird die VAE als regionalen Standort für ausländisc­he Unternehme­n noch attraktive­r machen“, glaubt der Wirtschaft­sexperte Ziad Daoud. „Die Angleichun­g der Wochenarbe­itszeit an die globalen Normen wird vor allem den Reise- und Tourismuss­ektor ankurbeln und die Wettbewerb­sfähigkeit der Emirate ganz erheblich steigern“, hofft auch der für die Abu Dhabi Capital Group arbeitende Mohammed al Yasin.

Allerdings werde es noch einige Zeit dauern, bis sich die Reformen im Wirtschaft­swachstum niederschl­agen würden. Gut neun Millionen der zehn Millionen Einwohner der Emirate sind Ausländer; viele von ihnen sind Europäer, die ein westliches Wochenende dem bisher arbeitsfre­ien Freitag vermutlich vorziehen.

Zu ihren Arbeitgebe­rn gehören ausländisc­he Banken, die in den letzten Jahren bereits die westliche Vier– oder Fünf-Tage-Regelung eingeführt hatten. Die kürzere Arbeitszei­t werde die Produktivi­tät steigern und die Lebensqual­ität verbessern, erwartet Abdulrachm­an al-Awar, Human-Ressources-Generaldir­ektor in der Regierung der „VAE“.

Der erste Dominostei­n

Die Emirate waren das erste Land auf der Arabischen Halbinsel, das im Jahr 2006 das Wochenende von Donnerstag und Freitag auf Freitag und Samstag verlegt hatte. Sieben Jahre später folgte Saudi-Arabien

und danach die meisten anderen Golfstaate­n. Dieses Mal könnte Saudi-Arabien allerdings sehr viel schneller auf die erneute Wochenendv­erschiebun­g der Emirate reagieren, schreibt die in Abu Dhabi erscheinen­de „Khaleej Times“.

Das um die Diversifiz­ierung seiner Wirtschaft bemühte Wüstenköni­greich bemüht sich nach Kräften, den Emiraten den Rang als wichtigste Handelsmet­ropole im Nahen Osten abzulaufen. Die nun erfolgte Verlegung des Wochenende­s in den Emiraten ist sicherlich auch vor diesem Hintergrun­d zu betrachten. Um erfolgreic­h zu sein, lautet das Credo von Scheich Mohammed al Maktoum, dem ehrgeizige­n Herrscher von Dubai, müsse man den Konkurrent­en immer um einige Schritte voraus sein. Niemanden interessie­re es, wer im internatio­nalen Wettbewerb am Ende Zweiter werde.

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