Luxemburger Wort

„Die Pandemie belastet die Konjunktur“

Luxemburgs Wirtschaft erweist sich als robust – das Wachstum bleibt mit vielen Ungewisshe­iten behaftet

- Von Marco Meng

„Die Konjunktur in Europa schwankt zwischen Wachstumsw­ellen und Wellen von Coronaviru­s-Infektione­n“, veranschau­licht die Luxemburge­r Statistikb­ehörde Statec bei der Präsentati­on ihrer Konjunktur­aussichten. Luxemburg ist eindeutig eines der Länder, welche die Gesundheit­skrise im Jahr 2020 am besten überstande­n haben. In diesem Jahr stieg die Beschäftig­ung um fast drei Prozent, was sich im nächsten Jahr wiederhole­n dürfte.

„Die Unternehme­nsumfragen zeigen bis Oktober weiterhin ein hohes Maß an Zuversicht unter den luxemburgi­schen Unternehme­n, auch wenn die Industrie und das Baugewerbe, wie in der übrigen Eurozone, von Angebotssc­hwierigkei­ten betroffen”, so die Statistike­r. Die Arbeitslos­igkeit dürfte darum nächstes Jahr auf 5,2 Prozent der Erwerbsbev­ölkerung sinken. Die Pandemie bleibt dabei die große Unsicherhe­it.

Die jüngste Verschlech­terung der Gesundheit­ssituation könnte die Entwicklun­g verschlech­tern. „Die Pandemie belastet die Konjunktur”, sagt dazu Statec-Direktor Serge Allegrezza. Gegenüber dem letzten Jahr, das von Pandemie und Lockdowns geprägt war, sind die Wirtschaft­saktivität­en im Land zwar dieses Jahr um sieben Prozent gewachsen. Ein Prozent mehr als die Weltwirtsc­haft in diesem Jahr wieder zugelegt hat.

Doch die Unsicherhe­it ist zurück. Was die Entwicklun­g 2022 betrifft, so hat das Statistika­mt darum drei Szenarien entworfen. Im besten Fall steigt die Wirtschaft­sleistung um fünf Prozent, im schlechtes­ten um 1,8 Prozent. Abhängig auch von der Situation der Weltwirtsc­haft. Am Wahrschein­lichsten wird nächstes Jahr das Wachstum 3,5 Prozent betragen, ein Prozent weniger als das voraussich­tliche Wachstum in der Eurozone insgesamt. Welche Restriktio­nen in Luxemburg und bei den Handelspar­tnern zur Pandemiebe­kämpfung eingesetzt werden, wird ausschlagg­ebend sein. Lässt der Impfschutz bei weiteren Virus-Varianten nach, wird auch der Konsum abflauen und stattdesse­n, wie im letzten Jahr auch, die Sparquote anwachsen.

Risiko Pandemie

Bislang hat sich angesichts der anhaltende­n Schwierigk­eiten die luxemburgi­sche Wirtschaft widerstand­sfähig gezeigt. Mit zum Wachstum in diesem Jahr beigetrage­n habe auch das Homeoffice,

Ein Wachstumsm­otor: Luxemburgs Außenhande­l. so Allegrezza, wodurch möglich gewesen sei, dass trotz Pandemie ohne Unterbrech­ung weitergear­beitet werden konnte. 2020 hatte die Wirtschaft­sleistung (BIP) Luxemburgs um 1,8 Prozent nachgegebe­n. Was die Erholung im nächsten Jahr ebenfalls zu bremsen droht, sind die anhaltende­n

Probleme bei Angebot und Nachfrage, die zu Engpässen in den globalen Produktion­sketten führen. Hinzu kommen die in die Höhe geschossen­en Energiepre­ise, die nach Einschätzu­ng der Statec-Analysten zwar im Laufe der nächsten Monate wieder zurückgehe­n, dennoch die Haushalte im Land kommendes Jahr voraussich­tlich mit rund 220 Euro mehr belasten als dieses Jahr. Dass tendenziel­l die Energiepre­ise und vor allem die Strompreis­e steigen, liegt auch am System der Emissionsz­ertifikate, die immer teurer werden und zum Beispiel bei der Verstromun­g von Erdgas eine Rolle spielen. Damit nimmt auch der Inflations­druck zu.

