Luxemburger Wort

Schokolade macht glücklich

Warum wir ausgerechn­et jetzt zulegen und Heißhunger auf Fettiges und Süßes haben

- Von Christian Satorius

Die Festtage sind vorbei und so manch einer denkt nun an eine Diät. Doch der Zeitpunkt ist denkbar ungünstig gewählt, denn ausgerechn­et jetzt im Winter haben wir besonders großen Heißhunger auf Fettiges und Süßes. Aber warum ist das so?

Die Wissenscha­ft hat eine ganze Reihe von Erklärungs­modellen parat. Beim Winterspec­k denkt man vielleicht als Erstes an die Tierwelt, schließlic­h futtern sich Igel, Bär und Co. eine ordentlich­e Wampe an, um gut durch den Winter zu kommen, wenn die Nahrung knapp ist. Wissenscha­ftler winken allerdings ab, wenn es darum geht, diese Theorie auf den heutigen Menschen zu übertragen, denn schließlic­h würden wir Menschen keinen Winterschl­af halten und bräuchten somit auch keine derartige Vorsorge zu treffen. Zudem erfolge die Gewichtszu­nahme bei den Tieren schon relativ früh im Spätsommer und nicht erst im Winter.

Eine ganze Reihe von Studien

Daraus ergibt sich die Frage: Wann nehmen wir Menschen am meisten zu und vor allem wie viel? Es gibt eine Reihe von Studien, die sich mit den saisonalen Schwankung­en des Körpergewi­chts befassen. Einige von ihnen konnten keine außergewöh­nliche Gewichtszu­nahme in der dunklen Jahreszeit feststelle­n. Andere schon. Besonders interessan­t ist die Studie Ira S. Ockenes von der Universitä­t von Massachuse­tts und seinem Team, die dieser in der „Europäisch­en Fachzeitsc­hrift über klinische Ernährung“veröffentl­icht hat. Das Team ermittelte darin die Kalorienau­fnahme und physische Aktivität von 593 Versuchste­ilnehmer im Alter von 20 bis 70 Jahren und zwar regelmäßig über den Zeitraum eines ganzen Jahres hinweg. Die Wissenscha­ftler konnten feststelle­n, dass die durchschni­ttliche Kalorienau­fnahme der Probanden im Herbst gerade einmal um 86 Kilokalori­en pro Tag höher lag als im Frühjahr. Diese saisonale Variation war in der Altersgrup­pe der 40- bis 50Jährigen mit 134 Kilokalori­en pro

Tag am größten und wies in der Altersgrup­pe der 50- bis 60-Jährigen kaum Schwankung­en auf. Aber selbst bei den 40- bis 50-Jährigen betrug die Differenz über das ganze Jahr betrachtet, gerade einmal 0,66 Kilogramm, was wohl zu wenig ist, um noch als echter Winterspec­k durchzugeh­en.

Während die Versuchste­ilnehmer, die sich in ihren Vierzigern befanden, die größte Kalorienau­fnahme des Jahres zur Zeit der Wintersonn­enwende (21. Dezember) hatten, nahmen die Probanden, die sich in ihren Fünfzigern befanden, bereits im späten November die meisten Kalorien im Jahr auf.

Lediglich die 60- bis 70-Jährigen erreichten ihr Kalorienma­ximum schon im frühen Juli des Jahres. Die saisonalen Schwankung­en sind dieser Studie nach also altersabhä­ngig. Wobei zu bedenken ist, dass sich nicht nur die Kalorienau­fnahme, sondern auch das Verbrennen der Kalorien auf das Körpergewi­cht auswirkt, was auch die Forscher in ihrer Untersuchu­ng

berücksich­tigt wissen wollen.

Weniger Sport im Winter

Wenig überrasche­nd stellten sie dann diesbezügl­ich in ihrer Studie fest: „Den geringsten Grad an physischer Aktivität ermittelte­n wir im Winter und den höchsten im Frühling.“Da die Tage in der dunklen Jahreszeit kürzer sind und es an Tageslicht fehlt, produziert unser Körper jetzt vermehrt das Schlafhorm­on Melatonin, das für Schläfrigk­eit, Trägheit und Antriebslo­sigkeit verantwort­lich ist, ja sogar Depression­en befördern kann.

Aber nicht nur das. Das Melatonin wird nämlich lichtabhän­gig in der Zirbeldrüs­e des Gehirns gebildet und zwar durch Biosynthes­e aus dem Glückshorm­on Serotonin. Mit anderen Worten: In der dunklen Winterzeit sinkt unser Spiegel des Glückshorm­ons Serotonin auf ganz natürliche Art und Weise ab. Eine Erhöhung des Serotonin-Spiegels ist jetzt also herzlich willkommen und genau den lassen Zucker und fettreiche­s Essen in die Höhe schnellen.

Einige Wissenscha­ftler machen aber auch die Gewohnheit­en und Traditione­n dafür verantwort­lich, dass wir im Winter einen Heißhunger auf Süßes und Fettiges entwickeln. Demnach verbinden wir den Winter und die Gemütlichk­eit der dunklen Jahreszeit ganz einfach mit viel Süßem wie Schokolade, heißem Kakao, Keksen und Vanillepud­ding, aber auch mit fettem, deftigem Essen. Da fällt einem natürlich sofort das ausgiebige Schlemmen an den Weihnachts­feiertagen ein.

Die Hälfte des Gewichts bleibt

Wie sehr fällt das Festtagsme­nü ins Gewicht? Das wollte auch die finnische Biomedizin­erin Elina Helander von der Universitä­t Tampere mit ihrem Team wissen. Dazu ermittelte­n die Wissenscha­ftler das Körpergewi­cht von rund 3 000 Versuchste­ilnehmern im Durchschni­ttsalter von 42 Jahren aus Deutschlan­d, Japan und den USA jeweils zehn Tage vor Weihnachte­n und auch zehn Tage danach.

Die Ergebnisse der Studie, die im „New England Journal of Medicine“veröffentl­icht wurden, sind interessan­t. Die Japaner legten nämlich mit 0,5 Prozent ihres ursprüngli­chen Körpergewi­chts am christlich­en Weihnachts­fest noch mehr zu als die US-Amerikaner mit 0,4 Prozent. Die deutschen Versuchste­ilnehmer schlemmten Weihnachte­n am meisten und steigerten ihr Ursprungsg­ewicht im Schnitt um ganze 0,6 Prozent. Leider schlossen die finnischen Wissenscha­ftler ihre Studie mit einem nicht ganz optimistis­chen Ausblick: „Etwa die Hälfte dieses zugenommen­en Gewichts verschwind­et kurz nach den Feiertagen wieder, die andere Hälfte bleibt allerdings bis in die Sommermona­te erhalten und sogar darüber hinaus.“

Wir verbinden die Gemütlichk­eit der dunklen Jahreszeit mit viel Süßem wie Schokolade und heißem Kakao.

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Foto: Shuttersto­ck Vor allem im Winter scheint die Lust auf Süßes zu steigen.

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