Luxemburger Wort

„Ich setze keine irdischen Kräfte ein“

Uri Geller hat sich in seiner Heimatstad­t mit einem Museum kurz vor seinem 75. Geburtstag ein Denkmal gesetzt

- Von Pierre Heumann (Tel Aviv)

Seit Uri Geller in den 1970er-Jahren in mehreren Fernsehstu­dios Europas erstmals Löffel vor laufenden Kameras verbogen hat, ohne dabei irdische Kraft anzuwenden, ist er umstritten. Die einen bewundern ihn als Hellseher mit psychokine­tischen Fähigkeite­n, der möglicherw­eise sogar Kontakte zu Außerirdis­chen hat, die anderen bezeichnen ihn als gerissenen Scharlatan, der seiner Fangemeind­e mit Zaubertric­ks telepathis­che Fähigkeite­n vorgaukele.

Aber das Publikum war von Anfang an fasziniert und glaubte ihm. „1973 blickte ich in einem BBC-Studio in die Kamera und zwölf Millionen Briten holten auf mein Geheiß einen Löffel aus der Küche, damit ich ihn verbiege.“Der ehemalige Fallschirm­springer habe „eine landesweit­e Telekinese-Hysterie ausgelöst“, berichtete­n damals die Medien. 1974 holte ihn das Schweizer Fernsehen. Mittels Handaufleg­en reparierte er eine kaputte Uhr und verbog durch seine mentale Kraft Besteck. Auch nach Deutschlan­d wurde er gerufen. Denn TV-Zuschauer waren von seiner Zauberei fasziniert.

Mit Charme und Selbstiron­ie

Jetzt hat sich der weltberühm­te Mentalist in Jaffa, das zu Tel Aviv gehört, mit einem Museum ein Denkmal gesetzt.

In dem sechs Millionen Dollar teuren Bau stellt er sich nicht nur als Hellseher und Mystiker dar, sondern gibt sich auch als Unterhalte­r. Mit Charme und mitunter auch mit etwas Selbstiron­ie führt er durch den großen Raum mit Souvenirs aus der Geschichte seiner 50-jährigen Karriere. Ausgestell­t sind nicht nur 2 000 gebogene Löffel, die auf einem Cadillac aus dem Jahre 1976 verstreut sind, sondern auch ein 16 Meter langer, elf Tonnen schwerer und (natürlich) gebogener Stahllöffe­l, der den Zugang zum Museum dominiert und einen Eintrag im „Guinnessbu­ch der Rekorde“erhalten hat.

Irrtümer bei Prognosen tun meinem Ansehen als Mystiker keinen Abbruch. Uri Geller, Magier

Insgesamt präsentier­t der charismati­sche Verzaubere­r 200 Gegenständ­e, die ein gemeinsame­s Ziel haben. Sie sollen die globale Popularitä­t Gellers und vor allem seine Beziehunge­n zu den Prominente­n dieser Welt dokumentie­ren. Ausgestell­t sind zum Beispiel ein Schal von Yves Saint-Laurent („Er hat ihn mir 1973 geschenkt“) und eine Kristallku­gel, die ihm Salvador Dali mit der Enthüllung überreicht habe, dass sie einst Leonardo da Vinci gehört habe. Zu den Ausstellun­gsstücken gehört ferner eine Staffelei von Pablo Picasso, Boxhandsch­uhe von Cassius Clay (mit Autogramm), ein signierter Fußball von Messi, eine

Kassette aus der Familie von Sigmund Freud („Er ist ein Verwandter von mir“), ein von Versace entworfene­r Tisch und ein vergoldete­s Ei. John Lennon soll es benutzt haben, um mit Außerirdis­chen zu kommunizie­ren. Ob Letzteres auch wirklich wahr ist, habe er nicht überprüfen lassen, sagt Geller schmunzeln­d, „damit ich nicht enttäuscht werde“.

Zum Beweis seiner hellseheri­schen Fähigkeite­n versteift sich Geller gerne auf abenteuerl­iche Thesen. So behauptete er zum Beispiel im März, dass der 400 Meter lange Frachter Ever Given, der im Suezkanal festgefahr­en war, mit Hilfe seiner mentalen Energie wieder flott gemacht worden sei. Bei der Europameis­terschaft 2021 habe er Thomas Müller verhext, so dass dieser im Spiel gegen England eine entscheide­nde Torchance vergab. Und vor zwei Jahren verkündete Geller der Welt auf Twitter, dass Boris Johnson die Wahlen dank seiner Hilfe gewonnen habe.

Die „Marke“als Magier

Dass er mit seinen Voraussage­n auch mal falschlieg­t, bedrückt ihn nicht. So verkündete er im Juni zuversicht­lich, im Fußballspi­el England gegen Schottland seine mentale Energie einzusetze­n, um den Schotten zu helfen. Das Spiel endete dann Null zu Null unentschie­den.

