Mit der besonderen Note
Die in Luxemburg einzigartige „Biergarbechtermusek“feiert ihren 100. Geburtstag
Esch/Alzette. Der Impuls der italienischen Einwanderer „op der Grenz“, die Arbeiterunterstützungsvereine und nicht zuletzt die italienischen Musikgesellschaften La Garibaldina und Giuseppe Verdi waren maßgeblich daran beteiligt, dass am 8. April 1920 in Esch/Alzette eine Fanfare des Mineurs entstand – die nun ihr 100. Jubiläum feiern durfte.
Eine bereits 1903 gegründete Bergmannskapelle darf als ihre Vorläuferin gelten. Diese umfasste fast ausnahmslos Berufsmusiker, genoss einen besten musikalischen Ruf und wurde während des Ersten Weltkriegs aufgelöst. Die Gründungsversammlung der Fanfare des Mineurs fand in den Räumlichkeiten der Arbeiterdelegation der Grube Hoehl statt. Besser bekannt wurde die Musikgesellschaft unter dem Namen „Biergarbechtermusek“oder „BoltzMusek“– nach dem Mann, der 30 Jahre lang den Taktstock führte. Anfangs waren die Mitglieder hauptsächlich Beschäftigte von Arbed-Mines oder dem Belval-Hüttenwerk.
Enge Verbindung mit dem Bergbau
Die Tatsache, dass die Musikanten als einzige im Luxemburger Land einen mit einer Lyra geschmückten Helm als Kopfbedeckung tragen, und der Kragenaufschlag ihrer Uniform, der mit zwei gekreuzten Hämmern verziert ist, bezeugen ihre engen Beziehungen zum Bergbau. So steht bis heute die jährliche Sankt-Barbara-Feier am 4. Dezember im Mittelpunkt der Tätigkeit der Harmonie des Mineurs. Am Ehrentag der Schutzpatronin der Grubenarbeiter ließen die Musikanten lange Jahre beim Empfang durch die Stadtverwaltung das „Biergmannslidd“erklingen, bevor sie sich am Abend zum Festessen wiederfanden. Auch gab die Escher Musikgesellschaft jahrelang am 4. Dezember ein kleines Stehkonzert vor dem Arbed-Verwaltungsgebäude in Luxemburg.
Darüber hinaus sind bis zum heutigen Tag die lokalen Veranstaltungen unter Mitwirkung der „Biergarbechtermusek“unzählig. Dazu gehören der Sankt-NikolausUmzug, die jährliche Eligius-Feier oder der Boarbelendag, ein Ehrentag für die Harmonie des Mineurs.
Im Laufe der Zeit standen Jean Boltz, Léon Schaeler, Roger Flammang, Marco Battistella, Jos Tarpani, Roland Popov, Steve Humbert, François Steichen und zurzeit Luigi Ascani am Dirigentenpult. Geprobt wurde anfangs im Dieswee und im Zechenhaus Barbourg. Seit 1998 verfügt die Harmonie des Mineurs im Untergeschoss der Dellhéicht-Schule über neue Räumlichkeiten.
Ihre Glanzzeit erlebte die Harmonie des Mineurs in den 1960erJahren unter dem Vorsitz von Robert Mayer. Eine erste Journée Européenne des Mineurs gab es 1963 in Luisenthal anlässlich der Einweihung eines Denkmals zur Erinnerung an 299 tote Grubenarbeiter. Bei den folgenden diesbezüglichen Gedenkfeiern in Saarbrücken, Esch/Alzette, Forbach und Rümelingen war die Harmonie des Mineurs Esch maßgeblich an der Gestaltung beteiligt. Auch beim deutschen Knappentag in Saarlouis ist sie regelmäßig vertreten.
Zu Beginn des neuen Millenniums kannte die Harmonie des Mineurs einen neuen Höhepunkt. Dirigent Steve Humbert führte Themenkonzerte ein. Nach einem Ausflug nach Bella Italia fand die Gala 2001 im Festsaal des Ariston unter südlichen Gefilden mit italienischer Musik und kulinarischen Spezialitäten aus dem Land, wo die Zitronen blühen, statt.
Eine bereits 1903 gegründete Bergmannskapelle darf als ihre Vorläuferin gelten.
Als die meisten Gruben geschlossen wurden, gab es einige Nachwuchssorgen.
Bleibt ebenfalls die Jugendgruppe „Minettsdäpp“hervorzuheben, welche während Jahren die Aufmärsche der Harmonie des Mineurs anführte. Jean Geimer übernahm für kurze Zeit den Vorsitz von Robert Mayer. Von 2013 bis Ende 2019 stand Jean Hansen an der Spitze der „Biergarbechtermusek“. Unter seiner Führung erlebte die Escher Musikgesellschaft einen neuen Aufschwung und für das Jahr 2020 wurde eine 100-JahrFeier geplant. Wegen der CoronaPandemie musste der 100. Geburtstag auf 2021 vertagt werden.
Gediegene Geburtstagsfeier
Nachdem in den 1960er- und 1970er-Jahren die meisten Gruben geschlossen wurden, gab es Nachwuchssorgen in den Reihen der „Biergarbechtermusek“. Wegen akuten Mangels an jungen Interessenten praktizieren die Musikanten der Harmonie des Mineurs zurzeit eine enge Zusammenarbeit mit ihren Kameraden der „Stadmusek“. Christiane Wagner obliegt es nun, die Harmonie des Mineurs in ihr zweites Jahrhundert zu führen. In enger Zusammenarbeit mit Diana Ascani, Präsidentin des Organisationsvorstandes, fand kürzlich in der Uni Luxemburg eine Festsitzung statt. Nicht von ungefähr wurde die Feier am „Boarbelendag“veranstaltet.
Hierbei sei besonders der sozio-historische Rückblick von Musikologe Damien Sagrillo hervorgehoben. Sowohl Pioniere als auch Jungmusikanten wurden seitens der Union Grand Duc Adolphe und der Harmonie des Mineurs geehrt. Die „Stadmusek“als große Schwester der „Biergarbechtermusek“ließ es sich nicht nehmen, zum UGDA-Ehrenkonzert aufzuspielen.