„Ich habe irgendwann auf böse umgestellt“
Heiner Lauterbach über seinen neuen Krimi-Zweiteiler, das Auf und Ab einer langen Karriere und seinen Vater
Früher spielte er oft den jugendlichen Draufgänger, seit ein paar Jahren ist Heiner Lauterbach häufig als besonnener Familienvater oder abgeklärter Patriarch zu sehen. Im Krimizweiteiler „Mord in der Familie – Der Zauberwürfel“, den das ZDF heute und morgen zeigt, spielt der 68-Jährige den mächtigen Bauunternehmer Henry Becker, der in der Silvesternacht von einem Auto angefahren und schwer verletzt wird. Als dann auch noch Beckers Sohn ermordet wird, taucht die ermittelnde Kommissarin tief in die Familienverhältnisse des Clans ein und stößt auf Lügen, Intrigen und Mord.
Heiner Lauterbach, im Zweiteiler „Mord in der Familie“spielen Sie einen knallharten Firmenboss.
War es anstrengend, immer so böse zu gucken?
Nö, weil das mein ganz normaler Blick ist, mit dem ich auch sonst durchs Leben gehe. Ich werde von Leuten oft gefragt, ob ich ein Problem habe oder immer so ernst gucke. Ich weiß nicht, woran es liegt, vielleicht verändert sich ja die Physiognomie im Lauf der Jahre. Früher hieß es immer, ich würde so sentimental aus der Wäsche gucken – und irgendwann habe ich dann eben umgestellt auf böse. (lacht)
Ein böser Blick reicht bei mancher Rolle nicht aus. Was ist sonst noch wichtig?
Wie sonst auch, also man liest das Drehbuch, lernt die Rolle und spielt sie dann. Ich weiß, das hört sich etwas banal an, aber so ist es eben. Ich muss ja oft Rollen spielen, die nicht meinem Naturell entsprechen, und dabei zehre ich oft von meinen Beobachtungen. Wir Schauspieler beobachten andere ja ein Leben lang, das ist ein integraler Bestandteil unseres Berufs.
Ihr Vater war Unternehmer – konnten Sie bei der Rolle des Unternehmers Henry Becker auf Erinnerungen zurückgreifen?
Durchaus, wobei ich die Rolle jetzt nicht so gespielt habe, wie
Heiner Lauterbach als Familienpatriarch Henry Becker im Zweiteiler „Mord in der Familie –
Der Zauberwürfel“, zu sehen heute und morgen im ZDF.
Der Schauspieler, der mit dem Ex-Playmate Viktoria
Skaf verheiratet ist, lebt mittlerweile am Starnberger
See bei München. mein Vater als Unternehmer war. Er war Chef eines familieneigenen Sanitärbetriebs in Köln mit bis zu 250 Mitarbeitern. Aber die ein oder andere Verhaltensweise von ihm ist sicherlich unbewusst in die Figur eingeflossen, das schon.
Was für ein Typ war Ihr Vater?
Er war einer von denen, die nach dem Krieg etwas auf die Beine gestellt haben, er hat die Firma mit meinem Opa und seinem Bruder aufgebaut. Mein Vater hat sich um das Kaufmännische gekümmert, während mein Opa und mein Onkel sich mehr ums Handwerkliche
gekümmert haben, also den Heizungsbau, die sanitären Installationen in Neubauten und den Kundendienst. Mein Vater war in Köln ein angesehener Geschäftsmann und durchaus auch ein kleiner Patriarch, wenn auch im besten Sinne.
Wollte Ihr Vater, dass Sie das Geschäft mal übernehmen?
Unbedingt, ich war ja der älteste Sohn. Das war schon sehr hart für ihn, dass ich das nicht gemacht habe. Mein Halbbruder wollte das Geschäft leider auch nicht übernehmen, der ist Designer geworden und nach Paris gezogen.
Wie fand Ihr Vater es denn, dass Sie Schauspieler wurden?
