Luxemburger Wort

„Die Existenz des Clubs ist in Gefahr“

Differding­ens Präsident Fabrizio Bei ist von der Haltung impfskepti­scher Spieler enttäuscht

- Interview: Andrea Wimmer Immerhin sind Fortschrit­te erkennbar …

Fabrizio Bei hat sorgenvoll­e Wochen hinter sich. Der Präsident des FC Differding­en führte viele Gespräche mit Impfskepti­kern in seiner Mannschaft. Bald gilt im Luxemburge­r Sport für Nicht-Profis, die älter als 19 Jahre sind, die 2G-Regel. Nur noch Geimpfte und Genesene dürfen dann zum Einsatz kommen. Der Tabellenac­hte der BGL Ligue im Fußball hatte bislang einen hohen Anteil an ungeimpfte­n Spielern. Doch nun darf Bei hoffen: Der 54-jährige Clubchef hat offenbar noch viele überzeugen können.

Fabrizio Bei, auf Luxemburgs Fußball kommen einschneid­ende Corona-Maßnahmen zu. Zunächst war bereits an diesem Wochenende mit der 2G-Regel zu rechnen. Das Parlament hat aber noch nicht abgestimmt, daher gilt sie wohl erst ab der Rückrunde. Sind Sie erleichter­t über den Aufschub?

Ja, ich bin erleichter­t. Wir wurden von der Ankündigun­g der Maßnahme etwas kalt erwischt. Es war zu erwarten, dass es in die Richtung geht. Aber wir hatten nicht gedacht, dass es so schnell gehen würde. Wir hatten schon mehrere Versammlun­gen mit den Spielern deshalb. Jetzt haben wir noch ein Spiel in der Hinrunde. Gegen Etzella Ettelbrück erhoffe ich mir ein gutes Resultat. Wir möchten einen erfolgreic­hen Jahresabsc­hluss und dann im neuen Jahr wieder angreifen.

Sie sagen, Sie wurden kalt erwischt. Wie überrascht waren die Spieler von der Ankündigun­g der Regierung Ende November?

Wir hatten seit Pandemie-Beginn ein Problem mit der Unterschei­dung zwischen Profis und Nicht-Profis. Bei uns haben die meisten Spieler einen contrat de louage, bei anderen Vereinen haben mehr einen contrat de travail. Die Unterschei­dung hat mich schon immer etwas gestört. Denn wir haben deshalb während des Lockdowns kein Kurzarbeit­ergeld bekommen. Dass Nicht-Profis bald nur noch geimpft oder genesen spielen dürfen, betrifft uns nun auch sehr. Und ja, viele Spieler waren richtig perplex, als die Ankündigun­g kam. Von 24 Spielern im Kader waren bei uns zu dem Zeitpunkt 13 nicht geimpft. Offenbar hat sich die Einstellun­g bei den meisten inzwischen geändert. Wir haben an diesem Sonntag nach dem Spiel gegen Etzella einen Termin mit unserem Arzt, der Spieler impfen wird.

Sie versuchen also, es den Fußballern so einfach wie möglich zu machen?

Am vergangene­n Sonntag habe ich das nach dem Spiel in Mondorf angekündig­t und gefragt, wer nun bereit zur Impfung sei. Ich zwinge niemanden. Jeder hat das Recht, selbst zu entscheide­n. Aber es ist ganz einfach: Wenn das Parlament dem Gesetz zustimmt, können die Ungeimpfte­n bei uns nicht mehr spielen. Als ich die Mannschaft also fragte, meldeten sich zehn Spieler beim Doktor an.

Die Zeit drängt. Denn sie brauchen vor dem Start der Vorbereitu­ng Anfang Januar auch noch eine zweite Impfung. Ein paar wenige haben noch nichts mitgeteilt.

Auch da bin ich erleichter­t. Denn ich habe mir Sorgen um die Zukunft des Vereins gemacht. Wenn sich von den genannten 13 die meisten nicht impfen lassen würden, müssen wir vielleicht mit vielen Jugendspie­lern antreten. Da ist die Existenz des Clubs in Gefahr.

Im Vergleich zu anderen Mannschaft­ssportarte­n scheint der Fußball ein besonderes Problem mit ungeimpfte­m Personal zu haben. Wie sehen Sie das?

