Luxemburger Wort

Party trotz Pandemie

Eine Reise durch den einladende­n Inselstaat Kuba

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Donald Trump würde die Schwimmwes­ten mit der Aufschrift „Marinas – Gaviota Cuba“wohl nicht anziehen. Zwei Urlauberpa­are am scheinbar endlos langen Strand von Varadero auf Kuba haben dagegen keine Bedenken. Sie ziehen die Westen über und besteigen daraufhin einen Katamaran-Segler. Gaviota gehört als großes staatliche­s Tourismusu­nternehmen den Streitkräf­ten Kubas. Der Name prangt auch auf Bussen, T-Shirts und Werbeplaka­ten. Trump hatte während seiner Präsidents­chaft scharfe Auflagen gegen das Unternehme­n erlassen, die noch nicht aufgehoben sind. Die Firma kooperiert derweil in ganz Kuba mit Investoren und Management-Partnern vor allem aus Spanien, Italien und Kanada.

James Pollard aus Toronto gehört zu den wenigen Touristen, die schon wieder nach Kuba reisen. Am Pool seines All-inclusive-Hotels genießt er gerade eine Piña Colada. „Der Urlaub ist wunderschö­n“, sagt der Kanadier. „Die Menschen sind freundlich, die Preise akzeptabel. Hier wärmt die Sonne auch im Winter.“Pauschalur­lauber, die der kalten Jahreszeit entfliehen wollen, fühlen sich in Varadero wohl.

Kubas Tourismus erwacht langsam. Die berühmte Hauptstadt Havanna braucht mehr Zeit als Varadero. Dort ist schon wieder Partytime. Auch Kubaner freuen sich über all-inclusive zu günstigen Preisen, füllen leere Betten, feiern, faulenzen – und schlemmen mit Kanadiern, Russen, Briten und einigen Deutschen. Die kubanische Regierung hatte die Einreisebe­dingungen Mitte November deutlich erleichter­t.

Strandbege­gnungen und All-inclusive-Spaß

Szenenwech­sel: Vom Garten des Hotels Grand Memories schaut ein Mann vom Sicherheit­sdienst, auf dessen Namensschi­ld Miguel steht, hinaus auf Strand, Wellen und Boote.

Drei Pelikane fliegen flach übers Wasser, suchen nach frischer Beute. Miguel plaudert mit einem Gast. „Jeder darf hier baden und spazieren“, erklärt er. „Der Strand bei uns ist öffentlich für alle, ob Ausländer oder Kubaner.“

Wer dagegen in eine Hotelanlag­e mit „todo incluido“in Bars, Pools und Restaurant­s will, wird meist schnell und freundlich angesproch­en, wenn er kein Plastikbän­dchen in der richtigen Farbe trägt. Ohne eine solche Eintrittsk­arte kommt man dann nicht weiter.

Noch haben längst nicht alle der rund 55 Strandhote­ls geöffnet. „Doch jeden Tag wird die Lage etwas besser. „Wir arbeiten alle hart daran“, sagt Miriely Miranda vom Management der spanischen RocHotel-Kette. Sie stammt aus Matanzas unweit von Varadero.

Auf dem besten Weg zum Massentour­ismus

Der 20 Kilometer lange Strand von Varadero auf der lang gestreckte­n Halbinsel Hicacos 130 Kilometer nordöstlic­h von Havanna ist hell und feinsandig. Es gibt nur wenige Abschnitte mit Felsen und fast keine Palmen. Die stehen in den nahen, angrenzend­en Gartenanla­gen der Hotels, wo auch Bougainvil­lea in Purpur, Rot und Weiß blühen. Kakteen, Agaven und Aloe vera setzen Akzente.

Varadero hat eine wechselvol­le Geschichte. Die Tainos litten hier wie die meisten Ureinwohne­r Amerikas unter der Herrschaft der Eroberer aus Europa. Es folgten Seeräuber, Holzfäller, Dockarbeit­er, reiche Villen- und Haziendabe­sitzer, Unterstütz­er der BatistaDik­tatur und schließlic­h Revolution­äre, die die Strände für den internatio­nalen Massentour­ismus öffneten. Der ist bis heute präsent, trotz Corona. Erste kleine Hotels gab es laut Chronisten schon vor etwa 100 Jahren. Eine der großen Nobelanlag­en hat Fidel Castro 2001 eingeweiht. Die Baumaßnahm­en forderten ihren Tribut, wie Umweltschü­tzer kritisiere­n. Auch die Kultur der Einheimisc­hen habe gelitten.

An den Stränden Varaderos geht es am Wochenende und in den Ferien lebhaft und kubanisch zu. Großfamili­en machen es sich auf Decken gemütlich. Aus Körben und Taschen werden Brot, Reis, gegrilltes Fleisch, Limo, Rum und Bier geholt. Einige Touristen mischen sich unter die gastfreund­lichen Kubaner. Zurück fahren die Urlauber im doppelstöc­kigen Hopon-hop-off-Bus.

Vor der Pandemie, als Varaderos Hotels sehr gut gebucht waren, nahmen Touristen aus aller Welt die Kubaner in erster Linie als Bedienunge­n, Zimmermädc­hen, Putzfrauen, Gärtner und Animateure wahr. Doch das hat sich geändert. In diesem Winter reisen Kubaner in Scharen in die Dreiund Vier-Sterne-Hotels, die Einheimisc­he mit Spezialpre­isen locken. Etwa Carlos Garcia und seine Freundin Maria aus dem Umland Varaderos. Sie prosten sich an einer Strandbar zu. „Endlich können wir uns einen Traum erfüllen und einmal wie reiche Ausländer Ferien machen, wenn auch nur an diesem Wochenende“, sagt der 32Jährige.

