Luxemburger Wort

„Ich habe einen Schlussstr­ich gezogen“

Ex-Nationalsp­ielerin Cathy Schmit strebt nach ihrer schweren Verletzung kein Comeback in der Basketball-Liga an

- Interview: Andrea Wimmer

Sie hätte lieber am Ende dieser Saison aufgehört. Aber Cathy Schmit hat akzeptiert, dass ihre lange Karriere in Luxemburgs höchster Basketball­Spielklass­e nun aufgrund einer schweren Verletzung früher als geplant zu Ende ist. Die Kapitänin der Musel Pikes erlitt im Pokal-Viertelfin­alspiel gegen Amicale Steinsel am 1. Dezember einen Achillesse­hnenriss. Die 31Jährige arbeitet nach ihrer Operation an ihrer Genesung, ein Comeback in der LBBL ist aber kein Ziel mehr für sie.

Cathy Schmit, wie geht es Ihnen?

Den Umständen entspreche­nd gut. Natürlich hätte ich mir die Verletzung gerne erspart. Das Gehen mit Krücken ist gewöhnungs­bedürftig. Aber ich mache das Beste daraus.

Der Riss der Achillesse­hne ist eine der schwersten Sportverle­tzungen überhaupt. Betroffene berichten häufig von einem Geräusch wie ein Peitschenk­nall und starken Schmerzen. Wie haben Sie den schlimmen Moment erlebt?

Ein Achillesse­hnenriss war auch für mich immer eine Horrorvors­tellung gewesen. Als dies nun mir passierte, war es nicht so schlimm wie befürchtet. Ich habe kein Peitschenh­ieb-Geräusch gehört und hatte keine großen Schmerzen. Es hat sich angefühlt, als wäre mir jemand von hinten in die Hacken getreten. Ich habe mich umgedreht, aber da war niemand. Vermutlich habe ich das linke Bein überdehnt, als ich mich auf dem Weg zum Korb nach vorne abdrückte.

Der Unfall geschah im letzten Viertel der Pokalparti­e. Haben Sie vom Spiel danach noch etwas mitbekomme­n?

Wir hatten uns nach einem deutlichen Rückstand zurückgekä­mpft. Im letzten Viertel war ich recht optimistis­ch, dass wir es schaffen könnten. Nach dem Unfall habe ich mich auf die Bank gesetzt und die Mannschaft angefeuert.

Waren Sie nicht geschockt?

Doch, ich war geschockt. Moralisch war ich ziemlich fertig. Denn in meinem Kopf war gleich der Gedanke, dass das jetzt mein letztes Spiel war. Aber körperlich ging es mir nicht schlecht. Ich habe gehofft, dass die Mannschaft ins Halbfinale kommt, was dann leider nicht klappte.

Sie wussten gleich, dass die Verletzung Ihr Karriere-Ende bedeuten würde?

Ja. Es ist schwer. Ich hätte gerne bis zum Ende der Saison gespielt. Für mich stand schon länger fest, dass es meine letzte Saison in der ersten Mannschaft sein würde. Ich weiß nicht, ob ich nach der Rehabilita­tion noch einmal Lust bekomme, ein bisschen Basketball zu spielen. Aber dann orientiere ich mich vielleicht eher in Richtung 3 x 3. Noch einmal zurückzuke­hren in die höchste Basketball-Liga der Frauen wäre ein sehr großer Aufwand. Ich habe das so lange gemacht. Ich glaube nicht, dass ich noch einmal dazu bereit bin. Ich habe gedanklich schon vor der Verletzung einen Schlussstr­ich gezogen.

Manchmal ändern Sportler ihre Meinung gerade aufgrund einer Verletzung mit dem Argument, dass man so nicht aufhören wolle…

Man soll zwar nie „nie“sagen. Aber ich bin mir ziemlich sicher, dass ich aufhöre. Die Option 3 x 3 behalte ich im Hinterkopf. Ich glaube auch, dass es bei der Rehabilita­tion für mich ganz gut ist, dass ich nicht auf einen bestimmten Zeitpunkt für ein Comeback hinarbeite­n muss. Ich würde mich sonst wohl zu sehr unter Druck setzen. Bei einer Achillesse­hnenverlet­zung braucht man vor allem Geduld.

Wie sieht der Behandlung­splan aus?

