Neue Ministerin, ähnliche Prioritäten
Yuriko Backes setzt in Brüssel auf Kontinuität und vermeidet überraschende Stellungnahmen
Brüssel. Beim Brüsseler Treffen der Euro-Finanzminister am Montag und der EU-Finanzminister am Dienstag gab es viele neue Gesichter, die durchaus auch für einen gewissen Stilwechsel stehen, der obendrein Folgen auf die Zukunft der Europäischen Union haben könnte.
Zu den „Neuen“gehörten am Montag und am Dienstag etwa der deutsche Finanzminister Christian Lindner (FDP) und die Niederländerin Sigrid Kaag von der linksliberalen D66-Partei. Beide Politiker stehen für einen leichten Kurswechsel in ihren jeweiligen Ländern: Lange galten Berlin und Den Haag als Anhänger der strengen Austerität und Gegner jeglicher Vergemeinschaftung auf EU-Ebene. Doch sowohl Lindner wie auch Kaag, die neulich gebildete Regierungskoalitionen vertreten, weichten in Brüssel subtil von der traditionellen Linien ihrer Herkunftsstaaten ab: Beide sprachen sich für mehr Investitionen aus – und anstatt Türen zu schließen, waren sie bemüht, Öffnungen in Brüssel erkennen zu lassen. Yuriko Backes (DP), Luxemburgs neue Finanzministerin,
pochte bei ihrer BrüsselPremiere dagegen auf Kontinuität – Nuancen mit ihrem Vorgänger Pierre Gramegna ließen sich in ihren öffentlichen Stellungnahmen bislang kaum erkennen. „Ich komme nicht aus einer neuen Regierung mit einem neuen Regierungsabkommen“, sagte Backes in Brüssel. Eine Revolution bei den Positionen Luxemburgs sei demnach nicht zu erwarten. Yuriko Backes Profil hatte nach ihrer überraschenden Nominierung als Pierre Gramegnas Nachfolgerin Ende 2021 für Spekulationen diesbezüglich gesorgt: Würde die ehemalige europapolitische Beraterin von Jean-Claude Juncker (CSV) und Xavier Bettel (DP), die außerdem die Vertretung der EU-Kommission in Luxemburg einige Jahre geleitet hatte, die Luxemburger Standortpolitik auf EU-Ebene weiterführen? Oder würde es mit Backes einige Öffnungen in der EUSteuerpolitik geben? Bei den Treffen der EU-Finanzminister (Ecofin-Rat im Fachjargon) steht Luxemburgs pro-europäische Grundhaltung nämlich am häufigsten auf dem Prüfstand. Nicht selten wollen EU-Kommission und einige EU-Staaten in Sachen Harmonisierung der Steuerpolitik, Transparenz und Schließung von Steuerschlupflöchern in eine Richtung gehen, die – aus Sicht der luxemburgischen Regierung – die Interessen des Landes gefährden könnte. Und nicht selten bemühte sich Yuriko Backes Vorgänger Pierre Gramegna, den Eifer der EU etwas auszubremsen. Backes Aussagen nach dem Ecofin-Treffen gestern lassen vermuten, dass sie die EU-Politik ähnlich angehen wird wie Gramegna. „Wie die meisten Luxemburger habe ich eine sehr europäische Grundeinstellung“, sagte sie, „aber Europa ist ein Kompromiss, den man aushandeln muss.“
Begleiten und mitgestalten
„Die Regierung hat eine sehr proeuropäische Grundhaltung“, erklärte sie weiter, „doch müssen wir die luxemburgischen Interessen hier verteidigen und weiterhin darauf achten, dass das Land wettbewerbsfähig und attraktiv bleibt“. Man werde in ihrer Methode durchaus eine Kontinuität mit der Art und Weise erkennen, „wie Pierre Gramegna hier die Interessen Luxemburgs vertreten und verteidigt hat“, sagte Yuriko Backes. Was das genau bedeutet, ist derzeit noch schwer zu sagen: Am gestrigen Dienstag standen kaum konkrete Verhandlungen zu Steuerfragen auf der Tagesordnung. Backes versprach ihren Amtskollegen dennoch „eine verlässliche und konstruktive“Partnerin in diesen Fragen zu sein. Der Trend in Richtung Steuerfairness sei klar, meinte Backes, „und nun geht es darum, diesen Trend zu begleiten und mitzugestalten“. dv