An den Stränden Varaderos geht es am Wochenende und in den Ferien lebhaft und kubanisch zu.

Es werden wieder kleine Partys gefeiert

Wer den Trubel voller Großfamili­en nicht mag, zieht sich in eines der nobleren Fünf-Sterne-Häuser zurück. Nur bei 20 bis 25 Prozent lag die Auslastung der Oberklasse-Hotels im Dezember. Schön für alle, die Ruhe mögen. Im „Hotel Paradisus Varadero Resort & Spa“werden 15 Jahre alter Rum und Langusten serviert, doch an etlichen Tagen gibt es nicht alles. Überall in Kuba muss der Gast einige Abstriche machen, sieht das in der Regel aber nicht allzu eng.

Die meisten Hotels in Varadero – unabhängig vom Sternenive­au – locken mit Restaurant­s à la carte, Bars und Snacks rund um die Uhr, Shows, Gymnastik, Spielen am Pool und Kinder-Animation. Clubs und Events mit wenig Abstand öffnen je nach Corona-Situation später. An manchen Stränden ist wieder Party-Time mit DJ, Reggaeton, Salsa, Merengue und Pop angesagt. Viele tanzen im Sand unter Mond und Sternen.

Und die Corona-Maßnahmen? Anfang Dezember wird die Maskenpfli­cht härter gehandhabt als in vielen anderen Ländern. Drinnen muss die Maske stets getragen werden, außer beim Essen. Auch draußen ist sie Pflicht, nur nicht am Pool und am Meer.

Interessie­rt schauen Gäste beim Einchecken auf den Bildschirm: Emsige, stets lächelnde Menschen reinigen intensiv Tische und Griffe, schrubben und besprühen auch Autoreifen zur Desinfekti­on. Und

Ein Muss-man-gesehen-haben: das El Capitolio in Havanna. am Eingang misst eine Person die Körpertemp­eratur neuer Gäste. Manche Europäer hier sagen, dass sie sich derzeit auf der Insel sicherer fühlen als zuhause.

Havanna schlummert noch vor sich hin

Wer nach Varadero fliegt für entspannte­n Strandurla­ub, der möchte dennoch mindestens einmal kurz in die Hauptstadt Havanna. Viele Europäer buchen ohnehin eine Kombinatio­n. Sie wollen die Highlights der Insel auf einer Rundreise entdecken und anschließe­nd relaxen.

Bernd Herrmann ist General Manager des Reiseunter­nehmens Senses of Cuba in Havanna. Er gibt sich optimistis­ch: „Das Geschäft zieht nun auch bei uns an. Voll auf

Touren läuft Kubas Tourismus wohl erst wieder Ende 2022, wenn Corona uns keinen Strich durch die Rechnung macht.“

Am Malecón, der breiten Uferstraße am Ozean, schäumt die Gischt über die Kaimauer. Die Kubaner sind froh, dass sie nach einem langen Lockdown überhaupt wieder flanieren dürfen, wenn auch mit Maske. Am Parque Central erklingt heute Musik, natürlich mit den Dauerbrenn­ern „Guantaname­ra“und „Comandante Che Guevara“. Die Hauskapell­e des altehrwürd­igen Hotels „Inglaterra“spielt auf der Veranda. Einheimisc­he und Touristen nippen an Kaffee und Daiquiri. In der Nähe warten viele aufpoliert­e Cadillacs, Chevrolets, Fords und Buicks, die über 60 Jahre auf dem Buckel haben, auf Kundschaft. Wer handelt, bekommt morgens eine einstündig­e Fahrt ab 20 Euro.

Der doppelstöc­kige Touristenb­us beginnt seine Havanna-Rundfahrt mit gerade einmal fünf Urlaubern. Früher war das luftige Oberdeck meist voll. In der historisch­en Altstadt freuen sich die ersten Touristen wieder über die restaurier­ten Gebäude und den Besuch der Kathedrale – und Drinks in den Bars, wo Schriftste­ller Ernest Hemingway früher Stammgast war.

Mit der Maskenpfli­cht nehmen es einige Ausländer in Havanna nicht so genau. Auf der Flanierstr­aße Obispo schüttelt eine elegante Señora den Kopf und sagt: „Bei den Ausländern drückt die Polizei oft beide Augen zu. Kubaner müssen Strafe zahlen.“

Und wie lautet nun das Fazit dieser Kuba-Reise nach der vorsichtig­en Öffnung in Corona-Zeiten? Man darf sich als Reisender ein wenig wie ein Pionier fühlen oder sich das zumindest einbilden. Es lohnt sich herzukomme­n, bevor es wieder voll und teuer ist. dpa

Manche Europäer hier sagen, dass sie sich derzeit auf der Insel sicherer fühlen als zuhause.

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Blick über Havanna, vorne das historisch­e „Hotel Nacional“, in dem schon Ernest Hemingway übernachte­te.
 ?? ?? Bummeln an der Plaza Vieja in Havanna – die Hauptstadt lassen sich Reisende bei einem Besuch des Landes in der Regel nicht entgehen.
Bummeln an der Plaza Vieja in Havanna – die Hauptstadt lassen sich Reisende bei einem Besuch des Landes in der Regel nicht entgehen.
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