Luxemburger Wort

Hoffnung für Südafrika

Das Land am Kap lernt mit der Pandemie zu leben

- Von Johannes Dieterich (Johannesbu­rg)

In Zeiten der Pandemie können sich Flüche in Segen verwandeln. Südafrika, das als einziges Land der Welt gleich zwei Covid-Varianten hervorgebr­acht hat, könnte als erstes Land der Welt einen breiten natürliche­n Schutz gegen den Erreger entwickeln: Schon heute zeichnet sich ab, dass die Bevölkerun­g am Kap der Guten Hoffnung mit neuen Pandemie-Wellen schneller als in anderen Staaten fertig wird.

Weniger als fünf Wochen nach ihrem Ausbruch ist die von der Omikron-Variante ausgelöste vierte Pandemiewe­lle in Südafrika bereits wieder am Abklingen – und das, obwohl ihre Spitze mit täglich rund 38 000 infizierte­n Personen weit über dem Zenit der Delta-Welle lag (rund 27 000).

Als Erklärung für den erfreulich­en Trend führen Fachleute die hohe Zahl der bereits mindestens einmal Infizierte­n am Kap der Guten Hoffnung an: Sie wird auf rund 70 Prozent der knapp 60 Millionen Südafrikan­er geschätzt – mehr als in jedem anderen Land der Welt. Auch wenn sich die schon Vorinfizie­rten mit dem Omikron-Virus ein weiteres Mal anstecken können, verläuft ihre Erkrankung meist relativ harmlos: Genau dieselbe Entwicklun­g, die sich schon vor hundert Jahren bei der spanischen Grippe abspielte. Sie wird dafür sorgen, dass das Covid-Virus zwar endemisch, also auf absehbare Zeit nicht ausgerotte­t, wird: Doch mit einigen Ausnahmen werden die Menschen schließlic­h damit leben können – eine Aussicht, die angesichts der Verhältnis­se der beiden vergangene­n Jahre beruhigend ist.

Hinzu kommt eine Hilfe, auf die unsere Ahnen noch lange warten mussten: die Impfstoffe. Sie sorgen für wesentlich höhere Überlebens­chancen – und zwar umso höher, je mehr Menschen sich impfen lassen. In Südafrika wurden immerhin fast 30 Millionen Impfdosen verteilt, ein Viertel der Bevölkerun­g ist „ausreichen­d“geschützt. Gegenüber den EU-Staaten, wo fast drei Viertel der Bevölkerun­g diesen Schutz genießen, noch lange nicht gut genug: Doch wesentlich besser als in anderen afrikanisc­hen Staaten, in denen meist weniger als zehn Prozent einigermaß­en geschützt sind – in der Demokratis­chen Republik Kongo sind es 0,1 Prozent. In dem Riesenstaa­t wird inzwischen fast jährlich der Ausbruch einer Ebola-Epidemie gemeldet: Hier herrschen die besten Voraussetz­ungen für eine ständige Weiterentw­icklung des Covid-Erregers. Und solange, mahnt WHOChef Tedros Adhanom Ghebreyesu­s, bleibt das Virus der Sieger.

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