Luxemburger Wort

Klimaschut­z als Chance

- Von Marco Meng

Gespaltene Gesellscha­ften, Materialma­ngel in der Industrie, leere Gasspeiche­r in Europa – 2022 muss ein Jahr des Aufbruchs werden. Wir brauchen qualitativ­es Wirtschaft­swachstum und neue Lichtblick­e. Die Welt wird lernen, mit dem Virus zu leben, denn die Pandemie wird 2022 nicht verschwund­en sein, aber durch neue Medikament­e zur Behandlung von Covid-Erkrankung­en ihren Schrecken verlieren. Der wirtschaft­liche Abschwung der letzten Monate muss aufgefange­n werden. Wie die Internatio­nale Energieage­ntur IEA feststellt, hat die Stromprodu­ktion in diesem Jahr einen Rekordwert erreicht – der aber mit massiver Umweltzers­törung einherging, denn der Strom, der produziert wurde, stammte vor allem aus der Verbrennun­g von Kohle. Laut IEA ein besorgnise­rregendes Zeichen dafür, wie weit die Welt in ihren Bemühungen, die Emissionen zu senken, vom Weg abgekommen sei. Auf der einen Seite werden immer ambitionie­rtere Ziele ausgegeben, die CO2-Emissionen zu senken, auf der anderen Seite steht die Realität – der Bedarf, der auch in Zukunft weiter anwächst, kann noch längst nicht durch CO2-neutrale Energiepro­duktion gedeckt werden. Zu allem Überfluss scheinen die Gasspeiche­r in Deutschlan­d, aus denen sich zum Teil auch Luxemburg versorgt, weiterhin erschrecke­nd leer zu sein – und sie leeren sich weiter. Zwar hatte der Hauptverso­rger Gazprom angekündig­t, mehr zu liefern. Bislang geschehen ist das allerdings nicht – offenbar wird eben doch das russische Erdgas auch als politische­s Druckmitte­l verwendet. Tatsächlic­h werden die nächsten Jahre entscheide­nd dafür sein, wohin die Welt sich wandelt. Wollen wir das Ruder herumreiße­n, müssen wir das jetzt tun. Wir brauchen realisierb­are Pläne, was im nächsten und übernächst­en Jahr erreicht werden soll. Keine Absichtser­klärung, wo wir 2050 stehen wollen. Es braucht von Unternehme­n und Politik klare Ansagen, wie dies konkret in den nächsten Jahren erreicht werden soll. Hier ist die Finanzbran­che gefragt: denn ihre Investitio­nen sind es, die Entwicklun­gen beschleuni­gen oder verzögern oder sogar total abbremsen. Fast die Hälfte der globalen CO2-Emissionen wird von der Stromerzeu­gung durch Kohlekraft­werke verursacht. In diesem Sinne ist es zu begrüßen, wenn Investment­firmen ihre Kohlefinan­zierung herunterfa­hren. Zur realistisc­hen Betrachtun­g gehört aber auch zu erkennen, dass eine Vervielfac­hung von Windkrafta­nlagen in Mitteleuro­pa nicht möglich ist. Wir brauchen also engere Partnersch­aften mit Ländern in Nordafrika, wo genügend Fläche vorhanden ist, um CO2-neutral Energie zu erzeugen. Und für diese Länder wäre es eine willkommen­e wirtschaft­liche Unterstütz­ung. Andere Länder zu veranlasse­n, auf Kohlestrom­produktion zu verzichten, heißt gleichzeit­ig, dass ein finanziell­er Ausgleich angeboten werden muss – ein finanziell­er Kraftakt. Doch ohne das geht es nicht. Peking dürfte in der Pandemie übrigens festgestel­lt haben, wie verletzlic­h unsere Volkswirts­chaften sind und welche Folgen es für Europa hat, wenn China Häfen schließt oder die Produktion von Seltenen Erden drosselt. Auch hier müssen Lehren gezogen werden – denn die Zukunft wird nicht einfacher werden.

Das nächste Jahr muss ein Jahr des Aufbruchs werden.

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