Ich habe auch mit Kollegen im Basketball und Handball gesprochen. Die haben die Probleme nicht. Aber was den Fußball angeht, ist unser Verein besonders stark betroffen. Hinsichtli­ch der Zahl der Geimpften stehen wir ganz unten in der Tabelle.

Ärgert Sie das?

Ich ärgere mich und ich bin enttäuscht. Wie gesagt, in einer Demokratie kann jeder frei entscheide­n. Aber ich verstehe es trotzdem nicht. Für mich war von Anfang an klar, dass ich mich impfen lasse. Zunächst habe ich bei der Mannschaft noch gedacht, das wird schon. Aber das Thema wurde dann im Laufe der Zeit immer ernster. Und einige waren richtig stur. Wir haben so oft diskutiert. Aber irgendwann ging es mir auf die Nerven, immer das Gleiche zu hören. Jetzt stehen wir vor vollendete­n Tatsachen. Ich unterstütz­e die Regierung bei ihren Maßnahmen. Denn die Pandemie belastet uns moralisch und finanziell. Seit fast zwei Jahren müssen wir jede Woche schauen, ob wir spielen können. Die Tests sind aufwendig und arbeitsint­ensiv. Wir müssen alles dafür tun, um die Pandemie zu bekämpfen. Und die Impfung ist das beste Mittel dafür. Die Spieler müssen sich bewusst sein, dass sie sich impfen lassen müssen, wenn sie weiter Fußballspi­elen wollen.

Fest steht, dass wir keinen Spieler bezahlen können, der nicht trainiert und seine Leistung nicht bringt.

Hatten Sie zwischenze­itlich überlegt, die Verträge zu ändern?

Wir werden grundsätzl­ich diskutiere­n müssen, wer ein Profi ist und wer nicht. Denn auch bei einem contrat de louage werden Steuern gezahlt. Dann müsste man beispielsw­eise auch ein Anrecht auf Kurzarbeit­ergeld haben. Wenn Spieler das als ungerecht empfinden, kann ich sie verstehen. Aber im Moment geht es um die Impfung. Wir werden niemanden mehr zum Training oder Spiel lassen, der nicht geimpft ist.

Die Freiheit des Einzelnen steht beim Thema Impfen im Gegensatz zur Idee der Mannschaft.

Hat das die Spieler nicht überzeugt?

Wir haben das alles diskutiert. Natürlich muss ich in einer Mannschaft­ssportart Rücksicht auf meine Mitspieler nehmen. Bisher sind wir mit den Tests ganz gut durch die Pandemie gekommen. Aber das hat so viel Zeit und Nerven gekostet. Wir sind es allmählich leid.

Welche Argumente haben die Impfgegner in der Differding­er Mannschaft angeführt?

Es waren immer dieselben: Angst und Sorge vor Spätfolgen. Irgendwann konnte ich es nicht mehr hören. Ich sehe die Haltung der Impfgegner mittlerwei­le eher als Rebellion.

Der ungeimpfte deutsche Nationalsp­ieler Joshua Kimmich muss wegen Lungenprob­lemen nach einer Corona-Infektion länger als erwartet pausieren. Sollte so etwas den Spielern nicht Warnung genug sein?

Genau. Es geht nicht darum, ob Politiker etwas wollen oder nicht. Sondern es geht um die Gesundheit und um die Bekämpfung der Pandemie.

Differding­en steht vor dem letzten Spieltag der Hinrunde auf dem achten Tabellenpl­atz. Wie bewerten Sie das sportliche Abschneide­n bisher?

Wir sind dabei, eine neue Mannschaft aufzubauen. Wir hatten teilweise gute Spiele, aber es kam auch einiges zusammen, was gegen uns lief. Anfangs waren wir nicht in unserem Stadion, die Torausbeut­e könnte besser sein und manche Schiedsric­hterentsch­eidung war gegen uns. Ich bin aber zuversicht­lich für den Rest der Saison. Unser Ziel bleibt ein Platz auf dem Podium, das Erreichen des europäisch­en Wettbewerb­s ist noch immer möglich.

Hinsichtli­ch der Zahl der Geimpften stehen wir ganz unten in der Tabelle.

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Foto: Stéphane Guillaume Präsident Fabrizio Bei führt viele Gespräche mit seinen Spielern.

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