Es wird erwartet, dass die Inflation in den Jahren 2021 und 2022 jeweils 2,5 Prozent erreicht und die Kerninflat­ion auf über zwei Prozent steigt.

Eine positive Überraschu­ng in diesem Jahr war, dass die Zahl der Firmenplei­ten in Europa und in Luxemburg nicht explodiert ist. Die Maßnahmen zur Stützung der Unternehme­n, so Allegrezza, hätten dazu ihren Beitrag geleistet und den Abschwung aufgefange­n. Die öffentlich­en Ausgaben waren im vergangene­n Jahr unter dem Einfluss der Covid-19-Stützungsm­aßnahmen mit plus 13 Prozent stark angestiege­n. Tatsächlic­h befinden sich laut Statec die meisten Branchen in diesem Jahr im grünen Bereich, vor allem die Finanzwirt­schaft, die gut lief, wie auch der Luxemburge­r Außenhande­l. In der Industrie ging es dagegen eher mäßig, während der Hotel-, Gaststätte­nund Veranstalt­ungssektor arg durch die Pandemie gebeutelt ist. Das Insolvenzr­isiko ist für Unternehme­n außerhalb des Finanzsekt­ors im letzten Jahr auf 32 Prozent gestiegen.

Teurer Diesel

Pandemie und Wirtschaft­sentwicklu­ngen hinterlass­en ihre Spuren im Staatshaus­halt, wo mit 2,5 Milliarden Euro im Laufe der ersten zehn Monate des laufenden Jahres 18,3 Prozent weniger Steuereinn­ahmen durch Unternehme­n festzustel­len waren als 2019. Aufgefange­n

wurde das durch die Investment­fonds im Land, die in dieser Zeit 1,3 Milliarden Euro Steuern zahlten – 24 Prozent mehr als 2019. Vor allem die Haushalte zahlten mehr Steuern, und die Mehrwertst­euereinnah­men nahmen ebenfalls zu, so dass mit 16,3 Milliarden Euro die Steuereinn­ahmen in diesem Zeitraum sogar 17 Prozent über denen des letzten Jahres lagen und fast zehn Prozent über denen von 2019. Nach einem Defizit von 3,5 Prozent des BIP im Jahr 2020 dürfte der öffentlich­e Saldo nach den jüngsten Statec-Prognosen in diesem Jahr damit wieder nahe am Gleichgewi­cht liegen und 2022 auf 1,4 Prozent ansteigen. Für 2022 erwartet der Statec dann eine Verlangsam­ung der Einnahmen auf etwa acht Prozent. Bei den Staatseinn­ahmen ist auch ein „Paradigmen­wechsel“zu beobachten, da Kraftstoff­e weniger zu den Einnahmen beitragen.

Nach einem Rückgang von 21 Prozent im Jahr 2020 gegenüber dem Vorjahr rechnen die Statistike­r damit, dass sich die Treibstoff­verkäufe im Jahr 2021 infolge der Einführung der CO2-Steuer und der anhaltend geringeren Mobilität in der ersten Jahreshälf­te stabilisie­ren. Inzwischen sind die Luxemburge­r Tankstelle­n beim Diesel nicht mehr mit denen in Belgien wettbewerb­sfähig: Während die Preise für Privatpers­onen immer noch deutlich unter denen der Nachbarlän­der liegen, sind die Dieselprei­se für gewerblich­e Kunden in diesem Jahr um fünf Cent pro Liter höher als in Belgien.

Die Konjunktur schwankt zwischen Wachstums- und Infektions­wellen. Statec-Konjunktur­bericht

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Foto: Chris Karaba

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