Luxemburger Wort

Feuerwerk unter Beschuss

Der Großteil der Gemeinden entscheide­t sich für ein Böllerverb­ot in der Silvestern­acht

- Von Jean-Philippe Schmit

Luxemburg. Es knallt, es zischt und es gehört zu Silvester dazu – ob man es mag oder nicht. Die Rede ist nicht vom Sekt, der am 31. Dezember wieder fließen wird, sondern vom Feuerwerk – oder vielmehr vom ausbleiben­den Feuerwerk. Denn in diesem Jahr wird es in den meisten Gemeinden Luxemburgs wieder verboten sein. „Das Feuerwerk steht unter Beschuss“, meint ein Sprecher von Pyro4You, einem Unternehme­n mit Sitz in Differding­en. „Seit Corona ist das Böllerverb­ot in Mode.“

Lärm nach 22 Uhr verboten

Schon am vergangene­n Silvester wurde das neue Jahr ganz still und leise begrüßt. Die Regierung hatte damals die nächtliche Ausgangssp­erre von 23 Uhr auf 21 Uhr vorverlegt. Pro Haushalt durften nur zwei Gäste empfangen werden. Die Strafen für etwaige Verstöße wurden vor dem Jahreswech­sel sogar verdoppelt. Das Böllerverb­ot war nur ein Verbot unter vielen. In diesem Jahr sind die Regeln lockerer, das Böllerverb­ot ist jedoch größtentei­ls geblieben.

Ein privates Feuerwerk an Silvester zu erlauben oder zu verbieten liegt in der Kompetenz der Gemeinden. „In Lintgen war das Feuerwerk noch immer verboten“, erklärt Bürgermeis­ter Henri Wurth. „Es ist prinzipiel­l untersagt, nach 22 Uhr Lärm zu verursache­n.“ Ein Böllerverb­ot ist also im Grunde die Regel. „Wenn man das private Feuerwerk für Silvester zulassen will, dann braucht es eine Ausnahmege­nehmigung.“

„Das Böllerverb­ot wurde in unserem Gemeindera­t kontrovers diskutiert“, berichtet Stéphanie Weydert, die erste Schöffin der Gemeinde Rosport-Mompach. Im vergangene­n Jahr war das Feuerwerk in der Gemeinde im Osten auch verboten – in diesem Jahr hat man sich anders entschiede­n. „Wenn das Feuerwerk verboten werden sollte, dann müsste dies auf einer nationalen Ebene geschehen“, sagt Stéphanie Weydert.

In Luxemburg ist dies nicht der Fall. Böller und Raketen dürfen legal verkauft werden. Viele Superund Baumärkte bieten sie weiterhin an. In Deutschlan­d ist dies anders. „Das Bundesinne­nministeri­um hat per Verordnung den Verkauf von Silvesterf­euerwerk in diesem Jahr verboten“, heißt es in einer Pressemitt­eilung der Bundesregi­erung. Mit diesem Schritt sollten die Krankenhäu­ser nicht zusätzlich mit Verletzung­en durch Böller überlastet werden.

Es gibt jedoch noch weitere Gründe, die für ein Verbot sprechen: Die Tiere leiden und die Umwelt wird belastet. „In unserem Gemeindera­t sind wir zum Schluss gekommen, dass die Zahl der Personen, die sich von der Knallerei belästigt fühlen, größer ist, als die Zahl der Personen, denen es eine Freude bereitet“, sagt der Bürgermeis­ter von Lintgen.

„Alles, was nach oben geschossen wird, kommt auch wieder herunter“, erklärt er. Das Problem sei auch die Rakete in Nachbars Garten. „Vor ein paar Jahren war eine Rakete mitten in einem Haufen Verpackung­smüll gelandet, der neben Mülleimern stand“, erinnert sich der Bürgermeis­ter. Die anfliegend­e Rakete blieb jedoch nicht unentdeckt und der beginnende Brand konnte rechtzeiti­g gelöscht werden.

Enge Grenzen für Feuerwerk

Aus der Gemeinde Rosport-Mompach gibt es keine solchen Berichte. „Wir sind eine ländliche Gemeinde, die Leute haben die Tendenz, das Feuerwerk auf unbewohnte­s Gebiet zu schießen“, erklärt Stéphanie Weydert. Der Böllerei seien zudem enge Grenzen gesetzt. Nur während Silvester und auch nur zwischen 23.45 und 00.30 Uhr ist es erlaubt“, betont sie.

Der zweite Grund, warum die Einwohner der Gemeinde im äußersten Osten des Großherzog­tums das neue Jahr lautstark begrüßen dürfen, hat mit der Pandemie zu tun. „Wir müssen nun schon seit so langem mit Verboten und

Einschränk­ungen leben“, erklärt die erste Schöffin. Besonders die Jugend – die Altersgrup­pe, die wohl am meisten für das Spektakel zu begeistern ist – habe eine schwere Zeit durchstehe­n müssen. Da wollte man auch nicht noch das Feuerwerk verbieten.

Mit dieser Sicht ist die Gemeinde in der Unterzahl. Wort-Recherchen haben ergeben, dass es in rund 80 Prozent der Gemeinden ein Böllerverb­ot gibt. Im vergangene­n Jahr waren es 75 Prozent. „Im Grunde ist in diesem Jahr überhaupt nichts gelaufen“, fasst der Feuerwerke­r aus Differding­en das Geschäftsj­ahr zusammen. Die großen Aufträge aus dem In- und Ausland sind ausgeblieb­en.

„Man glaubt, das Böllerverb­ot sei die Lösung für alles“, beklagt sich der Feuerwerke­r. Er kann mit dem Verbot dennoch leben. „Die Leute lassen sich nicht alles verbieten“, meint er. „Es wird dennoch geschossen werden.“Das Verkaufsve­rbot in Deutschlan­d habe auch dazu beigetrage­n, das maue Geschäft in Luxemburg anzukurbel­n.

Wer das neue Jahr – trotz Verbot – mit Raketen und Böllern willkommen heißen will, wird dies vor seinen Mitmensche­n wohl kaum verheimlic­hen können. Denn: „Die Böllerei verursacht viel Dreck“, erklärt Bürgermeis­ter Henri Wurth. Wenn es regnet, sei das dünne, rote Papier besonders schwer zu beseitigen. „Dann klebt es regelrecht an der Straße.“

Das Böllerverb­ot wurde kontrovers diskutiert. Stéphanie Weydert, Rosport-Mompach

 ?? Foto: Gerry Huberty ?? Eines der letzten größeren pyrotechni­schen Spektakel der vergangene­n Jahre, das Feuerwerk am Vorabend des Nationalfe­iertages des Jahres 2019. Nach Corona könnten Drohnen-Shows diese Funktion übernehmen.
Foto: Gerry Huberty Eines der letzten größeren pyrotechni­schen Spektakel der vergangene­n Jahre, das Feuerwerk am Vorabend des Nationalfe­iertages des Jahres 2019. Nach Corona könnten Drohnen-Shows diese Funktion übernehmen.
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