Eine Pfote in der Tür
Rezente Wolfssichtung in der Gemeinde Wintger sorgt für unterschiedliche Reaktionen
Wintger. Seit Mitte Mai 2021 wurde darüber spekuliert, in der vergangenen Woche gab es dann endlich Gewissheit: Der Wolf ist in Wintger angekommen. Ob sich das Raubtier in Luxemburg oder im nahen belgischen Grenzgebiet niedergelassen hat, ist zwar nicht bekannt, allerdings könnte der Wolf auch in den kommenden Monaten für weiteren Gesprächsstoff sorgen, sollte er beispielsweise Nutztiere reißen.
Ob dies bereits in der Vergangenheit im Raum Wintger der Fall war, ist rückwirkend nicht zu klären, wie Laurent Schley, beigeordneter Direktor der Naturverwaltung und Mitglied der Large Carnivore Initiative for Europe (LCIE), auf Nachfrage hin erklärt. Im Mai war der Wolf in den Verdacht geraten, ein Schaf in der Umgebung von Wintger gerissen zu haben. Genetische Analysen konnten jedoch keine Gewissheit liefern. Damals konnte der potenzielle „Täterkreis“lediglich auf ein Mitglied der Gattung der Hundeartigen eingegrenzt werden. Somit war nicht klar, ob es sich beispielsweise um einen Hund, einen Goldschakal oder eben einen Wolf gehandelt hat.
Vor diesem Hintergrund hatte es im Oktober vergangenen Jahres in Wintger bereits einen Informationsabend mit Schley gegeben. Wo genau der Wolf gesehen wurde, möchte man laut Schley nicht verraten, weil verhindert werden soll, dass sich Schaulustige vor Ort begeben, um das Tier zu fotografieren. Er bestätigt jedoch Informationen, die bereits in belgischen Medien zirkuliert sind, dass der Wolf in der Nähe von Hoffelt, nördlich von Wintger, gesichtet wurde.
Bauern bemängeln unzureichende Hilfestellung
Marcel Thommes, Bürgermeister von Wintger, möchte sich zu diesem Zeitpunkt noch nicht zu weit aus dem Fenster lehnen. Das Thema werde aber höchstwahrscheinlich in der kommenden Gemeinderatssitzung debattiert. Ob es konkrete Konsequenzen für die Gemeinde gebe, wisse er nicht. Mit Blick auf die Informationsversammlung im Oktober stellt Thommes fest, dass sich das Interesse doch in Grenzen gehalten habe. Damals hatten sich etwa 40 Personen im Kulturzentrum in Wintger eingefunden. Ob diese überschaubare Zahl alleine auf das CoronaVirus zurückzuführen ist, bezweifelt Thommes ein wenig.
Das Gemeindeoberhaupt wundert sich ein wenig darüber, dass die Kommune im Gegensatz zum
Verdachtsfall im Mai diesmal nicht vom Ministerium verständigt wurde, sondern die Nachricht aus der Presse erfahren hat.
Auch Schley bedauert, dass im Oktober nicht mehr Menschen den Weg nach Wintger gefunden haben. Er erinnert an die üblichen Sicherheitstipps, beispielsweise, dass man Wölfe nicht füttern soll. „Wir machen uns viele Gedanken über das Thema“, meint Guy Feyder, Präsident der Landwirtschaftskammer. Dies treffe vor allem auf die Halter von Muttertieren zu, weil die betroffenen Kühe und Schafe nach einem Wolfsangriff oftmals traumatisiert und teilweise nicht mehr zu gebrauchen seien. Bei allen Bemühungen von staatlicher Seite sei nicht viel Greifbares vorhanden.
Kritik an vermeintlicher Verharmlosung des Wolfes
Der Präsident der Jägerföderation (FSHCL), Jo Studer, wundert sich darüber, dass die Rückkehr des Wolfes „verharmlost“werde. Gerade für Spaziergänger mit Hunden und Kinder könne das Raubtier gefährlich werden. Trotzdem fordert Studer keine Abschussfreigabe für den Wolf. Er gehe jedoch davon aus, dass der Wolf zum Problem für die Bauern und ihre Nutztiere werden wird.
Gestern wurde die rezente Wolfssichtung auch in der Chamber thematisiert. Während einer Fragestunde wollte der Nord-Abgeordnete Jeff Engelen (ADR) unter anderem wissen, wie es mit staatlichen Zuschüssen für höhere Zäune respektive Herdenschutzhunde
und mit den Nachfolgekosten im Falle einer Panik innerhalb der Herde und anschließenden Unfällen aussieht.
Umweltministerin Carole Dieschbourg (Déi Gréng) erinnerte daran, dass es sich beim Fall in Wintger hierzulande um die vierte bestätigte Wolfssichtung seit 2017 handelt. Grundsätzlich sei man gut auf eine Rückkehr des Wolfes vorbereitet und hoffe, dass dieser wieder Bestandteil der hiesigen Natur wird.
Konkrete Antworten auf die Fragen von Engelen gab Dieschbourg aber nur bedingt. Sie verwies vielmehr auf den 2017 veröffentlichten Aktions- und Managementplan für den Umgang mit Wölfen. Die Ministerin präzisierte jedoch, dass der finanzielle Schaden bei einem eindeutig nachgewiesenen Wolfsangriff komplett zurückerstattet wird. Im Zweifelsfall werden indes 75 Prozent der Schadenssumme überwiesen.