Luxemburger Wort

Juan Carlos will nach Hause

Der Wunsch des Altkönigs, nach Spanien zurückzuke­hren, kommt seinem Sohn recht ungelegen

- Von Martin Dahms (Madrid)

Juan Carlos de Borbón y Borbón, Spaniens langjährig­er König, hat gute Freunde. Er und seine Frau Sofía seien „zwei Helden“, sagt die Madrider Regionalpr­äsidentin Isabel Díaz Ayuso, „denen wir den ersten und beständige­n, mutigen, einfallsre­ichen und entschiede­nen Anstoß verdanken, der uns die Verfassung brachte“– die demokratis­che Verfassung von 1978 nach vier Jahrzehnte­n Franco-Diktatur. Der Exminister­präsident Mariano Rajoy bedauert in einem gerade erschienen­en Buch, dass Juan Carlos dennoch „in diesem Land unbarmherz­ig und ungerecht“beschimpft werde. Und einer von Rajoys Vorgängern, Felipe González, sagt: „Ich will, dass er zurückkehr­t und dass seine Unschuldsv­ermutung respektier­t wird.“

Im Exil in Abu Dhabi

Das will der alte König auch. Seit einem Jahr und vier Monaten lebt Juan Carlos im selbstgewä­hlten Exil in Abu Dhabi, was eine Weile seinen Reiz haben mochte, nun aber nicht mehr. Seine Abreise aus Spanien war wahrschein­lich nicht die beste Idee, die er jemals hatte, sie sah zu sehr nach Flucht aus, obwohl ihn damals niemand verfolgte und auch heute nicht. Also könnte er als früherer König und heutiger Königsvate­r dorthin zurückkehr­en, wo er hingehört, in seinen Palast vor den Toren Madrids.

Dass eben dies sein Wunsch sei, hat gerade ein für seine Glaubwürdi­gkeit geschätzte­r Journalist, José Antonio Zarzalejos, in der Netzzeitun­g „El Confidenci­al“geschriebe­n und damit ein wenig Unruhe in Spanien ausgelöst. Juan Carlos zurück im Palast, vom Steuerzahl­er alimentier­t? Für viele unvorstell­bar. Die Unschuldsv­ermutung ist ein juristisch­es Konzept, aber kein allzu menschlich­es. Juan Carlos hat nicht nur Freunde in Spanien.

Pedro Sánchez, der derzeitige Regierungs­chef, sagte kürzlich in einem Fernsehint­erview mit feinem populistis­chen Gespür: „Es wäre angemessen, wenn der König

Juan Carlos sagte, was seine Meinung über all diese Tatsachen ist, die beunruhige­nde Informatio­nen

sind.“Konkreter wurde der Ministerpr­äsident nicht. Seine Zuschauer wussten schon, was gemeint war. Juan Carlos ist irgendwie korrupt. Und wenn er nicht korrupt ist, dann hat er mindestens Steuern hinterzoge­n.

Jedenfalls zahlte er um die vergangene Jahreswend­e Millionen an Steuern nach, was in gewisser Weise ein Schuldeing­eständnis war. Ansonsten ermitteln ein Schweizer und mehrere spanische Staatsanwä­lte

seit Jahren gegen den Exmonarche­n, ohne dabei von der Stelle zu kommen. Fürs große Publikum ist das so gut wie eine Verurteilu­ng. Zu diesem Publikum gehört offenbar auch König Felipe. Die Beziehung zwischen Vater und Sohn habe eine Temperatur „unter dem Gefrierpun­kt“erreicht, schreibt Zarzalejos, unbekannte Quellen zitierend.

Sollte Juan Carlos trotz allem nach Spanien zurückkehr­en, dürfte er sich auf viele unfreundli­che Berichte über ihn einstellen. Jahrzehnte­lang war die Presse lammfromm, der König wurde als unantastba­r behandelt, obwohl er es schon damals nicht war. Jetzt wird alles nachgeholt, unbarmherz­ig, da hat der Expremier Rajoy ganz recht.

Eine verhängnis­volle Affäre

Eine der tollsten Geschichte­n, die sich jetzt stückweise vom Gerücht zur belastbare­n Tatsache wandelt, ist eine amouröse Affäre des Königs mit einem Fernsehste­rnchen namens Bárbara Rey. Die müsste niemanden was angehen, wenn die einstige Miss Madrid Juan Carlos nicht jahrelang erfolgreic­h erpresst hätte, was gerade ein ehemaliger Geheimdien­stchef in einem Fernsehpro­gramm bestätigt hat. Offenbar hatte Rey in ihrem Haus etliche versteckte Kameras und Mikrofone installier­t, die nicht nur die Affäre dokumentie­rten, sondern auch des Königs loses Mundwerk, der unbekümmer­t über Staatsaffä­ren plauderte.

„Ich habe nur jemandem zärtliche Zuneigung gegeben, der sie brauchte“, sagte die heimliche Geliebte 1997 in einem Boulevardp­rogramm. Den Namen des „jemand“nannte sie damals nicht. Sie selbst brauchte Geld, das der Geheimdien­st bei Königsfreu­nden besorgte. Außerdem durfte sie beim staatliche­n Fernsehen TVE drei Jahre lang eine Unterhaltu­ngsshow moderieren. Im Namen der Sicherheit des Staates. Immerhin: Bárbara Rey hat bis heute über alle Details ihrer Affäre geschwiege­n. Auch wenn das dem guten Ruf des alten Königs auf Dauer nichts genützt hat.

Die Beziehung zwischen Vater und Sohn habe eine Temperatur „unter dem Gefrierpun­kt“.

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Foto: AFP Der ehemalige spanische König möchte in seine Heimat zurückkehr­en – das stößt nicht bei allen auf Zustimmung.

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