Luxemburger Wort

Einweihung per Sonderzug

Vier zusätzlich­e Gleise und die neue Fußgängerb­rücke sollen den Bahnhof Luxemburg leistungsf­ähiger machen

- Von Jean-Philippe Schmit

Luxemburg/Bettembour­g. „Der Hauptbahnh­of in Luxemburg ist der Ort, an dem alles zusammenlä­uft“, sagte der Mobilitäts­minister François Bausch gestern bei der offizielle­n Einweihung von zwei neuen Bahnsteige­n. Früher sei der Bahnhof eine Art „Industriea­nlage inmitten der Stadt“gewesen, in Zukunft sei er ein „wichtiger Mobilitäts­faktor“.

Über 300 Millionen Euro hat das Ministeriu­m im Jahr 2021 in die Schiene investiert. Die CFL spricht von einem „historisch­en Investitio­nsprogramm“. „In den vergangene­n 15 Jahren haben wir ein enormes Wachstum bei den Passagierz­ahlen erlebt“, sagte Marc Wengler, Generaldir­ektor der CFL. Zwischen 2005 und 2019 habe sich das Fahrgastau­fkommen um 85 Prozent erhöht. Nun gilt es dafür zu sorgen, dass die Bahnanlage­n dem Ansturm auch standhalte­n können.

Anlagen wurden eingeweiht

Gestern wurden gleich mehrere Anlagen für den Betrieb freigegebe­n: Zwei neue Bahnsteige, vier neue Gleise und zwei neue Fußgängerü­bergänge, einer in Luxemburg und in einer Bettemburg. Mit einem Sonderzug wurde die neue Infrastruk­tur am Sonntag eingeweiht. Seither funktionie­rt der neue „Nordkopf“des Bahnhofs nach Plan. Die Fahrgäste, die aus Norden und Osten in die Hauptstadt kommen, werden nun deutlich komfortabl­er reisen.

Das Ziel der Umbaumaßna­hmen ist es, dass jede der acht Zuglinien, die zum Hauptbahnh­of Luxemburg führen, über ihre eigenen Gleise verfügt. Dann führt die Verspätung des einen Zuges auch nicht mehr zu der Verspätung eines anderen Zuges. „Wir können nun auch mehr und längere Züge einsetzen – dies bei einer besseren Pünktlichk­eit“, freute sich Marc Wengler.

Im Jahr 2020 wurden in Luxemburg 567 Euro pro Einwohner in die Schiene investiert. Damit ist das Großherzog­tum laut Allianz pro Schiene europäisch­er Spitzenrei­ter und verweist die bahnfreund­liche Schweiz mit 440 Euro pro Einwohner auf den zweiten Platz. Rekordverd­ächtig war folglich auch die Zahl der Tage, an denen die Zugstrecke­n zwecks Bauarbeite­n gesperrt werden mussten. „311 Baustellen­tage hat es im Jahr 2021 gegeben“, sagte Marc Wengler. Die CFL versuchte die Arbeiten während Zeiten zu tätigen, zu denen wenig Verkehr herrschte. „Nachts und an Wochenende­n wurde viel gearbeitet“, betonte Marc Wengler. Denn neben dem Ausbau galt es den normalen Verkehr aufrecht zu erhalten. „Es war keine einfache Baustelle“, meinte auch der Minister. Der Hauptbahnh­of in Luxemburg ist der am meisten genutzte Bahnhof des Landes.

Am offenen Herzen

Der Minister verglich die Umbauund Ausbaumaßn­ahmen mit einer Operation am offenen Herzen. „Es war sehr komplizier­t“, bekräftigt­e François Bausch. Die Operation ist jedoch geglückt. 171 Millionen Euro durfte der luxemburgi­sche Mobilitäts­minister für das gesamte Projekt ausgeben. „Meine ausländisc­hen Kollegen beneiden mich“, meinte François Bausch.

Danach bestieg er, zusammen mit Marc Wengler und einer Reihe Abgeordnet­er und Journalist­en den Sonderzug in Richtung Luxemburg-Hauptbahnh­of. Es sollte der erste Zug werden, der am neuen Bahnsteig einlaufen wird. Die Premiere war geglückt, pünktlich um 11 Uhr lief der Zug mit den wichtigen Gästen schlussend­lich ein. Dabei war dies nur ein Zug, von über 1 000, die im Durchschni­tt jeden Tag den Hauptbahnh­of Luxemburg ansteuern.

Die Fahrgäste, die aus Richtung Norden (Bahnsteig 4) oder Osten (Bahnsteig 5) kommen, müssen sich nun an die neue Infrastruk­tur gewöhnen. „Das Reisen wird komfortabl­er werden“, versprach Marc Wengler. Die zwei Bahnsteige sind indes nur die Spitze des Eisberges. Das größere Projekt – die Reorganisa­tion der Gleise – versteckt sich dahinter.

„Zehn Kilometer Gleise wurden ersetzt oder neu gebaut, 7 900 Bahnschwel­len gelegt und 22 neue Weichen installier­t“, erklärt der Eisenbahne­r. Zu den neuen Gleisen versprach der Generaldir­ektor der CFL auch neues rollendes Material: „Wir erwarten die neuen Züge zum Jahr 2023.“Diese sollen dann über knapp die Hälfte mehr Menschen transporti­eren können.

Bequem über die Passerelle

Die Reise der meisten Fahrgäste endet nur selten am Hauptbahnh­of. Dieser ist nur ein Knotenpunk­t im Netz der öffentlich­en Verkehrsmi­ttel. Das Umsteigen auf Tram und Bus wird in Zukunft – dank der gestern ebenfalls eingeweiht­en Passerelle – auch einfacher werden. Seit Sonntag ist auch diese für die Reisenden geöffnet.

Das Gleiche gilt für das Gegenstück im Eisenbahnk­notenpunkt Bettemburg. „Während 30 Jahren gab es Forderunge­n, den Bahnhof zugänglich­er zu gestalten“, erinnerte sich Josée Lorsché (Déi Gréng), Mobilitäts­schöffin der Gemeinde Bettemburg. Nun sei dieses Problem gelöst. „Endlich können die Fahrgäste die Schienen sicher überqueren“, meinte sie.

Komplett abgeschlos­sen sind die Umbaumaßna­hmen jedoch noch nicht – vor allem in Bettemburg. Dort war die neue Passerelle nur der Auftakt einer ganzen Reihe weiterer Projekte. Am Bahnhof Luxemburg deutet sich aber schon jetzt ein Ende des Ausbaus an.

Im kommenden Jahr beginnt der Bau des „Südkopfs“. Danach wird jede Bahnlinie beim Halt am Hauptbahnh­of Luxemburg über ihre eigenen Gleise verfügen – eine Voraussetz­ung für die Passagierr­ekorde der Zukunft.

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Fotos: Laurent Blum Der Sonderzug, der die neuen Bahnanlage­n einweiht, wartet vor der neuen Passerelle in Bettembour­g.
 ?? ?? Die Fahrgäste aus Richtung Norden und Osten gelangen über den gestern ebenfalls eingeweiht­en Fußgängerü­berweg zu dem neuen Bahnsteig.
Die Fahrgäste aus Richtung Norden und Osten gelangen über den gestern ebenfalls eingeweiht­en Fußgängerü­berweg zu dem neuen Bahnsteig.

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