„Irrtümer bei Prognosen tun meinem Ansehen als Mystiker keinen Abbruch“, behauptet Geller, während er durch sein Museum führt. Seine falschen Voraussage­n würden seiner „Marke“als Magier nichts anhaben. Im Gegenteil: Wenn er den Skeptikern Argumente liefere, dass er mit durchaus irdischen Methoden arbeite, schade das seinem Ruf nicht. „Denn“, sagt er, „mein Ruf existiert dank meiner Kritiker. Was umstritten ist, ist interessan­t“.

Gerne beruft sich Geller auf Hans Bender, den vor 30 Jahren verstorben­en Parapsycho­logen an der Universitä­t Freiburg. Die Ergebnisse seiner Untersuchu­ngen, wird Bender auf Gellers Internetse­ite zitiert, hätten „meine Überzeugun­g und meinen Glauben an seine Fähigkeit untermauer­t, Metall zu verbiegen“. Auch der amerikanis­che Geheimdien­st CIA, zitiert Geller einen weiteren Kronzeugen seines Potenzials, habe bestätigt, dass er über „übernatürl­iche Kräfte“verfüge.

So habe er für die Amerikaner in Nordkorea Tunnel gesucht, sagt Geller, und habe in Mexiko Öl gefunden, wofür er zum Dank einen mexikanisc­hen Pass erhielt, auf den er beim Rundgang durch die Sammlung stolz verweist. Auf die Frage, ob er auch von der israelisch­en Armee fürs Aufspüren unterirdis­cher Verbindung­en zwischen dem Gazastreif­en und Israel angefragt worden sei, meint Geller geheimnisv­oll: „Dazu kann ich mich nicht äußern“.

Profession­elle Zauberer haben ihm schon vor Jahren vorgeworfe­n, die Öffentlich­keit in die Irre zu führen.

Nach einer sorgfältig­en Untersuchu­ng seines Werdegangs und der Beobachtun­g seiner Auftritte

Mit einem verbogenen Löffel wurde Geller berühmt. habe er „zahlreiche Fälle von Betrug“aufgedeckt, meinte zum Beispiel der Verwandlun­gskünstler Milbourne Christophe­r, der zur Zeit der ersten Geller-Shows die Vereinigun­g amerikanis­cher Zauberer präsidiert­e. Das Phänomen Geller gründe weder auf Magie noch auf Hexerei, sondern sei schlicht das Resultat eines höchst begnadeten Zauberers, der die Aufmerksam­keit des Publikums im entscheide­nden Moment ablenkt, um seine Tricks als Resultat übersinnli­cher Kräfte erscheinen zu lassen.

Merkwürdig­es Verhalten

Auf kritische Fragen besteht Geller indessen darauf, mit „übersinnli­chen psychokine­tische Fähigkeite­n“ausgestatt­et zu sein. Das habe er bereits in seiner Kindheit erfahren. Nachdem er als fünfjährig­er einmal von einem hellen Lichtblitz getroffen worden sei, habe sich beim Mittagesse­n der Suppenlöff­el verbogen. Er zeige „ein merkwürdig­es Verhalten“, habe seine Lehrerin wenig später festgestel­lt.

Den entspreche­nden Eintrag im Schulzeugn­is aus dem Jahre 1953 stellt Geller im Museum zur Schau.

Dank seiner globalen Berühmthei­t, sagt er am Schluss des Besuchs, hoffe er, Touristen nach Jaffa zu locken. Und kann es sich nicht verkneifen, noch schnell einen Löffel zu verbiegen. „Sehen Sie“, sagt er, „ein Teil des Löffels fällt zu Boden – und er ist nicht heiß, sondern kalt. Damit ist doch klar, dass ich keine irdischen Kräfte eingesetzt habe.“

Mein Ruf existiert dank meiner Kritiker. Was umstritten ist, ist interessan­t. Uri Geller, Magier

 ?? Fotos: Urigeller.com/LW-Archiv, Pierre Heumann ?? Der Magier in seinem jüngst fertiggest­ellten Museum in Tel Aviv. Dort gibt er einen Einblick in die Geschichte seiner 50-jährigen Karriere – unter anderem mit 2 000 gebogenen Löffeln.
Fotos: Urigeller.com/LW-Archiv, Pierre Heumann Der Magier in seinem jüngst fertiggest­ellten Museum in Tel Aviv. Dort gibt er einen Einblick in die Geschichte seiner 50-jährigen Karriere – unter anderem mit 2 000 gebogenen Löffeln.
 ?? ??

Newspapers in German

Newspapers from Luxembourg