Keine Konkurrenz in Sicht
Real Madrid steuert bislang widerstandslos dem 35. Meistertitel im spanischen Fußball entgegen
Nach 14 Siegen in 19 Spielen führt Real Madrid die spanische La Liga zur Saisonhalbzeit souverän an. Zwar steht der letzte Hinrundenspieltag noch aus, doch nach dem Sieg der „Königlichen“in der vorgezogenen Partie vom 21. Spieltag in Bilbao (2:1) beträgt der Vorsprung des Rekordmeisters beruhigende acht Punkte. Obwohl ein derartiges Polster sehr schnell schmelzen kann, ist es zurzeit schwer vorstellbar, dass in der laufenden Spielzeit einer der Verfolger dem Team von Trainer Carlo Ancelotti gefährlich werden könnte. Dennoch möchte der 62-Jährige nichts von einer Vorentscheidung wissen.
„Wir haben einen kleinen Vorsprung und es stimmt, dass der eine oder andere Rivale wie Atletico Madrid oder der FC Barcelona etwas weiter entfernt ist. Aber der FC Sevilla zum Beispiel nicht“, sieht Ancelotti im aktuellen Tabellenzweiten einen ernst zu nehmenden Konkurrenten. Dieser hatte vor einem Monat im Topspiel gegen den Spitzenreiter mit 1:2 den Kürzeren gezogen. Wie in jenem Duell ging der 34-malige Titelträger auch gegen sämtliche Widersacher auf den Plätzen drei bis acht jeweils als Sieger vom Feld. So behielt man sowohl im Lokalderby gegen Atletico (2:0) als auch im Clasico gegen Barça (2:1) verdientermaßen die Oberhand.
Mit Betis Sevilla und Aufsteiger Rayo Vallecano stehen zurzeit zwei Überraschungsmannschaften auf einem Champions-LeagueRang. Für mehr dürfte es am Ende auch nicht reichen. Die Aussichten von Atletico Madrid auf eine erfolgreiche Titelverteidigung sind, angesichts von 17 Punkten Rückstand auf den Tabellenführer, ebenso verschwindend gering, wie die Titelchancen des FC Barcelona,
der sich mitten im Umbruch befindet.
Die bislang einzige Real-Niederlage datiert vom 3. Oktober, als sich Espanyol Barcelona etwas überraschend mit 2:1 durchsetzte. Es war eine der wenigen Partien, in denen der ansonsten zuverlässige Torjäger Karim Benzema leer ausging, und sich zudem die Offensivabteilung von Real am vermeintlich chancenlosen Neuling vergeblich die Zähne ausbiss. Lediglich vier Mal mussten sich die „Königlichen“mit einem Unentschieden
zufriedengeben. Nutznießer waren unter anderem der Vorletzte Cadiz sowie Schlusslicht Levante, dem es sogar gelang, RealKeeper Thibaut Courtois drei der bislang 16 Gegentore zuzufügen.
Blamage gegen Sheriff
Völlig unangreifbar scheint der Tabellenführer demnach nicht zu sein. Dies unterstrich insbesondere die Heimblamage im Champions-League-Gruppenspiel gegen Sheriff Tiraspol, als der Luxemburger Nationalspieler Sébastien
Thill mit seinem sensationellen Siegtreffer in letzter Minute mitten ins Herz der Madrilenen traf.
Für Trainer Ancelotti hingegen waren die beiden bisherigen Niederlagen allenfalls Ausrutscher. „Es war eine Phase, in der uns Spieler wie Luka Modric oder Toni Kroos fehlten. Doch als beide zurückkehrten, hat man gesehen, dass die Mannschaft eine sehr klare Identität hat“, so der Coach. Seinen erfolgreichsten Torschützen Benzema lobt Ancelotti indes in den höchsten Tönen. „Mit seinen 34 Jahren fügt er seinem Fußball jetzt auch noch eine großartige Fähigkeit und Konstanz als Torjäger bei. Er ist ein Spieler, der den Unterschied ausmacht, er befindet sich in einer spektakulären Form.“Neben Benzema spielen auch die Routiniers Modric (36 Jahre) und Kroos (31) weiter eine wichtige Rolle in Ancelottis Planungen. „Ich glaube, die drei Spieler können bis 40 auf einem großartigen Level mithalten, weil ich sie jeden Tag arbeiten sehe. Es stimmt, dass es für Offensivspieler schwieriger ist, weil der Verschleiß höher ist. Aber ich glaube, sie können das schaffen, weil sie Top-Profis sind.“
Nichtsdestotrotz dürfte auch Real Madrid in Zukunft nicht um eine Blutauffrischung herumkommen. Neben Benzema, der bislang 15 Saisontreffer auf dem Konto hat, steuerte sein Sturmpartner Vinicius Junior immerhin zehn der bisherigen 41 Real-Treffer bei. Der 21jährige Brasilianer entstammt der Talentschmiede der Königlichen, die erfolgversprechenden Nachwuchshoffnungen bei Real Madrid Castilla in der dritten spanischen Liga die Chance bietet, sich für die erste Mannschaft zu empfehlen.
Neues Stadion, neue Stars
„Die erste Verpflichtung von Real Madrid ist es, zu gewinnen. Aber die Entwicklung der Jungen ist ein weiteres Ziel. Sie sind die Zukunft und Schritt für Schritt müssen wir sie einsetzen. Jetzt mit der Pandemie ergeben sich für sie Chancen“, erklärt Ancelotti, wohlwissend, dass sich sein Arbeitgeber in einer äußerst schwierigen finanziellen Situation befindet. Insgesamt sollen den 13-maligen Champions-League-Sieger rund 900 Millionen Schulden drücken. Dies macht die Verpflichtung von Neuzugängen umso schwerer, zumal als Wunschspieler keine Geringeren
Die erste Verpflichtung von Real Madrid ist es, zu gewinnen. Carlo Ancelotti, Trainer Real Madrid
als Hochkaräter wie Kylian Mbappé von Paris SG sowie der Dortmunder Erling Haaland gehandelt werden.
Im Hinblick auf den voraussichtlich in einem Jahr abgeschlossenen Umbau des Bernabeu-Stadions legt Ancelotti bereits seine Wünsche offen. „Ich weiß nicht, was ein Mbappé oder ein Haaland in Zukunft machen werden. Allerdings hoffe ich, dass das neue Stadion für neue Spieler einen Anreiz bieten wird. Am Tag der Einweihung will ich auf jeden Fall im Stadion sitzen, und ich hoffe, dass der Trainer dann noch derselbe ist, der er heute ist“, so Ancelotti, der zuvor noch seinen Königsklassentriumph mit den Königlichen aus dem Jahr 2014 gerne wiederholen möchte. „Es gibt keinen klaren Favoriten für diese Champions League. Alles, was ich versprechen kann, ist, dass Real Madrid bis zum Ende konkurrieren und kämpfen wird.“