Zunächst einmal hielt er gar nichts davon, er hielt die Schauspielerei für brotlose Kunst. Mit einsetzendem Erfolg fand er das dann aber gar nicht so schlecht. Als er gesehen hat, dass ich ganz gut verdiene, anerkannt werde und eine gewisse Karriere hinbekomme, war er mehr und mehr einverstanden. (lacht) Ich glaube, dann war er sogar ein bisschen stolz auf mich.
War Ihnen von Anfang an klar, dass Sie lieber Schauspieler als Unternehmer werden möchten?
Ich war in jungen Jahren schon hin- und hergerissen, man will es seinem Vater ja irgendwo recht machen. Ich bin auch in das Familienunternehmen reingewachsen und habe parallel zur Schauspielschule noch eine Lehre im Betrieb gemacht. Irgendwann habe ich mich dann aber ganz für die Schauspielerei entscheiden – Gott sei Dank, muss man sagen, weil ich meinen Beruf liebe.
Würden Sie das Gleiche auch sagen, wenn Sie an einem kleinen Provinztheater gelandet wären?
Glaube schon, weil ich denke, dass man das nicht nur unter materiellen Gesichtspunkten bewerten darf. Ich finde, wenn man als Schauspieler in das Ensemble eines kleinen Theaters eintritt, dort arbeitet, superschöne Vorstellungen hinlegt und vielleicht auch noch die große Liebe seines Lebens kennenlernt, dann ist das nicht das Schlechteste. Man muss als Schauspieler nicht unbedingt kommerziell erfolgreich sein, um mit dem Beruf glücklich zu werden, glaube ich. Wenn es nur darauf ankäme, die große Karriere zu machen, dann gäbe es die Schauspielerei nicht mehr. Das Metier lebt nicht von ein paar Spitzenleuten, sondern vom Gesamten.
Sie sind seit vielen Jahren im Geschäft. Auf welche Filme sind Sie besonders stolz?
Mit dem Wort Stolz tue ich mich ehrlich gesagt ein bisschen schwer, deshalb sagen wir mal so: Ich freue mich über ein paar Filme mehr als über andere. Zu denen, über die ich mich freue, zählen sicher „Männer“von Doris Dörrie, „Rossini“von Helmut Dietl, in jüngerer Zeit „Willkommen bei den Hartmanns“, die Gangsterballade „Harms“, die Kinokomödie „Wir sind die Neuen“und ein paar andere. Ich habe viele gute Filme gemacht, einige mittelmäßige und mit Sicherheit auch ein paar schlechte. (lacht)
Ich habe viele gute Filme gemacht, einige mittelmäßige und mit Sicherheit auch ein paar schlechte.
Ich werde von Leuten oft gefragt, ob ich ein Problem habe oder immer so ernst gucke.
Können Sie sich denn noch an alle Rollen erinnern, oder erschrecken Sie manchmal, wenn Sie beim Zappen auf einen Ihrer alten Filme stoßen?
Zugegeben, das kommt schon vor, aber im Großen und Ganzen kann ich mich noch an alle Filme erinnern, in denen ich mitgespielt habe. Sobald ich einen bestimmten Film sehe, weiß ich auch wieder, wo das war, mit wem, wie die Dreharbeiten liefen und unter welchen Umständen das zustande gekommen ist. Ich habe ein ganz gutes Gedächtnis.
Sie sind mit Ende 60 körperlich ja noch sehr gut in Form, wie man auch im „Zauberwürfel“sieht. Denken Sie trotzdem manchmal ans Aufhören?
Ich arbeite, solange meine Frau Viktoria mich noch losschickt. Wir haben schließlich Kinder in der Ausbildung, das kostet alles ein Heidengeld. Man muss immer sehen, dass der Eimer voll wird. (lacht)
Und wann wird der Eimer mal wieder beim 1. FC Köln voll, dessen großer Fan Sie sind?
Wenn Sie damit meinen, dass der FC mal wieder Deutscher Meister wird, dann kann das noch lange dauern. Ich fürchte, da muss ich mich noch etwas gedulden.