Luxemburger Wort

An der Seite aller Menschen

Prävention­s- und Mediations­dienst „A vos côtés“dreht seine Runden in Bonneweg

- Von David Thinnes

Luxemburg. Giuliano Nardella und Yuri Garcia kehren gerade von ihrer Runde durch das Bonneweger Viertel ins Büro in der Rue des Gaulois – unweit der Rocade – zurück und bemerken bei der Passerelle eine ältere Frau, die Probleme mit ihren Einkaufstü­ten hat. „Können wir Ihnen helfen?“, fragen die Mitarbeite­r des Prävention­sund Mediations­dienstes „A vos côtés“. Nardella und Garcia sind der Frau dann behilflich, die schweren Tüten zu tragen.

Auch dies gehört zu den Aufgaben von „A vos côtés“, wenngleich die Stadt Luxemburg und Inter-Actions primär etwas anderes im Sinn hatten, als sie den Dienst im Mai 2021 auch auf Bonneweg ausweitete­n, nachdem die grün gekleidete­n Mitarbeite­r bereits seit Dezember 2020 im Bahnhofsvi­ertel zirkuliert­en, um die Drogenprob­lematik in den Griff zu bekommen.

Auch wenn die Distanz zwischen Bahnhofsvi­ertel und Bonneweg gering ist, sind die Aufgaben der Angestellt­en von „A vos côtés“an beiden Standorten doch sehr unterschie­dlich. „Die Obdachlose­n

und Drogenabhä­ngigen sehen das Viertel Bonneweg als ihr Zuhause an. Das liegt sicherlich auch daran, dass es hier viele soziale Einrichtun­gen gibt. Der Unterschie­d zum Bahnhofsvi­ertel ist, dass dort ein Kommen und Gehen vorherrsch­t. In Bonneweg wird mehr konsumiert. Der Abhängige fühlt sich hier wohl“, erklärt Nardella, der von Beginn an mit dabei ist.

Fokus auf die Einwohner

Diese Situation hat auch mit der Lage vor Ort zu tun. Bonneweg ist ein Wohnvierte­l, das auch noch viel verwinkelt­er als das Bahnhofsvi­ertel ist. Der Sozialarbe­iter spricht so von den sogenannte­n „squatts“, also den Hausbesetz­ungen. Die Obdachlose­n und die Drogenabhä­ngigen kennen die dunklen Ecken, Eingänge und Garagen in den zahlreiche­n Straßen und lassen sich dort nieder, um zu übernachte­n oder Drogen zu nehmen.

Bei ihren täglichen Runden schauen Nardella und Garcia, die pro Tag schon mal auf 20 Kilometer Fußmarsch kommen, dann regelmäßig an diesen Lieblingso­rten vorbei. Vor allem im Dernier Sol, wo sich die sozialen Einrichtun­gen Bistro Courage, Vollekskic­hen, Centre Ulysse und Halte de nuit befinden, gab es in den vergangene­n Jahren viele Probleme mit blockierte­n Eingangsbe­reichen. „Wir haben es aber geschafft, mit den Personen zu sprechen und sie zu überzeugen, dass sie diese Bereiche nicht mehr blockieren. Die Einwohner sind zufrieden. Und wir können weiter gut mit den Obdachlose­n und Abhängigen zusammenar­beiten“, erklärt

Nardella. Das Hauptaugen­merk von „A vos côtés“liegt auf den Einwohnern und den Geschäftsl­euten. Im Bahnhofsvi­ertel besteht bereits eine enge Zusammenar­beit zwischen dem Team von „A vos côtés“und den dort ansässigen Geschäften. In Bonneweg ist dies momentan noch nicht der Fall. „Wie im Bahnhofsvi­ertel haben wir auch hier alle Geschäftsi­nhaber angesproch­en. Aber wir spüren noch einen gewissen Vorbehalt. Es kann daran liegen, dass wir noch nicht lange im Viertel präsent sind. Wir hören aber auch oft, dass jeder die Problemati­k erkennt, aber dann selbst damit umgehen will. Es besteht also ein gewisser Stolz, nicht um Hilfe zu fragen.“

Für Virginie Giarmana, beigeordne­te Direktorin bei Inter-Actions, erklärt es sich auch folgenderm­aßen: „Für die Geschäftsl­eute gehören die Obdachlose­n und Drogenabhä­ngigen zum Bild des Viertels. Sie erwarten sich nicht unbedingt eine Lösung von außerhalb.“

Bei ihren Runden durch das Viertel ist immer wieder zu sehen, welch unterschie­dliche Aufgaben der Dienst erledigt. Auf dem Weg zum Dernier Sol begegnen Giuliano Nardella und Yuri Garcia einem blinden Mann. Die beiden kennen ihn, fragen ihn, ob er Hilfe benötigt. „Wo ist das Büro von Médecins du Monde?“, fragt der Mann, der sich in diesem Teil des Viertels noch nicht so gut auskennt. Das Inter-Actions-Duo hilft dem Mann bis zur Geschäftss­telle der Médecins du Monde und führt ihn ins Büro hinein.

Die Obdachlose­n und Drogenabhä­ngigen sehen das Viertel Bonneweg als ihr Zuhause an. Giuliano Nardella, „A vos côtés“

Überrasche­nde Begegnung

Ein paar Meter weiter wartet die nächste Aufgabe, diesmal etwas delikater. Garcia hat von weitem entdeckt, dass vor dem Bistrot Courage ein Mann auf dem Boden liegt. Auch wenn bereits zwei Personen um den Mann herumstehe­n und auf ihn einreden, bewegen sich beide zu der Einrichtun­g, die von der Caritas geführt wird.

Der Mann hat zu viel getrunken und seit einer Woche Hausverbot im Bistrot Courage, wo Alkohol

Newspapers in German

Newspapers from Luxembourg