Gefährlicher Arbeitsalltag
Die Müllsammler fordern von den anderen Verkehrsteilnehmern mehr Interesse für ihre Sicherheit
Bettemburg. Die zunehmend winterlichen Straßenverhältnisse fordern die ganze Aufmerksamkeit der Autofahrer. Dabei gilt es diejenigen nicht zu übersehen, deren Arbeitsplatz mitten im Verkehr liegt: die Müllsammler. „Während des Lockdowns waren wir Helden, deren Arbeit dazu beitrug, den im ganzen Land anfallenden Müll zu entsorgen“, erinnert sich Frédéric Hanisch, Betriebsleiter beim Abfallwirtschaftsunternehmen PreZero Lamesch. „Heute sind wir wieder einfache Müllmänner – Verkehrshindernisse, die es schnell zu überwinden gilt.“
„Dabei sind unsere Mitarbeiter in erster Linie Menschen“, fügt Isabelle Hernalsteen, die Leiterin der Personalabteilung, bei. „Das Verhalten mancher Autofahrer nach einem Unfall ist nicht mehr zu akzeptieren“, beklagt sie sich. „Wie geht es Ihnen? Haben Sie Schmerzen?“– solche Fragen würden nur sehr selten gestellt. Stattdessen würden die Müllsammler nach einem Unfall Sätze hören wie: „Ich muss meine Frau schnell beim Friseur abholen.“
Zahlreiche Risiken und Gefahren
„Die Sicherheit ist die Aufgabe von uns allen“, wiederholt die Leiterin der Personalverwaltung. Die Müllsammler des Unternehmens fordern, dass die anderen Verkehrsteilnehmer sich mehr für ihre Sicherheit interessieren. „Der Beruf des Müllsammlers ist ein körperlich anspruchsvoller“, meint Frédéric Hanisch. Gefährlich ist er noch dazu.
Die Unternehmen aus der Abfallwirtschaft sind mit zahlreichen Risiken konfrontiert. Ein Beispiel sind Gefahrenstoffe – die eigentlich nicht in den Müll gehören. Auch wenn die Mitarbeiter einen Blick für solche unerlaubten Abfälle entwickelt haben und die Annahme verweigern können, fallen sie nicht immer sofort auf.
Doch auch der Alltag der Müllmänner ist lebensgefährlich. Der Freitag der 13. August 2021 bleibt den Mitarbeitern des Entsorgungsunternehmens in bleibender Erinnerung. An dem Tag kam es an drei verschiedenen Orten zu Unfällen, bei denen Müllsammler zu Schaden kamen.
„Ein Auto ist einem unserer Mitarbeiter über den Fuß gefahren“, erinnert sich Isabelle Hernalsteen. Der Mitarbeiter sei immer noch nicht an seine Arbeitstelle zurückgekehrt. Nach dem schuldigen Autofahrer werde zudem immer noch gesucht. „Fahrerflucht“, so Hernalsteen.
Unfälle fast vorprogrammiert
Es sind nicht nur die Unfälle, die die Beschäftigten des Unternehmens empören. Ihrer Meinung nach ist es vor allem die Tatsache, dass viele Verkehrsteilnehmer die Müllsammler bei der Arbeit als etwas betrachten, das Zeit kostet. Viele Automobilisten kümmern sich weder um die Straßenverkehrsordnung noch um die Sicherheit der Menschen, die auf der Straße arbeiten. „Wir sind nicht die Einzigen, die mit diesen Risiken konfrontiert sind“, fügt der Betriebsleiter
hinzu. „Andere Berufe, bei denen die Mitarbeiter auf mobilen Baustellen arbeiten, sind denselben Gefahren ausgesetzt.“
Ohne die Arbeit dieser Personen würde das Land nicht funktionieren. Die Mülleimer nachts zu leeren, wenn weniger Verkehr auf den Straßen ist, sei keine Lösung, meint Frédéric Hanisch. „Wenn die Tour in die Nacht verlegt würde, würde das viel Lärm verursachen.“Beschwerden von Anwohnern wären vorprogrammiert. Die Nachtleerung sei in den Verträgen auch gar nicht vorgesehen.
„Die Verträge mit den Gemeinden verlangen von uns, dass wir die Mülltonnen ab 7 Uhr leeren“, so Hanisch. Das bedeutet, dass die 60 Müllwagen sich erst nach 6 Uhr auf den Weg machen. „Feierabend ist dann, wenn der letzte Mülleimer leer ist“, fügt er hinzu. Das ist aber nicht die einzige Vorgabe, an die sich das Unternehmen halten muss.
„Während der Stoßzeiten müssen wir die Hauptverkehrsachsen meiden“, erklärt Frédéric Hanisch. Das gleiche gelte für die Straßen in der Nähe von Bildungseinrichtungen, zu den Zeiten, wenn die Eltern ihre Kinder zur Schule bringen oder abholen.
Automatisierung ist keine Lösung
„Wir weisen unsere Mitarbeiter auch an, bei den Einsätzen auf Hauptstraßen nur auf der rechten Seite zu sammeln, um das Risiko zu minimieren, in einen Unfall verwickelt zu werden“, erklärt der Betriebsleiter. Nur in Nebenstraßen können die Mitarbeiter die Mülleimer in einem Durchgang einsammeln. „Wir versuchen, den Verkehr so wenig wie nur möglich zu stören“, bekräftigt der Betriebsleiter.
Auf die Frage, ob denn die Automatisierung der Mülleinsammlung eine Lösung wäre, antwortet der Fachmann: „Wir hatten schon Sideloader im Einsatz, bei denen nur ein Fahrer gebraucht wird.“In den Städten sei eine Tour mit einem automatisierten Müllwagen schwer umzusetzen.
„Die Mülleimer müssen alle an der Bordsteinkante stehen und es dürfen keine Autos davor parken“, erklärt Frédéric Hanisch. Den menschlichen Faktor gelte es ebenfalls zu beachten. Der Roboter würde schließlich eine Arbeitsstelle ersetzen. „Wir haben diese Lösung verworfen.“
Die Müllsammler mitsamt ihren Fahrzeugen werden also auch in Zukunft auf den Straßen im Einsatz sein. Ihnen bleibt nichts anderes übrig, als auf das Verständnis der anderen Verkehrsteilnehmer zu hoffen.