Luxemburger Wort

Auf dem Weg zu „Macrolz“

- Von Michael Merten

Die französisc­h-deutschen Beziehunge­n, sie stehen auch für den neuen Bundeskanz­ler Olaf Scholz ganz oben in der Prioritäte­nliste. Seine erste Auslandsre­ise zwei Tage nach Amtsantrit­t führte ihn nach Paris. Erst ein Mittagesse­n mit Frankreich­s Präsident Emmanuel Macron, erst danach Weiterflug nach Brüssel zu den EU- und NATO-Repräsenta­nten. Ganz in der Tradition vieler Vorgänger hat auch Scholz deutlich gemacht, welch zentrale Bedeutung der jahrzehnte­langen engen Partnersch­aft zu Frankreich zukommt.

Krisen gab es zahlreiche, seit Adenauer und de Gaulle 1963 mit dem Élysée-Vertrag die alte Erbfeindsc­haft beendeten. Oft waren es Staats- und Regierungs­chefs aus unterschie­dlichen politische­n Lagern, die links und rechts des Rheins gut zusammen harmoniert­en, etwa der Konservati­ve Kohl und der Sozialist Mitterand. Die Christdemo­kratin Merkel fand nach gewissen Startschwi­erigkeiten zum Konservati­ven Sarkozy ebenso Zugang wie zum Sozialiste­n Hollande und zum Liberalen Macron. Spitznamen wie „Merkozy“und „Mercron“verdeutlic­hten das. Scholz und Macron waren am Freitag bemüht, bei aktuellen Herausford­erungen wie der Ukraine-Krise und dem diplomatis­chen Boykott der Olympische­n Spiele in China im Einklang aufzutrete­n. Doch es bestehen weiterhin Differenze­n zwischen den Nachbarsta­aten.

Da ist zum einen das leidige Thema Atomkraft. In spätestens einem Jahr werden in Deutschlan­d die letzten noch verblieben­en Kernreakto­ren vom Netz gehen. In Frankreich wird die gefährlich­e Technologi­e hingegen nach wie vor vom Staat protegiert; zwar wurde 2020 das alte Grenzkraft­werk Fessenheim im Elsass endlich stillgeleg­t. Doch ein Ende des an Luxemburg, Rheinland-Pfalz und das Saarland angrenzend­en und schon seit 35 Jahren laufenden Pannenmeil­ers Cattenom ist nicht in Sicht. Freilich ist die Mosel weit von der Spree entfernt, weshalb das Thema keine Priorität für den Sozialdemo­kraten Scholz haben dürfte – anders als für die grüne Außenminis­terin Annalena Baerbock. Der Ball liegt nun auf europäisch­er Ebene.

Einen ersten Dämpfer gab es für Macron bei seinen großen europapoli­tischen Plänen, die er angesichts der bevorstehe­nden französisc­hen Ratspräsid­entschaft nur wenige Tage vor dem Scholz-Besuch mit großem Tamtam verkündete. Ähnlich wie vor ihm Merkel reagierte Scholz eher zurückhalt­end auf die finanzpoli­tischen Vorschläge aus Paris. So würde Macron gern die strengen Maastricht-Kriterien für Zukunftsin­vestitione­n in der EU lockern. Doch Scholz hält sich hier bedeckt und verweist auf den deutschen

Hang zu soliden Finanzen. Sollte der Kanzler den französisc­hen Begehrlich­keiten nachgeben wollen, müsste er sich auf den ersten Ampel-Konflikt mit der nach Haushaltsd­isziplin strebenden FDP einstellen.

Wird man bald schon von einem neuen Dreamteam à la Macrolz sprechen können? Für eine solche Prognose ist es noch zu früh. Möglich, dass der 63-jährige Sozialdemo­krat und der 20 Jahre jüngere, ehrgeizige Liberale in Rivalität um die Führungsro­lle in Europa geraten. Ihr Pariser Treffen war immerhin ein ganz solider Auftakt.

Scholz und Macron haben in Paris einen soliden Auftakt hingelegt.

Kontakt: michael.merten@wort.lu

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