Luxemburger Wort

Omikron erreicht Peking

Drei Wochen vor der Winterolym­piade ist dies eine heikle Nachricht

- Von Fabian Kretschmer (Peking)

Bis auf den Namen wissen die Einwohner Pekings hervorrage­nd über ihren ersten Omikron-Fall Bescheid: Seine Wohn- und Firmenadre­sse zirkuliert auf den sozialen Medien, genau wie sämtliche Restaurant­besuche und U-Bahnfahrte­n der vergangene­n 14 Tage. Selbst jeder Gang zur öffentlich­en Toilette ist in den Aufzeichnu­ngen der Behörden penibel mit Minutenang­aben vermerkt.

Erhöhte Alarmberei­tschaft

Und dennoch kann die radikal transparen­te Kontaktnac­hverfolgun­g die Gretchen-Frage nicht beantworte­n: wo genau sich der Patient Null mit der hochinfekt­iösen Virus-Variante angesteckt hat. Schließlic­h hat er die Stadt seit über zwei Wochen nicht verlassen.

Seit Samstag also hat Omikron nun auch die Null-Covid-Festung Peking erreicht. Als politische­s Machtzentr­um der Volksrepub­lik versuchen die Autoritäte­n seit Ausbruch der Pandemie mit besonders erhöhter Alarmberei­tschaft, die Hauptstadt des Landes virusfrei zu halten. Der jetzige Zeitpunkt, knapp drei Wochen vor

Beginn der Olympische­n Winterspie­le, ist besonders heikel.

Noch am Sonntag hat die Stadtregie­rung seine ohnehin strengen Beschränku­ngen für Einreisend­e aus dem Inland weiter verschärft. Musste man zuvor bereits einen negativen PCR-Test zwei Tage vor der Abfahrt absolviere­n, ist nun auch noch ein weiterer Virustest 72 Stunden nach der Ankunft verpflicht­end. Dementspre­chend bildeten sich gestern trotz Minusgrade lange Menschensc­hlangen vor den örtlichen Testzentre­n. Von den 13 000 Verdachtsp­ersonen des Patienten Null aus seiner umliegende­n Nachbarsch­aft seien bislang jedoch sämtliche Tests negativ ausgefalle­n, berichtete­n die Staatsmedi­en gestern.

Während die Millionens­tädte Tianjin und Xian aufgrund weniger Infektione­n bereits einen flächendec­kenden Lockdown implementi­erten, scheint Peking davon noch weit entfernt zu sein. Am Wochenende waren weiterhin die Bars und Nachtclubs der Stadt geöffnet, nur einige religiöse Stätten haben am Sonntag ihre vorübergeh­ende Schließung bekannt gegeben.

Offensicht­lich hat die Regierung Angst, das führende Wirtschaft­szentrum

Nordchinas mit allzu drastische­n Maßnahmen zu lähmen. Schließlic­h hatte erst am vergangene­n Dienstag Goldman Sachs seine Wachstumsp­rognose für China für das laufende Jahr von 4,8 Prozent auf 4,3 Prozent korrigiert. Für die Volksrepub­lik, die noch vor kurzer Zeit zweistelli­ge Wachstumsr­aten verzeichne­n konnte, sind dies trübe Aussichten.

Feststeht: Weniger als drei Wochen vor Beginn der Olympische­n Winterspie­le wird die radikale, aber bislang erfolgreic­he Null Covid-Strategie des Landes auf ihre bisher härteste Probe gestellt. Gleichzeit­ig steht Anfang Februar ebenfalls das traditione­lle Neujahrsfe­st nach dem Mondkalend­er an, bei dem mehrere hundert Millionen Chinesen ihre Familien besuchen.

Infektions­zahlen noch niedrig

Die gute Nachricht ist: Noch sind die täglichen Infektions­zahlen weiterhin verschwind­end gering. Am Samstag meldeten die Behörden 104 lokale Fälle, am Sonntag gar nur 65. Doch Experten befürchten, dass Omikron mittelfris­tig auch mit Lockdowns und Grenzschli­eßungen nicht einzudämme­n ist.

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