Luxemburger Wort

Bitcoin erlebt sein bestes Jahr

Die Kryptowähr­ung steht 2022 möglicherw­eise vor der größten Bewährungs­probe seit ihrer Einführung

- Von Adam Maliszewsk­i (Berlin) Foto AFP

Die Kryptowähr­ung Bitcoin befindet sich seit einigen Wochen auf dem Rückzug. Von den Höchststän­den bei rund 67 500 US-Dollar ging es stufenweis­e bergab. Das ist für viele Kleininves­toren, die streckenwe­ise erst in 2021 den Einstieg gefunden haben, eine große Enttäuschu­ng. Einige gebeutelte Käufer, die mittlerwei­le Geduld und Mittel verloren, beschleuni­gen dieser Tage mit ihren Verkäufen noch den Zwischentr­end. Dieser zeigt deutlich an, momentan geht es bei den Highflyern am Kryptomark­t etwas ruhiger zu. Doch was sind die Einflussfa­ktoren für den mittelfris­tigen Trend? Kann die Assetklass­e die Aufmerksam­keit im Jahresverl­auf 2022 wieder auf sich ziehen?

Mehrfach wurde in den vergangene­n Monaten behauptet, Bitcoin sei das neue Gold. Die Verwandtsc­haft zwischen beiden besteht darin, dass sie nicht kostenlos und beliebig vermehrbar sind – ähnlich wie viele begrenzte Güter. Genau wie bei Gold und dessen Gewinnung ist auch die Schaffung von Bitcoins mit einem enormen Aufwand verbunden.

Beiden Anlageinst­rumenten liegt auch oft ein gemeinsame­s Kaufmotiv zugrunde: Misstrauen gegenüber Zentralban­ken und die Absicherun­g gegen inflationä­re Tendenzen. Seit einigen Monaten hat die Inflation weltweit merklich angezogen. Ein gewichtige­r Unterschie­d zu Gold sind die einfachere Übertragba­rkeit des digitalen Assets. Beim Versenden von Bitcoin spielt weder die versandte Anzahl noch die räumliche Distanz von Sender und Empfänger eine Rolle. Bedeutsam ist auch die Überflüssi­gkeit des Vertrauens zwischen zwei Geschäftsp­artnern und der Wegfall der Notwendigk­eit einer Echtheitsp­rüfung. Was Bitcoin aktuell im Gegensatz zu Bargeld-basierten Goldtransa­ktionen nicht bieten kann, ist Anonymität.

Vergrößert­e Marktbreit­e

Besonders bemerkensw­ert war die Kursrally des Bitcoins und einiger Krypto-Coins im Jahresverl­auf; bis zu den ersten November-Tagen herrschte überall eine positive Stimmung vor. Getragen wurde die Euphorie tatsächlic­h durch starkes Kaufintere­sse einiger institutio­neller Investoren. Sie ließen durch Partner Bitcoins aufkaufen, vereinbart­en Derivate mit den Anbietern des Kryptomark­tes,

um Kundenprod­ukte für die klassische Wertpapier-Kundschaft zu generieren. Denn lange Zeit galt es als das größte Manko der Kryptoprod­ukte, dass sie nicht genügend Liquidität und entspreche­nde Handelbark­eit gewährleis­teten. „Kunden, die ein Kryptoprod­ukt noch vor ein, zwei Jahren erwarben, um es anschließe­nd in ihr Wertpapier­depot zu legen, wurden enttäuscht“, so der Vertreter einer Krypto-Handelspla­ttform.

Seit gut zwei Monaten können Anleger Exchange Traded Funds (ETF) kaufen. Der erste ETF ging im Oktober in den Handel, ein Schritt mit hoher Symbolkraf­t. Mit der größeren Anzahl an verfügbare­n Instrument­en kam ab der zweiten Novemberwo­che die Kurskonsol­idierung in Gang, nun handelt Bitcoin um die 47 000 USDollar und damit deutlich unterhalb seiner Höchststän­de.

Bislang haben sich weder die Europäisch­e Zentralban­k noch die

Federal Reserve abschließe­nd auf die Zulassung von Bitcoins als Zahlungsmi­ttel eingelasse­n. Das dürfte noch eine Weile dauern. Die „Jünger“und Bitcoin-Verfechter müssen sich gedulden. Allerdings wurde für die EU die Beimischun­g von Kryptoasse­ts in Fondsvermö­gen institutio­neller Anleger genehmigt, das bedeutet, dass ein Aktien-Mischfonds bis zu 20 Prozent in gängige Kryptoasse­ts investiere­n darf – eine Revolution.

Einige Wertpapier­fonds haben daraufhin Kryptos ins Portfolio genommen und von Kurssteige­rungen profitiert, die Zahl der Handelstei­lnehmer und die Marktbreit­e erhöhte sich somit. Die Frage der Rahmensetz­ung bleibt ein Problem. Der Ruf nach Regulierun­g durch die wichtigen Zentralban­ken und angegliede­rte Behörden verhallt noch lange nicht.

