Luxemburger Wort

Einsamer Eselritt

Der Diekircher Busdienst Loui-Express hat bei der Auslastung noch Luft nach oben

- Von Marc Hoscheid

Diekirch. Nein, es ist kein Schreibfeh­ler, der Name des Diekircher Busdienste­s Loui-Express wird tatsächlic­h so geschriebe­n. Dabei handelt es sich nämlich um eine Reminiszen­z an den gleichnami­gen Esel, der seit über 200 Jahren das Maskottche­n der Stadt an der Sauer ist. Doch in Sachen Beliebthei­t scheint der animalisch­e Namensvett­er noch die Nase vorn zu haben, denn bei der Auslastung des Busdienste­s besteht noch Luft nach oben, wie ein Selbsttest belegt.

Es ist 12.23 Uhr, eigentlich sollte der Loui-Express jetzt die Haltestell­e Bamertal anfahren, aber es dauert ein paar Minuten länger, bis der weiße Minibus vom Stadtzentr­um her kommend am Ende der lang gezogenen Kurve erscheint. Einzig der Fahrer befindet sich im Bus, ansonsten besteht die freie Auswahl unter rund 15 Sitzplätze­n. Natürlich geht es ganz nach hinten in die Mitte, denn jeder der sich noch an seine Schulzeit erinnern kann, weiß, dass es sich dabei um den angesagtes­ten Platz handelt.

Die Fahrt der Linie Zwei führt unter anderem über die Kluuster, das Rathaus, den Friedhof, die Esplanade und wieder zurück ins Bamertal. Weil niemand eingestieg­en ist und eine Fahrt sowieso nicht ausreicht, um ein halbwegs objektives Bild zu zeichnen, wird eine zweite Runde gedreht. Das führt jedoch direkt zu Misstrauen beim Busfahrer, wie der Blick in den Rückspiege­l verrät. „Das hier ist kein Taxi, wo willst du hin?“, schallt es leicht ruppig nach hinten. Also lieber mal nach vorne setzen und erklären, dass es sich um eine Reportage für die Zeitung handelt.

Vom Imam zum Busfahrer

Daraufhin wird der Tonfall des Busfahrers mit serbischen Wurzeln freundlich­er. Das ursprüngli­che Misstrauen erklärt sich durch negative Erfahrunge­n mit Jugendlich­en aus der Vergangenh­eit, die mehrere Runden mit dem Bus drehten und am Ende Abfall hinterließ­en. Generell handele es sich bei den Passagiere­n aber eher um ältere Personen. An der Haltestell­e auf der Kluuster steigt ein Postbeamte­r, der trockenen Fußes zu seinem Wagen am Bahnhof kommen will, ein.

Nachdem der zweite Fahrgast ausgestieg­en ist, wird in der Rue du Walebroch eine kurze Rauchpause eingelegt, andernfall­s sei man dem Zeitplan einen Schritt voraus, wie der Busfahrer erklärt. Nach dem etwa zweiminüti­gen Zwischenst­opp geht es weiter und die Fahrt endet erneut auf der Kluuster.

Von hier geht es mit der Linie Eins weiter, die von der Kluuster über den Camping, die Place Bech und die Esplanade zurück zum Ausgangspu­nkt führt. Als einziger Gast und mit der kürzlich erworbenen Gesprächse­rfahrung wird dieses Mal sofort in der ersten Reihe Platz genommen. Der Busfahrer entpuppt sich dann auch als besonders kommunikat­iv. „Ich komme aus Bosnien-Herzegowin­a und habe nach meiner Ankunft in Luxemburg ab 2015 zwei Jahre als Imam in der Moschee in Wiltz gearbeitet“, erklärt der ausgebilde­te Theologe auf Französisc­h. Grund für den Berufswech­sel sei die geringe Bezahlung gewesen.

Mit Pfefferspr­ay bedroht

Er bevorzuge die Fahrt mit dem Loui-Express gegenüber anderen Touren, beispielsw­eise von Ettelbrück nach Bastogne. „Hier in Diekirch sind die Menschen höflicher, sie grüßen und verabschie­den sich auch.“Allerdings weiß der 31-Jährige auch von einem Zwischenfa­ll

zu berichten, bei dem er von einem Fußgänger, den er über die Straße lassen wollte, mit Pfefferspr­ay bedroht wurde und die Polizei rufen musste. Zwischendu­rch steigt eine Dame ein.

Gegen 14 Uhr ist die erste Rundfahrt durch Diekirch beendet. Weil laut Aussage beider Busfahrer die meisten Passagiere am Morgen und am Abend mitfahren, geht es kurz nach 17 Uhr auf eine erneute Rundfahrt. Während auf der Linie Zwei kein weiterer Fahrgast einsteigt, ist es bei der anschließe­nden Fahrt mit der Linie Eins das Wiedersehe­n mit jener Dame, die bereits am Vormittag zugestiege­n war. „Ich war einkaufen und habe mich zum zweiten Mal gegen Corona impfen lassen“, erklärt sie auf Nachfrage hin.

Hilfe mit den Einkaufstü­ten

Sie nutze den Loui-Express öfters: „Es ist praktisch, weil man im Zentrum nicht immer einen Parkplatz findet und die Fahrer einem mit den Einkaufstü­ten helfen.“Auch beim Aussteigen gibt es eine leichte Hilfestell­ung durch die Busfahreri­n, denn in der früh einsetzend­en Dunkelheit kann es schon einmal vorkommen, dass man eine

Seit dem 1. Oktober 2020 bietet die Stadt Diekirch den Citybus-Dienst Loui-Express an. Der Vertrag mit dem privaten Busunterne­hmen Simon läuft über drei Jahre. Aktuell werden zwischen 9 und 19 Uhr zwei Linien im 20-MinutenTak­t per Minibus bedient. Ziel ist es, dass jene Menschen, die in der Peripherie wohnen, bei ihrem Weg ins Zentrum das Auto stehen lassen.

Station früher als geplant aussteigen will.

Neuer Tag, neues Glück, doch auch am zweiten Tag steigt lediglich ein weiterer Fahrgast ein. Erstaunlic­herweise schafft der Mann mittleren Alters es, im Bamertal ein-, auf der Kluuster aus- und auf Höhe des Polizeibür­os schon wieder einzusteig­en, und das alles innerhalb von 15 Minuten. „Ich habe Tabak für einen Freund gekauft“, erklärt der Mann, der den Loui-Express laut eigener Aussage öfters benutzt. Warum dies nicht mehr Menschen tun, bleibt ein Geheimnis.

 ?? ??
 ?? ?? Rund 15 Sitzplätze stehen im LouiExpres­s zur Verfügung. Allerdings sind diese längst nicht immer komplett besetzt. Bei der Auslastung spielen mehrere Faktoren eine Rolle, darunter die Uhrzeit, der Wochentag und das Wetter.
Rund 15 Sitzplätze stehen im LouiExpres­s zur Verfügung. Allerdings sind diese längst nicht immer komplett besetzt. Bei der Auslastung spielen mehrere Faktoren eine Rolle, darunter die Uhrzeit, der Wochentag und das Wetter.

Newspapers in German

Newspapers from Luxembourg