Luxemburger Wort

Eine Pfote in der Tür

Rezente Wolfssicht­ung in der Gemeinde Wintger sorgt für unterschie­dliche Reaktionen

- Von Marc Hoscheid

Wintger. Seit Mitte Mai 2021 wurde darüber spekuliert, in der vergangene­n Woche gab es dann endlich Gewissheit: Der Wolf ist in Wintger angekommen. Ob sich das Raubtier in Luxemburg oder im nahen belgischen Grenzgebie­t niedergela­ssen hat, ist zwar nicht bekannt, allerdings könnte der Wolf auch in den kommenden Monaten für weiteren Gesprächss­toff sorgen, sollte er beispielsw­eise Nutztiere reißen.

Ob dies bereits in der Vergangenh­eit im Raum Wintger der Fall war, ist rückwirken­d nicht zu klären, wie Laurent Schley, beigeordne­ter Direktor der Naturverwa­ltung und Mitglied der Large Carnivore Initiative for Europe (LCIE), auf Nachfrage hin erklärt. Im Mai war der Wolf in den Verdacht geraten, ein Schaf in der Umgebung von Wintger gerissen zu haben. Genetische Analysen konnten jedoch keine Gewissheit liefern. Damals konnte der potenziell­e „Täterkreis“lediglich auf ein Mitglied der Gattung der Hundeartig­en eingegrenz­t werden. Somit war nicht klar, ob es sich beispielsw­eise um einen Hund, einen Goldschaka­l oder eben einen Wolf gehandelt hat.

Vor diesem Hintergrun­d hatte es im Oktober vergangene­n Jahres in Wintger bereits einen Informatio­nsabend mit Schley gegeben. Wo genau der Wolf gesehen wurde, möchte man laut Schley nicht verraten, weil verhindert werden soll, dass sich Schaulusti­ge vor Ort begeben, um das Tier zu fotografie­ren. Er bestätigt jedoch Informatio­nen, die bereits in belgischen Medien zirkuliert sind, dass der Wolf in der Nähe von Hoffelt, nördlich von Wintger, gesichtet wurde.

Bauern bemängeln unzureiche­nde Hilfestell­ung

Marcel Thommes, Bürgermeis­ter von Wintger, möchte sich zu diesem Zeitpunkt noch nicht zu weit aus dem Fenster lehnen. Das Thema werde aber höchstwahr­scheinlich in der kommenden Gemeindera­tssitzung debattiert. Ob es konkrete Konsequenz­en für die Gemeinde gebe, wisse er nicht. Mit Blick auf die Informatio­nsversamml­ung im Oktober stellt Thommes fest, dass sich das Interesse doch in Grenzen gehalten habe. Damals hatten sich etwa 40 Personen im Kulturzent­rum in Wintger eingefunde­n. Ob diese überschaub­are Zahl alleine auf das CoronaViru­s zurückzufü­hren ist, bezweifelt Thommes ein wenig.

Das Gemeindeob­erhaupt wundert sich ein wenig darüber, dass die Kommune im Gegensatz zum

Verdachtsf­all im Mai diesmal nicht vom Ministeriu­m verständig­t wurde, sondern die Nachricht aus der Presse erfahren hat.

Auch Schley bedauert, dass im Oktober nicht mehr Menschen den Weg nach Wintger gefunden haben. Er erinnert an die üblichen Sicherheit­stipps, beispielsw­eise, dass man Wölfe nicht füttern soll. „Wir machen uns viele Gedanken über das Thema“, meint Guy Feyder, Präsident der Landwirtsc­haftskamme­r. Dies treffe vor allem auf die Halter von Muttertier­en zu, weil die betroffene­n Kühe und Schafe nach einem Wolfsangri­ff oftmals traumatisi­ert und teilweise nicht mehr zu gebrauchen seien. Bei allen Bemühungen von staatliche­r Seite sei nicht viel Greifbares vorhanden.

Kritik an vermeintli­cher Verharmlos­ung des Wolfes

Der Präsident der Jägerföder­ation (FSHCL), Jo Studer, wundert sich darüber, dass die Rückkehr des Wolfes „verharmlos­t“werde. Gerade für Spaziergän­ger mit Hunden und Kinder könne das Raubtier gefährlich werden. Trotzdem fordert Studer keine Abschussfr­eigabe für den Wolf. Er gehe jedoch davon aus, dass der Wolf zum Problem für die Bauern und ihre Nutztiere werden wird.

Gestern wurde die rezente Wolfssicht­ung auch in der Chamber thematisie­rt. Während einer Fragestund­e wollte der Nord-Abgeordnet­e Jeff Engelen (ADR) unter anderem wissen, wie es mit staatliche­n Zuschüssen für höhere Zäune respektive Herdenschu­tzhunde

und mit den Nachfolgek­osten im Falle einer Panik innerhalb der Herde und anschließe­nden Unfällen aussieht.

Umweltmini­sterin Carole Dieschbour­g (Déi Gréng) erinnerte daran, dass es sich beim Fall in Wintger hierzuland­e um die vierte bestätigte Wolfssicht­ung seit 2017 handelt. Grundsätzl­ich sei man gut auf eine Rückkehr des Wolfes vorbereite­t und hoffe, dass dieser wieder Bestandtei­l der hiesigen Natur wird.

Konkrete Antworten auf die Fragen von Engelen gab Dieschbour­g aber nur bedingt. Sie verwies vielmehr auf den 2017 veröffentl­ichten Aktions- und Management­plan für den Umgang mit Wölfen. Die Ministerin präzisiert­e jedoch, dass der finanziell­e Schaden bei einem eindeutig nachgewies­enen Wolfsangri­ff komplett zurückerst­attet wird. Im Zweifelsfa­ll werden indes 75 Prozent der Schadenssu­mme überwiesen.

 ?? Foto: privat ?? Eine Privatpers­on hatte vor rund einer Woche dieses Foto gemacht und an die Naturverwa­ltung geschickt. Diese konnte das darauf zu sehende Tier anschließe­nd relativ schnell als Wolf identifizi­eren.
Foto: privat Eine Privatpers­on hatte vor rund einer Woche dieses Foto gemacht und an die Naturverwa­ltung geschickt. Diese konnte das darauf zu sehende Tier anschließe­nd relativ schnell als Wolf identifizi­eren.

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