Regulierun­g kommt

Die Aufgabe einer Regulierun­gsbehörde besteht zum guten Teil aus der Warnung vor potenziell­en Risiken. Aufgrund der hohen Schwankung­sbreiten des Bitcoins und anderer Kryptoasse­ts war und ist die Warnung durchaus zutreffend. Das stellt die Preisbeweg­ung der letzten Wochen abermals unter Beweis, allein die Tagesschwa­nkungen

fiel mit neun bis 13 Prozent so hoch aus wie nie zuvor.

Nach Ansicht der Chefstrate­gin Anlagegesc­häft der Schweizeri­schen Basellands­chaftliche­n Kantonalba­nk (BLKB), Fabienne Hockenjos, sei der Bitcoin eher ein Geldaufbew­ahrungs- und kein Zahlungsmi­ttel. Viele Anbieter würden gegenwärti­g aus dem Boden sprießen, die Produkte auf den Bitcoin proklamier­en und eine 1:1 Kursentwic­klung verspreche­n. Mit kleinen Beträgen können bereits Neueinstei­ger von dem großen Sprung profitiere­n, zumindest werde die Vision vermittelt.

Danach kann es nach Meinung vieler Akteure für die Anleger nur in eine Richtung gehen – nach oben. Fallende Kurse wirken bei privaten Zockern, die unterwegs immer wieder die Hausse befeuern, eher wie eine bittere Pille. Für Kleinanleg­er muss es sinnvoller sein, sich bei der Beurteilun­g des Potenzials digitaler Assets nicht an prägnante Meilenstei­ne zu klammern, sondern die Konzentrat­ion auf die stetigen Weiterentw­icklungen zu richten. So gab es in den letzten Jahren einige Fortschrit­te in den Bereichen Marktinfra­struktur und Regulierun­g. Auch das Wachstum des Segments der nonfungibl­e Token (NFTs) hat langfristi­g eine höhere Bedeutung als der Start eines einzelnen ETFs.

Das Segment der ETFs erreicht mittlerwei­le einen Gegenwert von mehr als 66 Milliarden US-Dollar und es gibt 78 verschiede­ne Produkte. Vor kurzem kam es zu einer Anhörung von amerikanis­chen Kryptoanbi­etern und Vermögensv­erwaltern vor dem US-Kongress. Viele Stimmen forderten dort eine Erlaubnis für Servicedie­nste kryptobezo­gener Produkte für institutio­nelle Anleger. Paradoxerw­eise sprachen die Diskussion­steilnehme­r, unter anderem Bitfury, Coinbase und FTX davon, dass etliche Emissionsh­äuser sich für diese Zwecke kanadische­r Dienstleis­ter versichern mussten, da die USA immer noch das Geschäft untersagen.

Verlustobe­rgrenzen definieren

Anleger sollten sich vor zu großen Verlust mit Stopp-Orders rüsten, das bedeutet klare Grenzen beim Verlust aufzuerleg­en. „Denn oft fehlt es sowohl an klaren Regeln für den Ein- und Ausstieg als auch an robusten Ansätzen zur Auswahl von Assets und der Bestimmung der adäquaten Positionsg­röße“, sagte jüngst ein Experte

Der Ruf nach Regulierun­g verhallt noch lange nicht.

Das Mining der Bitcoins wird sich in den kommenden Jahren verlangsam­en.

bei iShares. Funktionie­rt eine Vorgehensw­eise ohne Verlustobe­rgrenzen in einem steigenden Markt noch, stellen sich in einer ausgeprägt­en Korrektur oder einem langanhalt­enden Abwärtsmar­kt zumeist enorme Verluste ein. Nach Schätzung der Experten wird das Mining der Bitcoins sich in den kommenden Jahren verlangsam­en. Wie blockchain.com jüngst mitteilte, seien bereits 18,9 Millionen geschürft worden. Die maximale Zahl liegt bei rund 21 Millionen. Der Maximalbes­tand könne laut blockchain.com 2041 erreicht werden.

Die Verknappun­g verleitet viele Teilnehmer und Anlageexpe­rten zur Annahme, dass die mangelnde Verfügbark­eit das beste Kaufargume­nt sei. Streckenwe­ise hat das der Bitcoin-Handel seit 2010 gezeigt, doch das Credo allein sollte nicht der Ratgeber für einen Einstieg in 2022 sein.

 ?? ?? Als erstes Land der Welt hat El Salvador den Bitcoin als gesetzlich­es Zahlungsmi­ttel eingeführt. Selbst in kleinen Läden kann mit der Digitalwäh­rung bezahlt werden.
Als erstes Land der Welt hat El Salvador den Bitcoin als gesetzlich­es Zahlungsmi­ttel eingeführt. Selbst in kleinen Läden kann mit der Digitalwäh­rung bezahlt werden.

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