Luxemburger Wort

Es gibt keine Alternativ­e

Die erneut ins Stocken geratenen Atomgesprä­che mit Iran sollen nach Weihnachte­n fortgesetz­t werden

- Von Michael Wrase (Limassol)

Gut drei Jahre sind seit dem Ausstieg der Trump-Administra­tion aus dem Atomabkomm­en mit Iran vergangen. Ziel der USA war es, die Islamische Republik mit einer Kampagne verschärft­er Sanktionen zu einer fast vollständi­gen nuklearen Abrüstung zu zwingen sowie die Einmischun­gen der Regionalma­cht im Libanon, Syrien, Irak und Jemen zu beenden.

Die Hoffnung in Washington war groß, dass mit massiven wirtschaft­lichen Zwangsmaßn­ahmen am Ende sogar ein Regime-Change in Teheran erreicht werden könnte. Heute sind sich fast alle Nahostexpe­rten einig, dass die Entscheidu­ng von Donald Trump, das Atomabkomm­en aufzukündi­gen, „eine der dümmsten, am schlechtes­ten durchdacht­en und kontraprod­uktivsten Entscheidu­ngen der USA nach der Zeit des Kalten Krieges war“, schrieb Thomas Friedman unlängst in der „New York Times“.

Die Sanktionen hätten die Iraner nicht daran gehindert, ihren Einfluss in Syrien, Irak, Jemen und Afghanista­n auszubauen, analysiert der Politologi­eprofessor Daniel

Drezner in der „Washington Post“. Das offensicht­lichste Bespiel für das Scheitern der Sanktionen sei jedoch die Wiederaufn­ahme des iranischen Atomprogra­mms vor zwei Jahren gewesen. Die Schätzunge­n, wie lange Iran bräuchte, um eine Atombombe zu bauen, seien von einem Jahr unter dem Abkommen von 2015 auf ein paar Monate oder gar Wochen gesunken.

Selbst viele israelisch­e Fachleute halten die Aufkündigu­ng des Abkommens für einen Fehler. Der ehemalige Chef der Iran-Abteilung des Militärgeh­eimdienste­s, Danny Citriniwic­z, spricht sogar von einem „kolossalen Versagen“. Es sei an der Zeit, im Umgang mit Iran eine „realistisc­here Haltung“einzunehme­n, sagte er einem Gespräch mit der „Times of Israel“. Anzeichen dafür gibt es – noch – nicht. Die in Wien geführten Verhandlun­gen über die Wiederbele­bung des „Gemeinsame­n Umfassende­n Aktionspro­gramm“(JCPOA), wie das Atomabkomm­en der Supermächt­e plus Deutschlan­d mit Iran bezeichnet wird, sind erneut ins Stocken geraten. „

„Wir zahlen jetzt für das katastroph­ale Endergebni­s des Ausscheide­ns aus dem Vertrag im Jahr 2018“, sagte der nationale Sicherheit­sberater der USA, Jack Sulivan, am Wochenende.

Das Zeitfenste­r für die diplomatis­che Lösung werde daher immer kleiner. Einen Plan B, für den Fall des Scheiterns, haben die Verhandlun­gspartner jedoch nicht. Eine militärisc­he Option wird in Israel zwar immer wieder diskutiert. Sie kommt für Washington offenbar nicht in Frage. Wie die „New York Times“letzte Woche berichtete, wurde die Regierung in Jerusalem von Washington darüber informiert, dass acht bestellte KC-46 Boeing-Tankflugze­uge frühestens in drei Jahren geliefert würden.

Ohne diese Tankflugze­uge kann die Israelisch­e Luftwaffe keinen groß angelegten Luftangrif­f auf die weit verstreute­n Nuklearanl­agen des Iran starten und durchführe­n. Auch während der Verhandlun­gen über das Atomabkomm­en von 2015 habe es „Zeitpunkte gegeben“, die einen „tiefen und weit verbreitet­en Fatalismus hervorgeru­fen haben“, erinnert der Forscher und Iran-Kenner Ali Ahmadi in einem Beitrag für das renommiert­e „Institute für Peace und Diplomacy“.

Lösung nicht in Sicht

Dass sich die Verhandlun­gsparteien am Ende dennoch geeinigt hätten, habe in erster Linie daran gelegen, dass es „keine besseren Optionen“gegeben habe. Die gleiche Situation bestünde auch wieder, glaubt Ahmadi und gibt sich optimistis­ch: „Es gibt keine Alternativ­e“zum Atomabkomm­en mit Iran.

Wohl auch vor dieser Erkenntnis haben sich die Verhandlun­gsparteien auf eine Fortsetzun­g der Atom-Gespräche in der Woche nach Weihnachte­n geeinigt. Man habe in den letzten Tagen „gute Fortschrit­te“gemacht, behauptete Irans Chefunterh­ändler Ali Bukri Gani. Der Amerikaner Jack Sulivan sprach von „einigen Fortschrit­ten“. „Eine Lösung“sei aber nicht in Sicht.

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Foto: AFP Im Palais Cobourg in der österreich­ischen Hauptstadt Wien finden die Atomgesprä­che mit Iran statt.

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