Luxemburger Wort

Entsorgung statt Erhalt

Ettelbrück­er Bahnhofsge­bäude wird nicht in neues Eisenbahnm­useum integriert – Pläne in Petingen schreiten indes voran

- Von Marc Hoscheid

Ettelbrück/Petingen. Die letzten Tage des Ettelbrück­er Bahnhofgeb­äudes sind gezählt, aller Voraussich­t nach werden im Februar die Bagger anrollen und das 1862 offiziell eingeweiht­e Bauwerk dem Erdboden gleichmach­en. Ein letzter Versuch des Ettelbrück­er Bürgermeis­ters Jean-Paul Schaaf (CSV), den Bahnhof zumindest teilweise an einem anderen Standort wieder neu aufzubauen, dürfte nicht von Erfolg gekrönt sein.

Schaaf hatte sich in einer parlamenta­rischen Frage bei Mobilitäts­minister François Bausch und Kulturmini­sterin Sam Tanson (beide Déi Gréng) über die Möglichkei­t erkundigt, wesentlich­e Teile des Bahnhofsge­bäudes entweder in das neue Projekt in Ettelbrück zu integriere­n oder es an einem anderen Ort wiederzuer­richten.

In ihrer Antwort erklären die Minister, dass die verschiede­nen Baumateria­lien wie beispielsw­eise Holz, Metall und Steine getrennt voneinande­r abgetragen und später entsorgt werden. Im Gesetz von 2014 zur Realisieru­ng eines neuen Bahnhofs in Ettelbrück sind Abrisskost­en von 100 000 Euro festgeschr­ieben. Diese dürften aber wohl höher ausfallen.

Aktueller Bahnhof behindert Entwicklun­g des Schienenve­rkehrs

Der Erhalt eines Bahnhofsge­bäudes könne könne zwar einen Mehrwert darstellen, allerdings behindere das bestehende Gebäude in Ettelbrück die angestrebt­e Weiterentw­icklung des luxemburgi­schen Schienenve­rkehrs, weil ansonsten die dringend benötigte Untertunne­lung der N 7 nicht möglich sei. Das neue Gebäude solle modern und attraktiv gestaltet werden sowie unter anderem ein den aktuellen Ansprüchen entspreche­ndes Polizeikom­missariat beherberge­n.

Es sei jedoch geplant, die tragende Struktur der Markise, die einen Teil des Bahnsteigs überdacht, vorsichtig abzubauen und auf dem Gelände des Train 1900 in Petingen einer neuen Bestimmung zuzuführen.

Die Ortschaft im Süden Luxemburgs und die Eisenbahn verbindet eine langjährig­e gemeinsame Geschichte. Deswegen ist es wenig überrasche­nd, dass derzeit konkrete Pläne für den Bau eines nationalen Eisenbahnm­useums in Petingen auf dem Tisch liegen.

„Wir haben Gespräche mit einer Privatpers­on geführt und sind uns grundsätzl­ich darüber einig, dass wir als Gemeinde in der Nähe des Petinger Bahnhofs ein Grundstück von etwa 0,7 Hektar kaufen, damit die Denkmalsch­utzbehörde Sites et monuments dort ein Eisenbahnm­useum einrichten kann, erklärt der Petinger Bürgermeis­ter Pierre Mellina (CSV) auf Nachfrage hin. Der Standort, der direkt an ein ähnlich großes Grundstück, das der Gemeinde bereits gehört, grenzt, habe den Vorteil, dass er über einen direkten Zugang zu den Gleisen des Fond-de-Gras verfüge.

Auf dem etwa drei bis vier Kilometer langen Gleisabsch­nitt gelten nicht dieselben strengen Sicherheit­sbestimmun­gen wie auf den von der CFL betriebene­n öffentlich­en Linien. Das erleichter­e den Transport des historisch­en Rollmateri­als.

Der Ball liegt im Feld des Kulturmini­steriums

Auf den Vorschlag von Schaaf, Teile des aktuellen Ettelbrück­er Bahnhofsge­bäudes in das Museumspro­jekt in Petingen zu integriere­n, angesproch­en, zeigt sich Mellina grundsätzl­ich offen. Er macht aber auch klar, dass es sich dabei für ihn nicht um ein Ausschluss­kriterium handele. Am wichtigste­n sei, dass überhaupt ein Museum gebaut wird.

Laut Mellina hat sich die Gemeinde auf Anraten des Kulturmini­steriums eine Kaufoption über drei Jahre gesichert. Der Preis liege bei etwas über einer Million Euro. „Jetzt muss im Ministeriu­m entscheide­n werden, ob man ein Museum will, oder nicht. Falls nicht, ist das Projekt tot.“

Bis Redaktions­schluss lag noch keine Antwort vom Kulturmini­sterium auf die Frage nach einem möglichen Eisenbahnm­useum vor. Die Generaldir­ektion für Tourismus teilt derweil mit, dass man bislang noch nicht mit einem solchen Dossier beauftragt wurde, es aber gegebenenf­alls prüfen werde.

Was war Ihr größtes Projekt als Bürgermeis­terin?

Das war ohne Zweifel das Wohngebiet JongMëtt, bei dem 2006 alles mit dem Architekte­nwettbewer­b begann. Jetzt, 15 Jahre später, sind wir noch nicht fertig, denn der obere Teil fehlt noch.

Dann haben Sie den Neubau Op Fréinen für den Unterricht der Musikschul­e angestoßen. Tut es Ihnen leid, dass Sie das Projekt nicht zu Ende führen können?

Das Bauvorhabe­n für Musikschul­e und Bëschcrèch­e läuft bereits. Es ist aber immer so, dass man irgendwann aufhören muss, selbst wenn man 50 Jahre in der Politik ist.

Sie sind begeistert­e Tierfreund­in und halten Hühner in Ihrem Garten. Für die Tiere haben dann jetzt mehr Zeit, nicht?

Ja. Im Sommer vor allem für meine Bienenvölk­er, denn seit sechs Jahren bin ich passionier­te Imkerin.

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Foto: M. Hoscheid Sowohl die Wartehalle als auch die Bäckerei und das Café des alten Ettelbrück­er Bahnhofs sind schon länger geschlosse­n. Seit Oktober 2021 steht Passagiere­n ein Containerp­rovisorium zur Verfügung.
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