Die letzten Zweifler
Die Bewegung der Impf- und Maßnahmengegner hat ihren Aufwind verloren. Nahmen noch vor einigen Wochen 2 000 Personen an einer Kundgebung teil, waren es zuletzt nur noch knapp 100. Es bleibt eine Minderheit einer Minderheit, die an absurde Verschwörungstheorien glaubt und diese verbreitet. Die schwindenden Teilnehmerzahlen bedeuten allerdings nicht, dass Zweifel und Ängste vor der Impfung bei einem bedeutenden Teil der Bevölkerung nun plötzlich verschwunden wären.
Falschinformationen, wie sie die Aktivisten systematisch verbreiten, haben dafür gesorgt, dass viele der mehr als 100 000 ungeimpften Menschen sich mittlerweile in eine Sackgasse manövriert haben, aus der sie nur noch eine allgemeine Impfpflicht führen kann. Die Regierung verschwendet aber trotz steigender Infektionszahlen kostbare Zeit. Eine Diskussion über die Impfpflicht wird zwar heute im Ministerrat geführt. Eine klare Entscheidung hätte es aber bereits vor Wochen gebraucht. Nur eine hohe Impfquote kann den Weg aus der Pandemie ebnen.
Zu lange wurde Impfverweigerern mit Verständnis begegnet. Immer wieder wurde in den vergangenen Monaten darauf verwiesen, dass man Ungeimpften mit Dialog und Informationskampagnen begegnen wolle – mit wenig Erfolg. In der Zwischenzeit konnte die Bewegung der Impf- und Maßnahmengegner an Einfluss bei den schweigenden Zögerern gewinnen. Einer lauten Minderheit von Verschwörungsmystikern ist es am Ende gelungen, bei einem Teil der Bevölkerung die Saat des Zweifels zu säen.
Statt Dialog hätte es bereits früher Druck gebraucht. Die Zahlen belegen, dass strengere Maßnahmen durchaus eine überzeugende Wirkung haben können. So ist in den vergangenen Wochen die Zahl der Erstimpfungen durch die 2G+-Regelung im Freizeitbereich und das für kommende Woche angekündigte 3G-System am Arbeitsplatz deutlich gestiegen. Ein ähnlicher Effekt konnte auch im Oktober bei der flächendeckenden Einführung des CovidCheck-Systems beobachtet werden.
Trotzdem bleibt die Impfquote auf einem unzureichenden Niveau. Dies dürfte daran liegen, dass ein bedeutender Teil der Ungeimpften sich mittlerweile in ihren Ängsten und Zweifeln verrannt hat. Mit leichten Druckmitteln oder aufwendigen Informationskampagnen sind diese Personen längst nicht mehr zu erreichen. Ihre Sorgen und Überzeugungen verhindern, dass sie sich aus eigenem Antrieb für eine Impfung entscheiden. Eine Impfpflicht kann den letzten Zweiflern aber einen legitimen Ausweg bieten. Die Maßnahme nimmt ihnen die Entscheidung einfach ab, ohne dass sie sich einen Irrtum eingestehen müssten.
Die Regierung muss endlich handeln. Die Omikron-Variante lässt die Infektionszahlen in die Höhe schnellen. Zwar zählen zu den Infizierten zahlreiche Geimpfte. Sie sind aber aktuellen Erkenntnissen zufolge sehr gut vor einem schweren Krankheitsverlauf geschützt. Dem größten Risiko sind weiterhin die Ungeimpften ausgesetzt. Und von ihnen gibt es hierzulande zu viele. Ohne Impfpflicht wird der Weg aus der Pandemie weiter versperrt bleiben.
Eine Impfpflicht kann Skeptikern einen Ausweg bieten.
Kontakt: maximilian.richard@wort.lu