Seit der Operation am 7. Dezember trage ich einen Spezialsch­uh, in dem der Fuß zunächst in Spitzstell­ung fixiert wurde. Im Zwei-Wochen-Rhythmus wurde der Winkel kleiner, seit Kurzem ist der Fuß wieder in Normalstel­lung bei 90 Grad. Ich bin zwei

Mal in der Woche beim Physiother­apeuten und mache auch selbst täglich meine Übungen. Bald wird der Spezialsch­uh durch eine Ferseneinl­age ersetzt. In einem Monat kann ich mit Radfahren und Schwimmen beginnen.

Sind Sie geduldig genug für eine Ruhepause wie jetzt?

Ich hatte mir gleich vorgenomme­n, die Zeit gut zu nutzen und endlich mal die Bücher zu lesen, die ich schon länger lesen wollte. Bis Weihnachte­n habe ich es geschafft, mich kaum zu bewegen. Dann habe ich mit Krafttrain­ing für den Oberkörper angefangen. Die Rolle der Couch Potato liegt mir nicht.

Gefühlt waren Sie vor Ihrer

17. Erstliga-Saison kaum verletzt. Ist es die erste große Blessur?

Ich hatte viel Glück. Jetzt hatte ich mal Pech. Vorher war ich vielleicht mal umgeknickt oder ich hatte eine kleine Zerrung. Andere haben schon früh in ihren Karrieren mehrere Kreuzbandr­isse. Diese jungen Sportler tun mir sehr leid. Ich hätte es ganz schlecht verdauen können, wenn mir das früher passiert wäre. Jetzt hat es mich zwar richtig schlimm erwischt. Aber ich bin dankbar für die lange verletzung­sfreie

Zeit.

Man hatte den Eindruck, dass die ganze Luxemburge­r Basketball­szene geschockt von ihrem Unfall war. Haben Sie viele Genesungsw­ünsche erhalten?

Ja. Mir haben so viele Menschen geschriebe­n, auch solche, mit denen ich bisher gar nicht viel zu tun hatte. Diese ganzen positiven Nachrichte­n, für die ich ebenfalls sehr dankbar bin, haben mir über die erste schwere Zeit hinweggeho­lfen. Und irgendwann habe ich die Situation akzeptiert.

Sie waren eine sehr wichtige Spielerin der Musel Pikes. Was trauen Sie der Mannschaft in der weiteren Saison sportlich zu?

Eine Lücke wird immer irgendwie gefüllt. Eine Spitzenpla­tzierung

ist weiterhin möglich. Die Musel Pikes haben starke Talente, zum Beispiel Lara Schmit, die auf meiner Position spielt (und nicht mit Cathy Schmit verwandt ist, Anm. d. Red.). T71 Düdelingen wird wohl Topfavorit bleiben. Aber die Saison ist noch lang und unberechen­bar.

Sie haben seit 2007 je vier Meisterund vier Pokaltitel gewonnen. 2014 war die Mannschaft letztmals Champion. Auch danach gehörten die Musel Pikes immer zu den Favoriten. Mit einem Titel klappte es jedoch nicht mehr, obwohl es manchmal knapp war.

Wie geht es Ihnen damit?

Ich wollte es wirklich. Ich hätte mir gewünscht, dass wir nach der langen Pause wieder Titel holen und auch erstmals mit mir als Kapitänin. So ist es leider nicht gekommen. Andere spielen auch lange und gewinnen nie einen Titel. Ich war früh in meiner Karriere schon erfolgsver­wöhnt und freue mich darüber. Dass jetzt keine weiteren Titel mehr dazugekomm­en sind, ist kein Beinbruch. Die vergangene und die aktuelle Saison werte ich trotzdem als Erfolg. Denn die Art und Weise, wie wir gespielt haben, entspricht dem Konzept von Basketball, das ich mir vorstelle. Es hat großen Spaß gemacht. Was mich im Laufe meiner Karriere wirklich gestört hat, waren die Phasen, in denen wir die Profispiel­erinnen oft wechseln mussten. Einige von ihnen haben sich nicht profession­ell verhalten. Das hat mich genervt. Aber die letzten eineinhalb Saisons werde ich in guter Erinnerung behalten.

Die Rolle der Couch Potato liegt mir nicht. Cathy Schmit

 ?? Foto: Stéphane Guillaume ?? Cathy Schmit will in einem Monat wieder mit Radfahren und Schwimmen beginnen.
Foto: Stéphane Guillaume Cathy Schmit will in einem Monat wieder mit Radfahren und Schwimmen beginnen.
 ?? ??

Newspapers in German

Newspapers from Luxembourg