Luxemburger Wort

„Ich muss Punkte sammeln“

Auf die schnelle Sprinterin Patrizia van der Weken wartet ein voller Terminkale­nder

- Interview: Joe Geimer

Patrizia van der Weken (CAPA) präsentier­t sich aktuell in sehr guter körperlich­er Verfassung. Bei zwei Indoor-Meetings stellte die 22-jährige Sprinterin bislang einen Landesreko­rd auf. Ein gutes Omen im Hinblick auf das Jahr 2022, in dem einige internatio­nale Höhepunkte im Kalender stehen. Van der Weken hat viel vor.

Patrizia van der Weken, das Jahr 2022 hätte für Sie aus sportliche­r Sicht wohl nicht viel besser beginnen können, oder?

Ich bin wirklich sehr zufrieden mit meinem Auftritt am Sonntag. Der neue 60-m-Rekord (7''32) fühlt sich richtig gut an.

Hatten Sie mit der neuen Bestzeit geliebäuge­lt?

Es war keine große Überraschu­ng. Ich wusste, dass die Trainingsz­eiten und -werte stimmten. Dennoch: Ich habe meine persönlich­e Bestzeit um sieben Hundertste­lsekunden verbessert. Das ist ein großer Sprung. Mich freut besonders, dass ich den alten Rekord (7''38) gleich zwei Mal brechen konnte – erst in den Serien, dann im Finale. Ich wollte meine persönlich­e Bestzeit unterbiete­n, dass mir das deutlich gelungen ist, ist die eigentlich­e Überraschu­ng.

300 m sind für eine Sprinterin eine recht lange Distanz...

Das stimmt. Bei meinem Rekordlauf vor etwas mehr als zwei Wochen (39''55) habe ich auf den letzten 50 m ganz schön gelitten. Ich ging das Rennen etwas zu schnell an und hatte Probleme, hinten heraus das Tempo zu halten. Ich hatte das Gefühl, stehen zu bleiben. Dennoch konnte ich die geforderte Zeit (39''95) deutlich unterbiete­n. Das Experiment war gelungen.

Haben Sie eine Vorliebe? 60 m, 100 m, 200 m?

Auf den 200 m liegt mein Fokus derzeit nicht (Van der Weken hält den Rekord im Freien mit 23''94, Anm. der Red.). Ich laufe sie dennoch manchmal aus dem Training raus, weil mir die Distanz Spaß macht. Ich muss an der Tempohärte arbeiten, um auf dieser Strecke noch konkurrenz­fähiger zu sein. Von den kurzen Sprintstre­cken gefällt mir keine unbedingt besser, aber generell liegt der Fokus eher auf der Sommersais­on, wodurch die 100 m automatisc­h an Stellenwer­t gewinnen.

Was ist der Hauptunter­schied zwischen den beiden Strecken?

Kleine Fehler haben auf den 60 m einen größeren Impakt auf die Zeit. Außerdem sind die Bedingunge­n in der Halle immer gleich. Externe Faktoren nehmen keinen Einfluss auf die Zeit. Das kann im Freien der Fall sein. Der Wind spielt fast immer eine Rolle. Er kann dir helfen, oder dafür sorgen, dass deine Zeit nicht viel wert ist. Das ist manchmal ganz schön blöd.

Ihr Landesreko­rd über 100 m steht bei 11''50. Sie waren aber schon wesentlich schneller ...

Ja, genau. Einmal blieb die Zeit bei 11''25 stehen, ein anderes Mal bei 11''34. Der Rückwind war jeweils zu heftig. Das ärgert einen schon. Aber zumindest weiß ich, wie schnell ich ungefähr laufen kann.

Haben Sie eine Zeit im Kopf, die Sie laufen möchten?

Ich mag es nicht, mir Zeiten als Ziel zu setzen. Ich will mich kontinuier­lich verbessern, Schritt für Schritt. Wenn ich mich zu sehr unter Druck setze, wird das nicht klappen. Ich arbeite hart und meine Entwicklun­g zeigt in die richtige

Richtung. Alles andere wird man sehen. Die vergangene­n beiden Sommer waren durchwachs­en. 2020 war ich verletzt. 2021 war auch nicht das Gelbe vom Ei. Ich kam nicht richtig in Fahrt. Das soll sich dieses Jahr nicht wiederhole­n.

Die Indoor-WM findet vom 18. bis 20. März in Belgrad statt. Zwei Hundertste­lsekunden fehlen zur Qualifikat­ion. Schaffen Sie das?

Ich bin zumindest sehr nah dran. Das motiviert mich zusätzlich. Die WM war an sich nicht unbedingt ein

Ziel. Nach meinem neuen Rekord sieht es nicht schlecht aus. Aber auch hier: Wenn ich es schaffe, wäre das mega. Wenn nicht, geht die Welt nicht unter. Ich bin noch jung. Ich werde noch bei vielen Großevents starten können.

2022 stehen zwei Weltmeiste­rschaften (Indoor in Belgrad und Outdoor in Eugene) sowie die EM im Freien im Kalender. Das klingt ganz schön stressig ...

Es ist viel los in der Leichtathl­etik. Die EM in München (15. bis 21. August) ist auf jeden Fall ein Ziel. Ich will dabei sein. Die Norm ist allerdings eine hohe Hürde (11''24). Ich kann die Qualifikat­ion jedoch über die Weltrangli­ste schaffen. Ich muss Punkte sammeln. Mit diesem Ziel gehe ich bei den internatio­nalen Wettkämpfe­n an den Start. Ich würde außerdem gerne bei den Jeux de la Francophon­ie (vom 19. bis 28. August in Kinshasa/Demokratis­che Republik Kongo) und an der Universiad­e (vom 26. Juni bis 7. Juli in Chengdu/China) teilnehmen.

Wie sieht Ihr Zeitplan in den kommenden Wochen aus? Starten Sie ebenfalls bei Meetings im Ausland?

Am Samstag laufe ich die 200 m beim dritten RegioMeeti­ng in der Coque. Fest steht, dass ich beim CMCM-Meeting in der Coque (30. Januar) und in

Metz (12. Februar) antreten werde. Ich möchte zusätzlich noch andere Meetings im Ausland laufen.

Sie werden von Sprint-Nationaltr­ainer Arnaud Starck gecoacht. Wie gut klappt die Zusammenar­beit?

Sehr gut. Seit 2014 harmoniere­n wir prächtig. Er investiert eine Menge Zeit und hat immer ein offenes Ohr. Das gefällt mir sehr gut.

Die vergangene­n beiden Sommer waren durchwachs­en. 2020 war ich verletzt. 2021 war auch nicht das Gelbe vom Ei.

Wie lässt sich das zeitintens­ive Training mit Ihrem Studium an der Lunex (Internatio­nal Sports Management) kombiniere­n?

Das klappt ganz gut. Zeitweise ist es stressiger, dann etwas entspannte­r. Ich mache meinen Bachelor. Im Sommer sollte ich fertig sein. In der Trainingsg­estaltung sind Arnaud und ich relativ flexibel. Wir passen das Training an. Es kann auch mal eine Stunde später stattfinde­n. Eine Menge Zeit geht aber für Training drauf, da haben Sie recht (Van der Weken trainierte in den vergangene­n Monaten rund 25 Stunden pro Woche, Anm. der Red.).

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Foto: Christian Kemp Patrizia van der Weken hofft, die Qualifikat­ion zur IndoorWM zu schaffen.

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