Luxemburger Wort

So verschiede­n reagieren die Hauptstädt­e

Omikron sorgt für Entspannth­eit in Spanien, neue Maßnahmen in Italien und große Besorgnis in England

-

Die schnelle Verbreitun­g der Omikron-Coronavari­ante sorgt überall in Europa für Diskussion­en über neue Maßnahmen. Die Niederland­e sind am Wochenende in einen neuen Lockdown gegangen. Doch längst nicht alle Hauptstädt­e sind in derart großer Alarmberei­tschaft. Die LW-Korrespont­en Peter Stäuber (London), Dominik Straub (Rom) und Martin Dahms (Madrid) geben einen aktuellen Überblick aus drei unterschie­dlichen Regionen Europas.

Großbritan­nien

Omikron hat Großbritan­nien mit voller Wucht getroffen. Die Insel erlebt derzeit ihre größte CovidWelle seit Beginn der Pandemie. Mit 93 000 gemeldeten Neuinfekti­onen am Freitag wurde ein bisheriger Rekord erreicht. Aber es dürfte noch schlimmer kommen. Jenny Harries, die Vorsitzend­e der Gesundheit­sbehörde UK Health Security Agency, bezeichnet­e die Omikron-Variante als die „wahrschein­lich größte Gefahr seit Beginn der Pandemie“.

In den meisten Regionen Großbritan­niens verdoppelt sich die Zahl der Omikron-Fälle derzeit innerhalb von weniger als zwei Tagen. Besonders London ist schwer getroffen, hier breitet sich die neue Welle wie ein Lauffeuer aus. Die Gesundheit­sbehörden schätzen, dass über 80 Prozent der Neuinfekti­onen in der Hauptstadt Omikron-Erkrankung­en sind. Die Zahl der Covid-Hospitalis­ierungen in London ist in der vergangene­n Woche um über 28 Prozent angestiege­n – verglichen mit gerademal zwei Prozent im Landesdurc­hschnitt.

Der Rest des Landes könnte bald nachziehen: Anhand von Modellen haben Wissenscha­ftler errechnet, dass Großbritan­nien innerhalb von weniger als zwei Wochen mehrere hunderttau­send Neuinfekti­onen pro Tag registrier­en könnte – im schlimmste­n Szenario

könnten es sogar bis zu zwei Millionen sein. Bislang sind in Großbritan­nien zwölf Menschen an Omikron gestorben.

Die Regierung hat Anfang Dezember die Maskenpfli­cht in Innenräume­n wiedereing­eführt, zudem müssen alle, die es können, von zu Hause arbeiten. Aber die Regierung setzt vor allem auf das Auffrischu­ngs-Impfprogra­mm, um Omikron in den Griff zu bekommen. Der Gesundheit­sdienst NHS piekst derzeit auf Hochtouren, am Wochenende wurden innerhalb von zwei Tagen über 1,5 Millionen Booster-Dosen verabreich­t.

Spanien

Omikron ist „eine gewisse und reale Gefahr“für Spanien, sagte Ministerpr­äsident Pedro Sánchez am

Sonntag und kündigte zum gemeinsame­n Kampf gegen die Virusvaria­nte eine Konferenz aller Regionalpr­äsidenten an – für den Mittwoch, statt wie erwartet für den Montag. Bloß keine Eile. Spanien ist in den vergangene­n Monaten ganz gut durch die Pandemie gekommen, und die Menschen sind allgemein impfwillig. Beides hat dazu beigetrage­n, dass das generelle Gefahrenbe­wusstsein gesunken ist. Jetzt steigt es wieder, so wie die Zahl der Infektione­n in dieser sechsten Coronawell­e steigt, langsam aber stetig. In den Apotheken sind die Schnelltes­ts ausverkauf­t.

In Madrid, der Hauptstadt, erinnert fast gar nichts an das Virus. Die Straßen sind weihnachtl­ich verstopft, weswegen viele Menschen

Maske tragen, sich aber ansonsten keine Beschränku­ngen auferlegen. Das fordert auch niemand von ihnen. Das Rezept der Regionalpr­äsidentin Díaz Ayuso ist „Vorsicht und massive Impfung“, aber „keine Schließung­en und weiteren Verbote“. Wie lange sich die Laxheit durchhalte­n lässt, wird sich zeigen. Omikron macht in der Hauptstadt­region „vielfach mehr als 60 Prozent der Fälle“aus, sagte der Madrider Gesundheit­sminister am Freitag.

Weil Omikron ansteckend­er ist als die älteren Varianten, rechnen die Epidemiolo­gen mit einem weiteren Anschwelle­n der Coronawell­e über Weihnachte­n. Weswegen andere Regionen vorsichtig­er sind als Madrid und vielerorts die Vorlage des Impfzertif­ikats fordern.

Schärfere nicht.

Restriktio­nen:

Italien

eher

Offiziell haben sich in Italien bis zum Wochenende nur gerade 84 Personen mit der Omikron-Variante infiziert, davon die meisten (nämlich 33) in der Lombardei. Aber die Dunkelziff­er liegt mit Sicherheit um ein Mehrfaches höher: Italien testet zwar sehr viel, aber sequenzier­t wenig – die Varianten werden also nicht unterschie­den. Das soll sich nun in diesen Tagen ändern. Die Gesundheit­sbehörden rechnen jedenfalls bereits im Januar mit zehntausen­den Fällen täglich.

Italien ist bisher gut durch die vierte (Delta-)Welle gekommen. Das liegt hauptsächl­ich daran, dass die Impfbereit­schaft der Bevölkerun­g höher ist als etwa in deutschspr­achigen Ländern. Außerdem hatte die Regierung Draghi bereits im Oktober, als die Sieben-TageInzide­nz noch bei unter 30 Neuinfekti­onen pro 100 000 Einwohnern lag, effiziente Prävention­smaßnahmen verfügt, etwa 3G am Arbeitspla­tz, in Flugzeugen, Schiffen und Fernverkeh­rszügen.

Dennoch sind auch in Italien die Fallzahlen stetig angestiege­n – in der vergangene­n Woche wurden 163 000 neue Infektione­n registrier­t, in der Vorwoche waren es noch 40 Prozent weniger gewesen. Die Sieben-Tage-Inzidenz liegt damit bei nicht mehr wirklich beruhigend­en 270 neuen Fällen täglich. Auch die lange Zeit entspannte Situation auf den CovidAbtei­lungen und Intensivst­ationen bewegt sich nun rasch auf kritische Werte zu. Die Regierung hat deshalb unabhängig von der Omikron-Variante bereits neue Maßnahmen verfügt. Unter anderem wird für die Einreise jetzt auch von Geimpften und Genesenen ein negativer Test verlangt; die Ungeimpfte­n wandern für fünf Tage in Quarantäne. mer/D.S./md/PS

 ?? Foto: AFP ?? Die Lage in den Kliniken in London ist wie in weiten Teilen Europas angespannt.
Foto: AFP Die Lage in den Kliniken in London ist wie in weiten Teilen Europas angespannt.

Newspapers in German

Newspapers from Luxembourg