Bio-Brachland
Im Januar endet die Amtszeit von Romain Schneider (LSAP) als Minister. Er gehört der Regierung in unterschiedlichen Funktionen seit 2009 ununterbrochen an. Das Amt des Agrarministers bekleidete er von 2009 bis 2013 und dann wieder von 2018 bis heute. Während so gut wie jeder, der mit Schneider zu tun hatte, dessen joviale Art lobt, fällt das Urteil im Hinblick auf seine fachlichen Kompetenzen in der Regel deutlich härter aus.
Das ist auch nachvollziehbar, denn Romain Schneider hinterlässt erstaunlich wenige Spuren. Vor allem bei der viel beschworenen Transformation hin zu einer reinen Biolandwirtschaft hinkt die Regierung den selbstgesteckten Zielen deutlich hinterher. Im Jahr 2050 sollen sämtliche landwirtschaftlichen Anbauflächen in Luxemburg biologisch bewirtschaftet werden, bis 2025 sollen es immerhin schon 20 Prozent sein. Allerdings waren es im Jahr 2021 gerade einmal 5,18 Prozent. Das Zwischenziel dürfte also deutlich verfehlt werden. Die Zurückhaltung der Landwirte bei der Umstellung dürfte zu einem nicht unwesentlichen Teil auf den unpräzisen Bioaktionsplan zurückzuführen sein. Wenn man Menschen zu teilweise radikalen Änderungen bei der Führung ihres Betriebes, der ihre Existenzgrundlage darstellt, motivieren will, reicht es nicht aus, Utopien zu formulieren, sondern es muss ein klarer Weg zu einem realistischen Ziel aufgezeigt werden. So müsste der Staat mit gutem Beispiel vorangehen und in öffentlichen Kantinen konsequent auf biologische und lokale Produkte setzen. Hier besteht noch reichlich Luft nach oben. Zu Schneiders Verteidigung sei jedoch erwähnt, dass zwischen 2013 und 2018 unter dem damaligen Agrarminister Fernand Etgen (DP) noch weniger Dynamik in der Biolandwirtschaft herrschte.
Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage, ob es nicht sinnvoller wäre, nach den Chamberwahlen 2023 das Agrar- mit dem Umweltministerium zu verschmelzen und somit eine kohärentere Politik im Biobereich und darüber hinaus beim Naturschutz zu ermöglichen. Sollten sie erneut in Regierungsverantwortung kommen, wären dann
Déi Gréng unter Zugzwang. Bislang beschränkte sich die kleinste der drei Koalitionsparteien darauf, über das Umweltministerium in einzelnen Fällen, aber dann auch massiv, auf die Agrarpolitik einzuwirken, wie bei den Schutzzonen rund um den Obersauerstausee. Wobei dies natürlich nur möglich war, weil DP und LSAP das ungeliebte Ressort eher stiefmütterlich behandelten.
Demnächst übernimmt aber erst einmal Claude Haagen (LSAP) das Landwirtschaftsministerium. Ob er in der verbleibenden Legislatur viele Akzente setzen wird, darf jedoch bezweifelt werden. Haagen verfügt weder über Erfahrung im Agrarsektor noch über besonders viel Spielraum. Der nationalen Landwirtschaftspolitik sind durch die Gemeinsame Europäische Agrarpolitik (GAP) nämlich klare Leitplanken gesetzt. Im Rahmen der neuen GAP bis 2027 muss jedes EU-Land bis zum 1. Januar 2022 einen Strategieplan nach Brüssel schicken. Weil Haagen auf dessen Ausarbeitung keinerlei Einfluss hatte, wird er wohl in den wenig fruchtbaren Furchen seines Vorgängers weiter pflügen.
Romain Schneider hinterlässt erstaunlich wenige Spuren.
Kontakt: marc.hoscheid@wort.lu