Es gibt keine Alternative
Die erneut ins Stocken geratenen Atomgespräche mit Iran sollen nach Weihnachten fortgesetzt werden
Gut drei Jahre sind seit dem Ausstieg der Trump-Administration aus dem Atomabkommen mit Iran vergangen. Ziel der USA war es, die Islamische Republik mit einer Kampagne verschärfter Sanktionen zu einer fast vollständigen nuklearen Abrüstung zu zwingen sowie die Einmischungen der Regionalmacht im Libanon, Syrien, Irak und Jemen zu beenden.
Die Hoffnung in Washington war groß, dass mit massiven wirtschaftlichen Zwangsmaßnahmen am Ende sogar ein Regime-Change in Teheran erreicht werden könnte. Heute sind sich fast alle Nahostexperten einig, dass die Entscheidung von Donald Trump, das Atomabkommen aufzukündigen, „eine der dümmsten, am schlechtesten durchdachten und kontraproduktivsten Entscheidungen der USA nach der Zeit des Kalten Krieges war“, schrieb Thomas Friedman unlängst in der „New York Times“.
Die Sanktionen hätten die Iraner nicht daran gehindert, ihren Einfluss in Syrien, Irak, Jemen und Afghanistan auszubauen, analysiert der Politologieprofessor Daniel
Drezner in der „Washington Post“. Das offensichtlichste Bespiel für das Scheitern der Sanktionen sei jedoch die Wiederaufnahme des iranischen Atomprogramms vor zwei Jahren gewesen. Die Schätzungen, wie lange Iran bräuchte, um eine Atombombe zu bauen, seien von einem Jahr unter dem Abkommen von 2015 auf ein paar Monate oder gar Wochen gesunken.
Selbst viele israelische Fachleute halten die Aufkündigung des Abkommens für einen Fehler. Der ehemalige Chef der Iran-Abteilung des Militärgeheimdienstes, Danny Citriniwicz, spricht sogar von einem „kolossalen Versagen“. Es sei an der Zeit, im Umgang mit Iran eine „realistischere Haltung“einzunehmen, sagte er einem Gespräch mit der „Times of Israel“. Anzeichen dafür gibt es – noch – nicht. Die in Wien geführten Verhandlungen über die Wiederbelebung des „Gemeinsamen Umfassenden Aktionsprogramm“(JCPOA), wie das Atomabkommen der Supermächte plus Deutschland mit Iran bezeichnet wird, sind erneut ins Stocken geraten. „
„Wir zahlen jetzt für das katastrophale Endergebnis des Ausscheidens aus dem Vertrag im Jahr 2018“, sagte der nationale Sicherheitsberater der USA, Jack Sulivan, am Wochenende.
Das Zeitfenster für die diplomatische Lösung werde daher immer kleiner. Einen Plan B, für den Fall des Scheiterns, haben die Verhandlungspartner jedoch nicht. Eine militärische Option wird in Israel zwar immer wieder diskutiert. Sie kommt für Washington offenbar nicht in Frage. Wie die „New York Times“letzte Woche berichtete, wurde die Regierung in Jerusalem von Washington darüber informiert, dass acht bestellte KC-46 Boeing-Tankflugzeuge frühestens in drei Jahren geliefert würden.
Ohne diese Tankflugzeuge kann die Israelische Luftwaffe keinen groß angelegten Luftangriff auf die weit verstreuten Nuklearanlagen des Iran starten und durchführen. Auch während der Verhandlungen über das Atomabkommen von 2015 habe es „Zeitpunkte gegeben“, die einen „tiefen und weit verbreiteten Fatalismus hervorgerufen haben“, erinnert der Forscher und Iran-Kenner Ali Ahmadi in einem Beitrag für das renommierte „Institute für Peace und Diplomacy“.
Lösung nicht in Sicht
Dass sich die Verhandlungsparteien am Ende dennoch geeinigt hätten, habe in erster Linie daran gelegen, dass es „keine besseren Optionen“gegeben habe. Die gleiche Situation bestünde auch wieder, glaubt Ahmadi und gibt sich optimistisch: „Es gibt keine Alternative“zum Atomabkommen mit Iran.
Wohl auch vor dieser Erkenntnis haben sich die Verhandlungsparteien auf eine Fortsetzung der Atom-Gespräche in der Woche nach Weihnachten geeinigt. Man habe in den letzten Tagen „gute Fortschritte“gemacht, behauptete Irans Chefunterhändler Ali Bukri Gani. Der Amerikaner Jack Sulivan sprach von „einigen Fortschritten“. „Eine Lösung“sei aber nicht in Sicht.