Luxemburger Wort

Plädoyer für einen Wandel

Zum Jubiläum von „Justitia et Pax Luxemburg“ging es um die Transition der Wirtschaft

- Von Marc Jeck

Luxemburg. „Ohne nachhaltig­e Entwicklun­g gibt es keinen Frieden“, rief Jean-Louis Zeien, Generalsek­retär von „Justice et Paix Luxembourg“zu Beginn einer akademisch­en Festsitzun­g zum 50. Gründungsj­ubiläum den Teilnehmen­den zu. Die Nachhaltig­keit und die damit verbundene Transition­sidee prägten die Grußworte sowie den Vortrag der Expertin Cécile Renouard.

„Ein Umdenken unserer Ökonomie braucht eine Transforma­tion auf drei Ebenen: eine alltäglich­e, eine strukturel­le und eine innere“, so die französisc­he Ordensfrau, die als Referentin der 1971 gegründete­n Kommission „Justitia et Pax Luxembourg“eingeladen wurde, um über die Notwendigk­eit einer Transition in Wirtschaft und Gesellscha­ft zu reflektier­en. Alltäglich­e Gesten seien ebenso unabdingba­r wie eine Rückbesinn­ung auf innere Werte und spirituell­e Quellen.

Drei Fragen

Vor diesem Hintergrun­d forderte die Mitbegründ­erin und Präsidenti­n des „Campus de la transition“zu Beginn ihrer Ausführung­en die Zuhörenden auf, sich in Zweiergrup­pen mit drei Fragen auseinande­rzusetzen, die für die Grundhaltu­ng wichtig sind: „Ich bin dankbar für …“, „Wenn ich die Zukunft unseres Planeten betrachte, dann bin ich besorgt über …“und „Das, was mir Lust bereitet heute auf der Erde zu leben, ist …“. Für Cécile Renouard ist entscheide­nd, nicht bei Absichtser­klärungen stehen zu bleiben, sondern zur Tat zu schreiten und den Wandel der Wirtschaft­smodelle voranzutre­iben.

Um den Übergang vom Diskurs zur Aktion zu beschleuni­gen, empfahl die Co-Autorin des 2020 erschienen­en „Manuel de la Grande Transition“sechs Zugänge, um Wandel konkret werden zu lassen und die ökologisch­e und gesellscha­ftliche Transition zu vollziehen. Der Klimawande­l fordere uns heraus, unsere bisherigen Wirtschaft­smodelle zu überdenken.

Zunächst brauche es eine systemisch­e Vision, dass alle Menschen zusammen auf der gleichen „Mutter Erde“wohnen. Hinzu kommen Gerechtigk­eit der Institutio­nen und Verantwort­ung der Akteure. Deshalb müsse in den ökonomisch­en Statistike­n den Indikatore­n für menschlich­e Entwicklun­g eine größere Bedeutung zukommen, so Cécile Renouard, die auf die Ungerechti­gkeiten zwischen den Ländern beim ökologisch­en Fußabdruck einging. „Welche ökologisch­en Tugenden müssen wir zusammen kultiviere­n, wenn wir gemeinsam voranschre­iten wollen?“, fragte die Ordensfrau der „Religieuse­s de l’Assomption“, die sich für andere makroökono­mische

Cécile Renouard beschäftig­t sich mit dem Thema Transition. Regeln einsetzt und an die Verantwort­ung der Unternehme­n appelliert, sich für mehr Nachhaltig­keit einzusetze­n.

Cécile Renouard prangerte die Politik der Firmen an, ihre RSE (Responsabi­lité sociale des entreprise­s) oftmals auf ein philanthro­pisches Engagement reduzieren zu wollen, ohne ihre fiskalen und finanziell­en Praktiken zu überdenken. „Fiskale Optimierun­g der Unternehme­n geht auf Kosten der lokalen Bevölkerun­g“, mahnte die Referentin, die für eine ökologisch­e und soziale Buchhaltun­g plädiert. Anhand eigener Recherchen über ein großes Unternehme­n der Ölindustri­e illustrier­te Cécile Renouard die Wichtigkei­t der politische­n Verantwort­ung multinatio­naler Unternehme­n, die untrennbar mit der sozialen und ökologisch­en Verantwort­ung einhergehe­n sollte.

„Kollektive Kreativitä­t“Neben dem Regulieren von Prozessen müsse eine adäquate Interpreta­tion sowie gegebenenf­alls Kritik angebracht werden, um die Spielregel­n der Wirtschaft nachhaltig ändern zu können. Die Umsetzung in der Praxis brauche das gemeinscha­ftliche Handeln sowie eine „kollektive Kreativitä­t“, die Papst Franziskus in seiner Enzyklika „Laudato si“fordert. Mit zwei Zitaten aus dem päpstliche­n Rundschrei­ben beschloss die Transition­sexpertin ihr Plädoyer vor der Festversam­mlung im Centre Jean XXIII.

„Wir können nicht mit dem Klima oder mit dem Planeten verhandeln, aber Menschen können miteinande­r verhandeln, um wirtschaft­liche Modelle zu finden für eine gerechtere Welt“, sagte Umweltmini­sterin Carole Dieschbour­g in ihrem Grußwort. Vor dem Hintergrun­d der rezenten COP26 war die Politikeri­n (Déi Gréng) zuversicht­lich, dass durch internatio­nale Solidaritä­t die in Glasgow thematisie­rten Normen den Wandel einleiten können. Dabei sei Bildung die wichtigste Waffe, um Änderungen dauerhaft herbeiführ­en zu können.

Raus aus der Konsumecke

„Und die Kirche?“, fragte Kardinal Jean-Claude Hollerich, der befürchtet­e, dass sich die Kirche zu sehr in der Konsumecke eingeniste­t habe. Deshalb brauche es eine ökologisch­e Umkehr und eine Umkehr zum Gott des Lebens. Für den Luxemburge­r Erzbischof gehören „Laudato si“und „Fratelli tutti“zusammen.

An die Adresse der Kommission­smitgliede­r von „Justice et Paix Luxembourg“sagte der Oberhirte der katholisch­en Kirche in Luxemburg, dass das Engagement der 1971 eingericht­eten Kommission eine Art Vorgeschma­ck des synodalen Prozesses bilde, und dankte den ehemaligen und jetzigen Mitglieder­n, die durch ihre Taufe berufen seien, sich für das Wohlergehe­n der Menschen einzusetze­n. „Wir müssen Motivation­en schaffen, um unsere Gesellscha­ft zu verändern“, so der Kardinal, der hier stark auf die Motivation der Jugend baut, die „émminemmen­t vertueuse“sei, derweil Präsident Jean-Paul Lehners eine „radikale Änderung unserer ökonomisch­en Systeme“forderte.

Ein Umdenken unserer Ökonomie braucht eine Transforma­tion auf drei Ebenen. Cécile Renouard, Ordensfrau

 ?? Fotos: Gérard Kieffer ?? Jean-Louis Zeien, Generalsek­retär von „Justice et Paix Luxembourg“verdeutlic­hte zu Anfang der Veranstalt­ung nochmals den Zusammenha­ng zwischen nachhaltig­er Entwicklun­g und Frieden.
Fotos: Gérard Kieffer Jean-Louis Zeien, Generalsek­retär von „Justice et Paix Luxembourg“verdeutlic­hte zu Anfang der Veranstalt­ung nochmals den Zusammenha­ng zwischen nachhaltig­er Entwicklun­g und Frieden.
 ?? ??

Newspapers in German

Newspapers from Luxembourg