„Es wird ja sonst kalt!“
Mehr als zehn Jahre lang habe ich während der Sommermonate in der Bretagne Managerseminare für bekannte Unternehmen veranstaltet. Während unserer abendlichen Mahlzeiten in den kleinen bretonischen Restaurants war mir aufgefallen, dass manche der Teilnehmer das Wort „Manieren“offenbar aus ihrem Wortschatz verbannt hatten. Sie drapierten ihre Windjacken über die Stuhllehne statt sie an die Garderobe zu hängen und begannen sofort zu essen, als ihnen die Teller serviert wurden. Ohne auf die Kollegen zu warten, mampften sie einfach los. „Es wird ja sonst kalt!“Abgesehen davon, dass auch in den kleinen Bistros die einzelnen Gänge gleichzeitig serviert werden, sind die Teller vorgewärmt. So wird nicht alles „gleich kalt“.
Da auch während der Mahlzeiten Handys klingelten und die Seminarteilnehmer lautstark telefonierten, setzte ich am Morgen danach das Thema „Manieren“auf die Tagesordnung. Für die gestandenen Männer, die es in ihrem Beruf
bereits weit gebracht hatten, war in ihrer Kindheit gutes Benehmen weder in der Familie noch in der Schule ein Thema gewesen. Dabei hatte jeder von ihnen bereits erlebt, dass er während des Bewerbungsverfahrens auch zu einem mehrgängigen Essen in ein kultiviertes Restaurant gebeten wurde. Ihre künftigen Arbeitgeber bewerteten dabei sowohl die Tischgespräche wie auch das Konsumieren der Weine und den Gebrauch der Serviette. Das mochten Kleinigkeiten sein, doch ein Arbeitsessen ist nun mal eine wichtige Bühne in den meist konservativ geführten Unternehmen gewesen. Ich kenne einen Vorstandsvorsitzenden, der den Bewerber um eine wichtige Position nach einem Abendessen gebracht hatte, trotz bester Referenzen.
Der Mann, so der Manager, hatte einfach keine Manieren.
Manieren, das Wort steht gleichsam für Anstand, Höflichkeit, Rücksichtnahme, Diskretion, Sittsamkeit, Anteilnahme und Toleranz. Es lohnt sich, im Leben intelligent damit umzugehen.