Magie des Minimalismus
„Fantasy Island“, das neue und unverwechselbare Album von Clinic
Würden im Pop nur Bands überleben, die unverwechselbar sind, wäre vieles einfacher: Legionen von „Klingen-So-Wie“-Kapellen könnten den Blick auf das Wesentliche nicht stören. Clinic aus Liverpool, gegründet im Jahr 1997, wären hingegen immer noch da, mit ihrem soghaften Alptraum-Rumpel-Indie-Blues, zu dem man, unglaublich, auch noch tanzen kann; in Musik gegossene Großstadtparanoia. aber auch unheimlichen Sound: „Wir fangen eigentlich immer mit einem Rhythmus oder einem Beat an und fügen dann nach und nach die anderen Elemente hinzu“, so haben sie einmal ihr Vorgehen beim Songschreiben beschrieben.
Von Anfang an haben die Bandmitglieder darauf verzichtet, ihre Gesichter zu zeigen. Stets tragen sie OP-Masken, denn alle in der Band sind gleich wichtig. Es ist nicht der Sänger, der im Vordergrund stehen soll.
Dissonanzen und Störgeräusche
Auch auf dem neuen Album ist gelegentlich wieder ein Instrument zu hören, das zu einem Erkennungszeichen der Band geworden ist. Die Melodica ist aber nur ein Teil des funkelnden Sounds, der sich in dicken Schichten um die Songs legt. Dissonanzen und Störgeräusche sind auch auf dem neunten Studioalbum Teil des Ganzen – doch diesmal gibt es überraschende neue Referenzen: Bands aus den 1980ern, Human League, Fun Boy Three oder auch Kid Creole and the Coconuts geben Clinic als aktuelle Einflüsse preis. Krautrock, Dub, Exotica, Blues, Industrial, New Wave und Postpunk, dazu eine Prise Velvet Underground wie bei „Dreams Can Come True“: Daraus formt die Band eine neue, bisher ungehörte Musik.
Dass es ihnen auch noch gelingt, die Soulnummer „I Can’t Stand The Rain“aus dem Jahr 1973 in ein obskures, bowieeskes Düster-Pop-Stück zu verwandeln, zeigt noch einmal, wie freigeistig diese Band zur Sache geht.
Das Album neigt sich mit dem flirrenden „Hocus Pocus“zu Ende, bis dann noch das „Grand Finale“wartet. Einfach unverwechselbar.