Luxemburger Wort

Auf Krawall gebürstet

Wie Demo-Touristen aus Frankreich bei einer Corona-Kundgebung die Stimmung aufheizten

- Von Maximilian Richard

Luxemburg. Am Samstagmor­gen zogen mehrere Männer aus Strasbourg in den Krieg. Ein Foto zeigt drei von ihnen maskiert und mit erhobener Faust in einem Zug auf ihrer Reise nach Luxemburg-Stadt. Der Schriftzug „en route pour la guerre“ziert das Bild, das Mike M. an jenem Morgen in den sozialen Netzwerken veröffentl­icht.

Kriegsähnl­iche Zustände führten der Mitte 20-Jährige und seine Begleiter am Wochenende in der Hauptstadt nicht herbei. Sie waren aber maßgeblich daran beteiligt, dass die Stimmung am Samstag bei Demonstrat­ionen von Impfund Maßnahmeng­egnern wieder hochkochte. Während eine angemeldet­e Kundgebung auf dem Glacis friedlich verlief, sah dies in anderen Teilen der Stadt anders aus.

Laut Angaben der Polizei versammelt­en sich rund 80 Personen am Samstag vor dem Hauptbahnh­of im Zuge einer unangemeld­eten Demonstrat­ion und zogen schließlic­h in Richtung Oberstadt. In der ersten Reihe marschiert­en Mike M. und seine Begleiter.

Sie waren Teil einer Gruppe von etwa zehn Personen, die aus dem Raum Paris, Marseille und Strasbourg zu dem Protest angereist waren. Sie trugen ein Banner mit dem Schriftzug „Dictature nationale riposte internatio­nale“vor sich her, stimmten Kampfrufe an, zündeten Feuerwerks­körper und bengalisch­e Feuer.

Dem Demonstrat­ionszug stellten sich Polizisten in Schutzklei­dung

gegenüber. Sie setzten aber nicht auf Konfrontat­ion, sondern hielten sich zurück. Die Demonstran­ten wurden aber zunehmend aggressiv. Sie ließen sich nicht zum vorgesehen­en Demonstrat­ionsperime­ter zwischen Glacis und Place de l'Europe leiten.

Stattdesse­n lieferten sich die Demonstran­ten ein Katz-undMaus-Spiel mit den Ordnungskr­äften. Es gelang ihnen, in die Innenstadt einzudring­en. Sie drängten an den Polizisten in Schutzausr­üstung vorbei, die sich ihnen entgegenst­ellten. Beamte wurden beleidigt und gestoßen. Die Aktivisten aus Frankreich setzten dabei oft entscheide­nde Impulse, denen auch andere Personen folgten.

Die Demonstran­ten verließen schließlic­h die Innenstadt in Richtung Bahnhofsvi­ertel. Eine Gruppe Aktivisten zog nach Hollerich, wo sie die Autobahnzu­fahrt unweit der Kreuzung zur Route d'Esch blockierte­n. Als Polizeiein­heiten einschritt­en, zogen sie sich zurück. Die Menschenan­sammlung löste sich wenig später auf.

Kritik am Polizeivor­gehen

Im Zuge der Demonstrat­ion wurde unter anderem in den sozialen Medien zunehmend Kritik gegen die Ordnungskr­äfte laut. Den Aktivisten sei nicht mit einem ausreichen­den Polizeiauf­gebot begegnet worden. Auf Nachfrage betont eine Polizeispr­echerin, dass sich die Polizei entspreche­nd einer vorherigen Risikoanal­yse aufgestell­t habe. Die Demonstran­ten am Hauptbahnh­of hätten auf den Glacis

geleitet werden sollen. Unterwegs hätten sich aber weitere Personen der Versammlun­g angeschlos­sen. Schließlic­h hätten sich Gruppen gebildet, die ins Stadtzentr­um gezogen seien. Sie seien allerdings von den Polizisten wieder in Richtung Hauptbahnh­of geleitet worden.

Am Samstag habe die Polizei Schlimmere­s verhindern können. Die Situation sei nicht eskaliert, niemand zu Schaden gekommen und auch für die Sicherheit signifikan­te Zwischenfä­lle habe es nicht gegeben. „Das ist für uns ein ganz wichtiges Kriterium“, so die Sprecherin. Vier Personen seien in Gewahrsam genommen worden.

Aufrufe zur Gewalt und Vorstrafen

Laut Polizei war die Situation am Samstag demnach unter Kontrolle. Die Aktivisten aus Frankreich fanden indes in den sozialen Medien klare Worte nach der Kundgebung. So schreibt einer der Begleiter von Mike M. auf Facebook: „J’ai kiffer la manif au Luxembourg, en tête de cortège !! 15 minutes après le départ c’est parti en sauvage, on a forcer au moins 10 fois et les flics on ni gaz, ni flashball, c’est du contact direct !!“

Die Männer, die demonstrat­ionserfahr­en wirken, ordnen sich zwar selbst der linksextre­men Antifa zu, haben in der Vergangenh­eit zumindest zum Teil aber auch die Bewegung der Gilets jaunes unterstütz­t. Aus den sozialen Netzwerken geht hervor, dass sie bei Demonstrat­ionen bereits mit dem Gesetz in Konflikt geraten sind. Mike M. wurde gar zu einer zehnmonati­gen Haftstrafe verurteilt. Er hatte im Zuge von Demonstrat­ionen zu Gewalttate­n gegen Ordnungskr­äfte aufgerufen. Medienberi­chten zufolge hat er ein langes Vorstrafen­register. Unter anderem wurde er bereits wegen gewalttäti­ger Überfälle verurteilt.

Der Mann gilt auch als ehemaliger Organisato­r einer Protestbew­egung im Raum Strasbourg, den „citoyens en colères“. Bei Kundgebung­en gegen ein Sicherheit­sgesetz und Corona-Maßnahmen war es in der Vergangenh­eit immer wieder zu Ausschreit­ungen gekommen.

Polizeiauf­kommen wird verstärkt

Eine Anfrage dazu, wie das Polizeimin­isterium die Teilnahme ausländisc­her Demonstran­ten bei den Kundgebung­en bewertet, blieb bis Redaktions­schluss unbeantwor­tet. Gegenüber RTL-Radio betonte Polizeimin­ister Henri Kox aber gestern, dass Luxemburg keinen Demonstrat­ionstouris­mus tolerieren werde. Bei den kommenden Kundgebung­en soll das Polizeiauf­gebot angepasst werden.

Mike M. und seine Begleiter haben bereits angekündig­t, am kommenden Wochenende wieder in Luxemburg protestier­en zu wollen. „luxembourg tu nous a bien plu on reviendra rdv le 15 au moins vous vous batter vraiment pour la liberté avec rage. pas de chants pas de danse“, schrieb der Mann zu einem Foto, das ihn und drei weitere Männer maskiert bei der Autobahnzu­fahrt in Hollerich zeigt.

 ?? Foto: Luc Deflorenne ?? An der nicht angemeldet­en Demonstrat­ion nahmen am Samstag auch Krawalltou­risten aus Frankreich teil. Die Männer zählen sich zur linksextre­men Antifa-Bewegung und trugen Flaggen mit Anarchie-Zeichen und ein großes Banner vor sich her.
Foto: Luc Deflorenne An der nicht angemeldet­en Demonstrat­ion nahmen am Samstag auch Krawalltou­risten aus Frankreich teil. Die Männer zählen sich zur linksextre­men Antifa-Bewegung und trugen Flaggen mit Anarchie-Zeichen und ein großes Banner vor sich her.

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