Stunde der Wahrheit
Im Prozess um den Mord an Ana Lopes fällt heute das Urteil in zweiter Instanz
Luxemburg. Fast fünf Jahre sind seit dem Tod von Ana Lopes vergangen. Die damals 25-jährige Frau war in der Nacht zum 16. Januar 2017 in Luxemburg-Bonneweg überwältigt und anschließend in ihrem eigenen Wagen ins französische Grenzgebiet gebracht worden. In Roussy-le-Village fand die französische Gendarmerie am 16. Januar 2017 den ausgebrannten Wagen mit der verkohlten Leiche der jungen Frau.
Im Januar vergangenen Jahres war Marco B., der ehemalige Partner des Opfers und Vater eines gemeinsamen Sohnes, in erster Instanz wegen des vorsätzlich geplanten Mordes zu lebenslanger Haft verurteilt worden. Heute fällt das Urteil des Berufungshofes.
Bestätigung gefordert
Zum Abschluss des Prozesses in zweiter Instanz hatte die Vertreterin der Generalstaatsanwaltschaft eine Bestätigung jenes Strafmaßes gefordert, das auch im ersten Verfahren zurückbehalten worden war – also eine lebenslange Freiheitsstrafe.
Der Anklägerin zufolge gebe es keine Zweifel, dass es Marco B. gewesen sei, der die junge Frau in jener Nacht überwältigt und getötet hatte. Sie sprach von einem „äußerst brutalen, schockierend kaltblütigen und minuziös geplanten Verbrechen“. Dieses erkläre sich wohl dadurch, dass Marco B. das Opfer gehasst hatte. Für ihn sei Ana Lopes nämlich ein Hindernis zwischen ihm und seinem Sohn gewesen.
Dass das Vorgehen bis ins kleinste Detail geplant gewesen sei, gehe klar aus der Ermittlungsakte hervor, so die Anklägerin. Dafür spreche zum einen, dass sich der Täter im Vorfeld Kabelbinder, eine Kleberolle und Brennstoff besorgt habe, Material, zu dem er aufgrund seiner Arbeit in der Werkstatt seines Vaters Zugriff hatte. Auch habe er den Leichnam nach dem Angriff in Bonneweg – direkt bei der Wohnadresse der jungen Frau – nicht einfach dort liegenlassen, sondern den leblosen Körper ins Ausland gebracht.
Insbesondere das Klebeband hatte für Diskussionen gesorgt. Die Rolle war in der Nähe des ausgebrannten Wagens gefunden worden und war nicht nur mit Blut des Opfers versehen, sondern auch mit DNS-Spuren eines männlichen Mitglieds aus der Familie des Beschuldigten.
Dass das allerdings auf Marco B. als Täter hindeute, wiesen seine Anwälte ab. Die DNS könne nämlich auch indirekt vom gemeinsamen Sohn übertragen worden sein. Während in erster Instanz ein Experte erklärt hatte, dass ein direkter Kontakt zwischen dem Träger und dem Band wahrscheinlich sei, hatte ein weiterer Gutachter keine der Hypothesen ausschließen wollen.
Angeklagter beteuert Unschuld
Marco B. hatte bis zuletzt die Schuld von sich gewiesen. Er habe die Tatnacht gemeinsam mit seinen Eltern und seiner Schwester zu Hause verbracht, so der Beschuldigte.
Seine Familienmitglieder bestätigten dies. Was den genauen Zeitablauf jener Nacht angeht, widersprachen sich die Aussagen jedoch. Zudem stimmten sie nicht mit objektiven Elementen der Ermittlungen überein. Als Marco B. seiner Familie zufolge bereits zu Hause gewesen sein soll, wurde er so etwa noch von Überwachungskameras am Steuer seines Wagens gesehen.
Die Anklägerin bezeichnete Marco B. denn auch als „einen Lügner“. Und betonte: „Die Wahrheit ist zwar schwer zu ertragen, sie erzählt sich aber einfach. Wenn man hingegen eine Version erfindet, wird es schwieriger.“