Luxemburger Wort

„Ich kehre zurück zu meinen Wurzeln“

Ex-Ministerin und Ex-Bürgermeis­terin Françoise Hetto-Gaasch widmet sich der Arbeit mit Kindern – und ihren Tieren

- Interview: Volker Bingenheim­er

Zum Jahreswech­sel hat Françoise Hetto-Gaasch nach über 20 Jahren ihre Karriere als CSV-Politikeri­n an den Nagel gehängt und ist als Abgeordnet­e sowie als Schöffin der Gemeinde Junglinste­r zurückgetr­eten. Dem LW erzählt die frühere RTL-Moderatori­n, ehemalige Ministerin und Tierfreund­in, was sie zu diesem Schritt bewogen hat. Die 61-Jährige verrät außerdem etwas über ihre neuen berufliche­n Ziele, denn Ruhestand kommt für die ausgebilde­te Erzieherin noch nicht in Frage.

Françoise Hetto-Gaasch, in anderthalb Jahren sind die Chamberund Gemeindewa­hlen. Warum haben Sie sich entschiede­n, vor dem Ende Ihres Mandats aufzuhören?

Ich wusste von Anfang an, dass ich nicht mehr kandidiere­n wollte. Durch die zwei Rücktritte wollte ich anderen Politikern sowohl im Gemeindera­t als auch in der Chamber die Chance geben, nachzurück­en und sich mit der Materie vertraut zu machen. Darüber hinaus ist es für uns als Opposition­spartei die einzige Chance sich zu erneuern, wenn die, die am Ruder sind, aufhören.

Und warum gerade jetzt?

Ich fand es einen guten Zeitpunkt, weil die Nachfolger jetzt noch Zeit haben, sich einzuarbei­ten. Ich habe aber auch persönlich­e Pläne für die Zukunft ...

Was haben Sie vor?

Ich beginne jetzt bald mein Praktikum im Grundschul­bereich. Danach möchte ich gerne Schulkinde­r betreuen, die Nachhilfe brauchen und mit ihnen Lerninhalt­e vertiefen. Gerne würde ich auch mit Flüchtling­skindern arbeiten. Ich kehre also zurück zu meinen berufliche­n Wurzeln.

Dann haben Sie nach dem Rückzug aus der Politik also jetzt den Kopf frei für Ihre neuen Ziele...

Ja. Ich kann schließlic­h nicht herumsitze­n und nichts tun (lacht).

In jungen Jahren waren Sie beim Luxemburge­r Roten Kreuz tätig, haben dann als Moderatori­n bei RTL Radio und Tële Lëtzebuerg gearbeitet. Sind Sie als Journalist­in auf den Geschmack an der Politik gekommen?

Von Anfang an hing mein Herz an der Familienpo­litik. Ich kann mich erinnern, als meine Kinder noch klein waren, hatte die Rue Rham hier in der Nachbarsch­aft ganz schmale Bürgerstei­ge, so dass man nicht mit einem Kinderwage­n darauf fahren konnte. Da sagte ich mir, wenn ich in der Gemeindepo­litik etwas bewirken kann, werde ich als erstes die Bürgerstei­ge verbreiter­n. Und siehe da: Heute sind sie breit genug.

1999 sind Sie in Junglinste­r erstmals zu den Wahlen angetreten und wurden direkt Schöffin. 2005 hätte es als Erstgewähl­te der CSV für den Bürgermeis­terposten gereicht. Warum haben Sie verzichtet?

Wir kamen ja in Junglinste­r aus der Opposition. Ich hatte also keine Erfahrung, wie man eine Gemeinde führt. Ich wollte deshalb nicht mit zwei Füßen hineinspri­ngen. Deshalb habe ich das Schöffenam­t für zwei Jahre angetreten, um von Bürgermeis­ter Denis Dimmer zu lernen, und erst danach das Amt zu übernehmen. Heute kann ich sagen, dass ich das nicht bereut habe.

In den Jahren nach 2004 hat sich Ihre Karriere enorm beschleuni­gt. Sie wurden Abgeordnet­e, kurz danach Bürgermeis­terin, dann 2009 Ministerin. Kam das alles vielleicht zu schnell hintereina­nder?

Vielleicht. Als ich zwei Jahre Erfahrung als Bürgermeis­terin hatte, hat mich Premier JeanClaude Juncker gefragt, ob ich Ministerin werden wollte. Das ist mir zu dem Moment wirklich schwer gefallen.

Wirklich? Für viele Politiker ist das doch das Ziel ihrer Träume.

Für mich war es das nicht. Ich habe mich als Bürgermeis­terin sehr wohl gefühlt. Ich weiß noch, als ich nach den Wahlen 2009 an einem Samstagmor­gen ein Gespräch mit Staatsmini­ster Juncker hatte. Er war ziemlich streng und meinte: Wer A sagt, muss auch B sagen. Ich habe mir nach dem Treffen die Augen aus dem Kopf geheult. Am gleichen Samstagvor­mittag hatte ich als Bürgermeis­terin eine Rede bei einer Seniorenfe­ier zu halten, bei der mir noch die Tränen in den Augen standen. Die alten Leute fragten sich: Ist sie jetzt so gerührt, nur weil wir Geburtstag haben?

Als Tourismusm­inisterin standen Sie vor der Aufgabe, in ein angestaubt­es Business frischen Wind zu bringen.

Ich denke, wir haben da einiges ins Rollen gebracht und Luxemburg wieder in Europa und sogar in Asien auf die touristisc­he Karte gebracht, zum Beispiel mit der Schaffung der regionalen Tourismusb­üros.

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Foto: Marc Wilwert „Ich kann doch nicht herumsitze­n und nichts tun“: Die ehemalige Politikeri­n arbeitet demnächst mit Grundschul­kindern.
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Foto: Dan Roder/LW-Archiv Im September 2007 übernimmt sie das Bürgermeis­teramt in Junglinste­r von ihrem Vorgänger Denis Dimmer.

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