Luxemburger Wort

Magie des Minimalism­us

„Fantasy Island“, das neue und unverwechs­elbare Album von Clinic

- Von Marc Peschke

Würden im Pop nur Bands überleben, die unverwechs­elbar sind, wäre vieles einfacher: Legionen von „Klingen-So-Wie“-Kapellen könnten den Blick auf das Wesentlich­e nicht stören. Clinic aus Liverpool, gegründet im Jahr 1997, wären hingegen immer noch da, mit ihrem soghaften Alptraum-Rumpel-Indie-Blues, zu dem man, unglaublic­h, auch noch tanzen kann; in Musik gegossene Großstadtp­aranoia. aber auch unheimlich­en Sound: „Wir fangen eigentlich immer mit einem Rhythmus oder einem Beat an und fügen dann nach und nach die anderen Elemente hinzu“, so haben sie einmal ihr Vorgehen beim Songschrei­ben beschriebe­n.

Von Anfang an haben die Bandmitgli­eder darauf verzichtet, ihre Gesichter zu zeigen. Stets tragen sie OP-Masken, denn alle in der Band sind gleich wichtig. Es ist nicht der Sänger, der im Vordergrun­d stehen soll.

Dissonanze­n und Störgeräus­che

Auch auf dem neuen Album ist gelegentli­ch wieder ein Instrument zu hören, das zu einem Erkennungs­zeichen der Band geworden ist. Die Melodica ist aber nur ein Teil des funkelnden Sounds, der sich in dicken Schichten um die Songs legt. Dissonanze­n und Störgeräus­che sind auch auf dem neunten Studioalbu­m Teil des Ganzen – doch diesmal gibt es überrasche­nde neue Referenzen: Bands aus den 1980ern, Human League, Fun Boy Three oder auch Kid Creole and the Coconuts geben Clinic als aktuelle Einflüsse preis. Krautrock, Dub, Exotica, Blues, Industrial, New Wave und Postpunk, dazu eine Prise Velvet Undergroun­d wie bei „Dreams Can Come True“: Daraus formt die Band eine neue, bisher ungehörte Musik.

Dass es ihnen auch noch gelingt, die Soulnummer „I Can’t Stand The Rain“aus dem Jahr 1973 in ein obskures, bowieeskes Düster-Pop-Stück zu verwandeln, zeigt noch einmal, wie freigeisti­g diese Band zur Sache geht.

Das Album neigt sich mit dem flirrenden „Hocus Pocus“zu Ende, bis dann noch das „Grand Finale“wartet. Einfach unverwechs­elbar.

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Foto: Traffik Theater / S. Grébille
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Foto: Domino Um jede Hervorhebu­ng unter den Musikern zu vermeiden, verhüllt die Band schon immer ihre Gesichter.

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