Stoppt die verqueren NS-Vergleiche!
Der antisemitische Sumpf blubbert und brodelt weltweit vor sich hin
Politiker von heute, in Demokratien wie unserer, gehören nicht auf eine virtuelle Anklagebank für Verbrechen gegen die Menschlichkeit. Todesurteile oder Freisprüche vor einem fantasierten „Nürnberger Gerichtshof“à la 1945 zu erteilen, ist völlig daneben. Es ist erschütternd, dass Menschen Derartiges überhaupt in Erwägung ziehen.
Statt klare Gesetze zur Verwendung von Vergleichen und Symbolen aus der NS-Zeit zu schaffen, sollte man stattdessen eine intelligente Argumentation dagegensetzen und weitere unerträgliche Vergleiche aufbauen? Nein, das macht alles nur noch schlimmer. Wer kennt schon „en détail“die Nürnberger Rassengesetze (1935), die Nürnberger Prozesse (1945-46) oder den Nürnberger Kodex (1947), ihr Zustandekommen, ihren Inhalt oder gar ihre historische Bedeutung? Entschieden zu wenige.
Die sprachlichen und symbolischen Bezüge auf die qualvollen, tödlichen NS-Zeiten führen in die Irre. Sie sind unangemessen und verharmlosen aufs Erschütterndste den Holocaust und alles, was in der Nazizeit geschah. Wer irgendwie davon ausgeht, dass 2022 eine Schutzimpfung gegen eine Seuche den „medizinischen“Folterexperimenten der Nazis auch nur ähnelt, hat nichts verstanden.
Es ist unerträglich, die Folterforschung der Nazis argumentativ ins Verhältnis zur heutigen Wissenschaft zu setzen, weil es kein Verhältnis, keine Parallelen gibt! Wer wirklich weiß, was Ärzte den „Patienten“damals antaten, kann nicht schreiben, dass die Nazi-Experimente den Opfern keinen „Gewinn“brachten, dass sich die Nazis nicht um die „negativen Wirkungen“auf die Opfer scherten oder dass man nicht wusste, was dabei „herauskommen“würde. Dieser Wirtschaftsberater-Jargon ist zynisch. Er verharmlost das Entsetzlichste, setzt falsche Bezugsrahmen und verzerrt so den Blick auf die Realitäten. NS-Vergleiche funktionieren nicht.
Wir müssen intelligente Antworten finden, die sich auf das Jetzt beziehen, auf die Möglichkeiten, die wir in der Gegenwart haben, die aktuellen Probleme auf der Basis unserer Verfassung, der
Gesetze und respektvoller Kommunikation zu bearbeiten. Weder die Nazi-Zeit noch das Davor oder das unmittelbare Danach sind dafür geeignete Blaupausen, weder historisch noch sprachlich. Lasst es, verbietet es einfach.
Denn der antisemitische Sumpf ist nicht etwa ausgetrocknet, sondern blubbert und brodelt seit damals weltweit vor sich hin, auch bei uns. Die Auswüchse im Zusammenhang mit der Covid-Pandemie sind keine Versehen, sondern geschickt platziert, um den Hass weiter zu füttern. Es ist sehr kompliziert, alles in jedem Einzelfall zu entflechten. Also bleiben nur einfache Regeln, die Leitpfosten in den Boden unserer Debattenkultur rammen, was erlaubt ist und was nicht. Nazi-Symbole und Vergleiche müssen aufs Schärfste geächtet werden. Sie bringen nur weiteres Unheil und lösen die Probleme nicht.
Petra Stober, Gemeinde Rambrouch
Dies ist eine Reaktion zum Leserbrief „Wie soll man auf Unwahrheiten reagieren?“vom 31. Dezember 2021.