An der Seite aller Menschen
Präventions- und Mediationsdienst „A vos côtés“dreht seine Runden in Bonneweg
Luxemburg. Giuliano Nardella und Yuri Garcia kehren gerade von ihrer Runde durch das Bonneweger Viertel ins Büro in der Rue des Gaulois – unweit der Rocade – zurück und bemerken bei der Passerelle eine ältere Frau, die Probleme mit ihren Einkaufstüten hat. „Können wir Ihnen helfen?“, fragen die Mitarbeiter des Präventionsund Mediationsdienstes „A vos côtés“. Nardella und Garcia sind der Frau dann behilflich, die schweren Tüten zu tragen.
Auch dies gehört zu den Aufgaben von „A vos côtés“, wenngleich die Stadt Luxemburg und Inter-Actions primär etwas anderes im Sinn hatten, als sie den Dienst im Mai 2021 auch auf Bonneweg ausweiteten, nachdem die grün gekleideten Mitarbeiter bereits seit Dezember 2020 im Bahnhofsviertel zirkulierten, um die Drogenproblematik in den Griff zu bekommen.
Auch wenn die Distanz zwischen Bahnhofsviertel und Bonneweg gering ist, sind die Aufgaben der Angestellten von „A vos côtés“an beiden Standorten doch sehr unterschiedlich. „Die Obdachlosen
und Drogenabhängigen sehen das Viertel Bonneweg als ihr Zuhause an. Das liegt sicherlich auch daran, dass es hier viele soziale Einrichtungen gibt. Der Unterschied zum Bahnhofsviertel ist, dass dort ein Kommen und Gehen vorherrscht. In Bonneweg wird mehr konsumiert. Der Abhängige fühlt sich hier wohl“, erklärt Nardella, der von Beginn an mit dabei ist.
Fokus auf die Einwohner
Diese Situation hat auch mit der Lage vor Ort zu tun. Bonneweg ist ein Wohnviertel, das auch noch viel verwinkelter als das Bahnhofsviertel ist. Der Sozialarbeiter spricht so von den sogenannten „squatts“, also den Hausbesetzungen. Die Obdachlosen und die Drogenabhängigen kennen die dunklen Ecken, Eingänge und Garagen in den zahlreichen Straßen und lassen sich dort nieder, um zu übernachten oder Drogen zu nehmen.
Bei ihren täglichen Runden schauen Nardella und Garcia, die pro Tag schon mal auf 20 Kilometer Fußmarsch kommen, dann regelmäßig an diesen Lieblingsorten vorbei. Vor allem im Dernier Sol, wo sich die sozialen Einrichtungen Bistro Courage, Vollekskichen, Centre Ulysse und Halte de nuit befinden, gab es in den vergangenen Jahren viele Probleme mit blockierten Eingangsbereichen. „Wir haben es aber geschafft, mit den Personen zu sprechen und sie zu überzeugen, dass sie diese Bereiche nicht mehr blockieren. Die Einwohner sind zufrieden. Und wir können weiter gut mit den Obdachlosen und Abhängigen zusammenarbeiten“, erklärt
Nardella. Das Hauptaugenmerk von „A vos côtés“liegt auf den Einwohnern und den Geschäftsleuten. Im Bahnhofsviertel besteht bereits eine enge Zusammenarbeit zwischen dem Team von „A vos côtés“und den dort ansässigen Geschäften. In Bonneweg ist dies momentan noch nicht der Fall. „Wie im Bahnhofsviertel haben wir auch hier alle Geschäftsinhaber angesprochen. Aber wir spüren noch einen gewissen Vorbehalt. Es kann daran liegen, dass wir noch nicht lange im Viertel präsent sind. Wir hören aber auch oft, dass jeder die Problematik erkennt, aber dann selbst damit umgehen will. Es besteht also ein gewisser Stolz, nicht um Hilfe zu fragen.“
Für Virginie Giarmana, beigeordnete Direktorin bei Inter-Actions, erklärt es sich auch folgendermaßen: „Für die Geschäftsleute gehören die Obdachlosen und Drogenabhängigen zum Bild des Viertels. Sie erwarten sich nicht unbedingt eine Lösung von außerhalb.“
Bei ihren Runden durch das Viertel ist immer wieder zu sehen, welch unterschiedliche Aufgaben der Dienst erledigt. Auf dem Weg zum Dernier Sol begegnen Giuliano Nardella und Yuri Garcia einem blinden Mann. Die beiden kennen ihn, fragen ihn, ob er Hilfe benötigt. „Wo ist das Büro von Médecins du Monde?“, fragt der Mann, der sich in diesem Teil des Viertels noch nicht so gut auskennt. Das Inter-Actions-Duo hilft dem Mann bis zur Geschäftsstelle der Médecins du Monde und führt ihn ins Büro hinein.
Die Obdachlosen und Drogenabhängigen sehen das Viertel Bonneweg als ihr Zuhause an. Giuliano Nardella, „A vos côtés“
Überraschende Begegnung
Ein paar Meter weiter wartet die nächste Aufgabe, diesmal etwas delikater. Garcia hat von weitem entdeckt, dass vor dem Bistrot Courage ein Mann auf dem Boden liegt. Auch wenn bereits zwei Personen um den Mann herumstehen und auf ihn einreden, bewegen sich beide zu der Einrichtung, die von der Caritas geführt wird.
Der Mann hat zu viel getrunken und seit einer Woche Hausverbot im Bistrot Courage, wo Alkohol