Neues Jahr, alte Sorgen
Dem Jahr 2021 wird wohl niemand ernsthaft nachtrauern. Umso höher sind die Erwartungen an das neue Jahr. Doch die Böller, die an Silvester landauf, landab abgefeuert wurden, dürften kaum ausgereicht haben, um die bösen Geister endgültig zu vertreiben. Denn die Sorgen der vergangenen zwölf Monate bleiben uns 2022 erhalten.
Allen voran natürlich die Pandemie, die dank der Omikron-Variante einen neuen Anlauf genommen hat und uns voraussichtlich noch über Wochen, wenn nicht gar Monate in Atem halten wird. Die Regierung wird also nolens volens weiter im Krisenmodus agieren müssen. Dabei geht es aber nicht nur um die Bekämpfung der Pandemie an sich. Es geht auch darum, deren Folgeschäden zu beheben, zumindest aber abzufedern.
Ein solcher Folgeschaden ist die steigende Armut. Die Zahl der Menschen, die von der Armut bedroht sind, steigt immer schneller. Die Statistiken belegen, dass wegen der Pandemie immer breitere Bevölkerungsschichten die Enden nicht mehr zusammen bringen, auch Menschen, die bislang nie auf Hilfe angewiesen waren, darunter sehr viele Alleinerziehende. Man kann daher nur begrüßen, dass das Kindergeld wieder an den Index gebunden und die Teuerungszulage angehoben wird.
Doch das allein reicht nicht. Die Kluft zwischen Arm und Reich wird weiter zunehmen. Denn die Mieten und die Immobilienpreise gehen ungebremst durch die Decke. Solange das Logement-Problem nicht gelöst ist, werden alle Maßnahmen im Kampf gegen die Armut verpuffen. Die hohen Energiekosten tun zurzeit ein Übriges. Im Verbund mit einzelnen Klimaschutzmaßnahmen, wie etwa der CO2-Steuer, fressen sie zumindest einen Teil der zusätzlichen Unterstützung gleich wieder auf. Es muss also noch an anderen Stellschrauben gedreht werden, wenn man der Entwicklung dauerhaft etwas entgegensetzen will.
Eine Möglichkeit sind die Steuern. Vor allem Alleinstehende, Mütter und Väter, die ihre Kinder allein groß ziehen, werden über Gebühr belastet. Doch die angekündigte große Steuerreform, die diese Schieflage zumindest teilweise hätte begradigen können, kommt nicht zustande. NochFinanzminister Pierre Gramegna (DP) mag recht haben, wenn er sagt, dass das Geld für Entlastungen nicht reicht. Doch das ist nur die halbe Wahrheit. Denn insgeheim hat es die Koalitionspartner arrangiert, dass sie das heiße Eisen in dieser Legislaturperiode nicht mehr schmieden müssen.
Doch aufgeschoben ist nicht aufgehoben. Denn nicht erst seit den Haushaltsdebatten im Parlament ist klar, dass das Thema Steuern den Wahlkampf im kommenden Jahr beherrschen wird. Vor allem die LSAP hatte die Steuer-, oder nach ihrer Lesart, die Gerechtigkeitsdebatte frühzeitig eröffnet, Stichwort Corona-Steuer. Welche Partei auch immer 2023 als Sieger aus den Wahlen hervorgehen wird, an einer Steuerreform kommt sie nicht vorbei. Wenn bis dahin die Pandemie aber immer noch nicht überwunden ist, könnte der neue Finanzminister mit den alten Problemen von Gramegna konfrontiert sein: Halbleere Kassen erlauben keine Steuergeschenke!
Es muss also noch an anderen Stellschrauben gedreht werden.
Kontakt: danielle.schumacher@wort.lu