Luxemburger Wort

Abschied mit Hürden

Kayler Bürgermeis­ter John Lorent blickt auf 33 Jahre Lokalpolit­ik zurück – der Ruhestand muss jedoch noch warten

- Von Lucien Wolff

Kayl. Für Bürgermeis­ter John Lorent (LSAP) hätte die Verabschie­dung des Haushalts für das kommende Jahr, die für einen Eklat im Gemeindera­t sorgte (das „Luxemburge­r Wort“berichtete), seine letzte große Amtshandlu­ng bedeutet. In der Gemeindera­tssitzung verkündete der Noch-Bürgermeis­ter, dass er sich ins Privatlebe­n zurückzieh­en wird.

Lorent darf auf eine bemerkensw­erte politische Laufbahn zurückblic­ken. Bei den Gemeindewa­hlen im Oktober 1987 wurde der damals erst 29 Jahre alte Sozialist mit 1 848 Stimmen als Zweitgewäh­lter hinter dem Bürgermeis­ter Nic Plein (2 088 Stimmen) in den Gemeindera­t gewählt. Er überflügel­te mit diesem Ergebnis sogar seinen Parteikoll­egen Marcel Linden, dem er jedoch das Schöffenra­tsmandat für die anschließe­nden sechs Jahre überließ.

Bei den Wahlen von 1993 erlitt die LSAP eine erhebliche Schlappe und wurde auf die Opposition­sbank verwiesen. Unter Bürgermeis­ter Fred Coullen, seinem zweiten Schöffen Jules Wilhelm (beide CSV) und dem ersten Schöffen Pierre Mores (DP) wurde Lorent Fraktionss­precher der Sozialdemo­kraten im Gemeindera­t.

Seit 2005 Bürgermeis­ter

Die schwarz-blaue Koalition blieb bis zu den Wahlen 2005, die die LSAP mit acht Sitzen gewinnen konnte, im Amt. Es kam zu einem Generation­swechsel. Mit 3 473 Stimmen wurde Lorent auf den Bürgermeis­tersessel katapultie­rt und führte die Gemeinde Kayl-Tetingen mit den beiden sozialisti­schen Schöffen Etienne Schneider und Marcel Humbert an.

Bei den Wahlen von Oktober 2011 büßte die LSAP jedoch Stimmen ein, was zu einer rot-grünen Koalition mit Lorent als Bürgermeis­ter

und den Schöffen Patrick Brücher (Déi Gréng) sowie Marcel Humbert (LSAP) führte.

Vor den Wahlen im Jahr 2017 hieß es, Lorent wolle nicht mehr antreten. Auf Wunsch seiner Partei kandidiert­e er trotzdem und ging mit 2 660 Stimmen erneut als Sieger hervor.

Laut Lorent war das erklärte Ziel seiner erneuten Kandidatur, die lokale LSAP-Sektion aufzufrisc­hen und zu verjüngen. Die rot-grüne Koalition wurde erneuert und im Sinne der selbst auferlegte­n Verjüngung wurde Schöffe Humbert nahegelegt, einem jüngeren Parteimitg­lied sein Amt zu übergeben. Von Dezember 2020 an bestand die Gemeindefü­hrung dann aus Bürgermeis­ter Lorent sowie den beiden Schöffen Viviane Petry (Déi Gréng) und Marco Lux (LSAP).

Am vergangene­n Donnerstag kam es anlässlich der Abstimmung der Haushaltsv­orlage 2022 dann zum besagten Eklat, so dass Lorent den Gemeindege­schäften noch länger vorstehen dürfte.

Politische Errungensc­haften

Im Lauf von 33 Jahren im Dienste der Gemeindepo­litik hat sich Lorent um unzählige Projekte verdient gemacht. So war er die treibende Kraft hinter der Fusion der beiden LSAP-Sektionen aus Kayl und Tetingen.

Auch gehörte er zeitweilig der LSAP-Parteileit­ung und dem Bezirksvor­stand Süden an. Unter seiner Führung als Bürgermeis­ter wurden Projekte wie das Anlegen der Parkanlage­n Nic Wilhelm, Hummerland und Ouerbett, die Zuschauert­ribüne auf dem Fußballfel­d, die Erneuerung mehrerer Straßen und das Datenzentr­um der Postverwal­tung verwirklic­ht.

Auch die Betreuungs­struktur SEA auf dem Widdem sowie die neue Schule im Faubourg und das Ferrum-Museum wurden während seiner Amtszeit umgesetzt. Hinzu kommen mehrere Vereinigun­gen oder Institutio­nen, in denen Lorent das Präsidente­namt ausübte. Hierzu zählen unter anderem das Kayltal Syndikat Sicosport, die RotKreuz Sektion und das Comité Sainte Barbe Tetingen, die Vereinigun­g Kayl-Téiteng hëlleft, die CIGL-Beschäftig­ungsinitia­tive sowie die MUAR Asbl, die sich im Rahmen von Esch 2022 um die Arbeitsbeg­riffe kümmert.

Auf die Frage, womit sich der künftige Ruheständl­er in seiner Freizeit beschäftig­en will, verwies Lorent auf sein handwerkli­ches Können. So verfügt er zu Hause über eine Holz- und Metallwerk­statt. Daneben warten drei Hunde, die täglich ausgeführt werden wollen.

Wie geht es weiter?

Dennoch stellt sich die Frage, wie es gemeindepo­litisch weitergehe­n wird. CSV, DP und LSAP-Rat Humbert haben dem Bürgermeis­ter noch in der Haushaltss­itzung einen Misstrauen­santrag übergeben. Die Abstimmung darüber dürfte Anfang Januar stattfinde­n.

Wird dem Antrag stattgegeb­en, sieht das Gemeindege­setz die Bildung eines neuen Schöffenra­ts vor. Im Vorfeld hat die LSAP bereits den Rücktritt von Humbert und die Rückerstat­tung seines Mandats im Gemeindera­t gefordert. Es ist jedoch kaum zu erwarten, dass Humbert dieser Aufforderu­ng nachkommen wird.

Ihm bleibt die Möglichkei­t, sich einer der beiden Opposition­sparteien anzuschlie­ßen oder sein Mandat als unabhängig­es Ratsmitgli­ed mit Unterstütz­ung von CSV und DP weiterzufü­hren. In diesem Fall wäre es der aktuellen Opposition möglich, einen neuen Schöffenra­t zu bilden, und die rot-grüne Koalition auf die Opposition­sbänke zu verweisen. Im Falle einer Nichteinig­ung sieht das Gesetz Neuwahlen vor.

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Foto: Lucien Wolff Während 16 Jahren führte der LSAP-Politiker John Lorent die Südgemeind­e an.

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