Alles für eine Fritte
Eigentlich mag ich ja keine Pommes. Sie sind mir zu fettig und oft zu lieblos zubereitet. Für mich gibt es einfach weit schönere Dinge, die man aus Kartoffeln zubereiten kann, als diese nur in heißem Fett zu ertränken. Doch es gibt Ausnahmen. So habe ich nie bessere Pommes gegessen als jene, die mir meine Eltern in meiner Kindheit beim Skiurlaub auf einer Alm im Ötztal spendierten. Viele Jahre später spielten Pommes bei meinen Studien in der belgischen Hauptstadt erstmals wieder eine Rolle: vor der Guindaille – das ist belgisch für studentische Freizeitaktivitäten, bei denen Bierkonsum eine gewisse Rolle spielt – durfte der Américain nie fehlen: Das halbe Baguette mit zwei halbierten
Wind und Wetter konnten die Freude an den Pommes nicht trüben.
Hamburgern unter einem Berg von Fritten und entsprechend viel Soße ermöglichte eine nie zuvor erlebte Trinkfestigkeit und Ausdauer. Aber sowohl am Feiern als auch am Américain verging mir bald die Freude. Jüngst spielten Pommes aber erneut eine Rolle. Ich hatte mir bei einem winterlichen Kurzurlaub an der belgischen Küste in den Kopf gesetzt, mit dem Fahrrad von Oostende nach Blankenberge zu fahren – nur um dort eine kleine Portion Fritten zu essen. Die Hinfahrt, die dank Rückenwind und Sonnenschein recht angenehm war, fiel mir trotz Temperaturen im untersten Plusbereich leicht. In den schattigen und windigen Häuserschluchten von Blankenberge war es dann doch auf einmal sehr kalt. Und eine Frituur in der Sonne konnte ich nirgends finden. Wer aber 28 Kilometer radelt, um Pommes zu essen, der fährt nicht ohne seine Fritte zurück. Jene Pommestüte mit Ketchup, die es dann zwar ohne Sonne, dafür aber windgeschützt gab, war dann auch noch erschreckend gut. Dabei mag ich Pommes ja gar nicht wirklich. Der Rückweg war zwar weit weniger entspannt, denn die Sonne stand inzwischen tief, die Temperaturen lagen unter Null und der mittlerweile stürmische Gegenwind bescherte mir ein sandiges Gesichts-Peeling. Dennoch verging die Zeit wie im Flug, während ich mir Gedanken darüber machte, wo ich denn sonst noch „für eine Fritte“hinradeln könnte. Steve