Luxemburger Wort

Schatten über der ÖVP

Korruption­svorwürfe und Comeback-Gerüchte um Ex-Kanzler Kurz lasten auf der österreich­ischen Regierungs­partei

- Von Andreas Schwarz (Wien) Karikatur: Florin Balaban

Es ist das westlichst­e österreich­ische Bundesland und gilt als das eigenständ­igste – hinter dem Arlberg liegt aus Sicht der Vorarlberg­er der Rest Österreich­s, vor dem trennenden Gebirge liegt eben Vorarlberg, das sich der benachbart­en Schweiz schon näher fühlt. Und es ist, abgesehen von Wien, das kleinste österreich­ische Bundesland – aber macht der Regierungs­partei ÖVP in Wien momentan die größten Sorgen.

Die Volksparte­i kommt zurzeit nicht aus den Korruption­sschlagzei­len, auch Monate, nachdem Sebastian Kurz erst als Kanzler und dann auch als Parteichef das Handtuch geworfen hat. Gegen ihn und eine Reihe seiner Vertrauten ermittelt nach wie vor die Korruption­sstaatsanw­altschaft (falsche Zeugenauss­age, Untreue) in Postenscha­cherund Inseratend­eal-Causen.

Politaffär­e im „Ländle“Mit Karl Nehammer als neuem Parteichef hätte Ruhe einkehren sollen. Aber dann platzte eine Politaffär­e im von der ÖVP regierten „Ländle“, wie Vorarlberg genannt wird: Unternehme­n sollen regelrecht genötigt worden sein, überteuert­e Inserate in der Zeitung des Wirtschaft­sbundes, einer Teilorgani­sation der ÖVP, zu schalten. Aus der Kasse des Blattes sollen dann auch Wahlkämpfe der Landes-ÖVP finanziert worden sein.

Wirtschaft­sbund-Obmann Hans Peter Metzler und Wirtschaft­sbund-Direktor Jürgen Kessler traten nach mehreren Schrecksek­unden zurück, aber die Vorwürfe ließen nicht nach. Im Zuge einer Steuerprüf­ung stellte sich eine möglicherw­eise nicht korrekte Versteueru­ng heraus, Nachzahlun­gen von 1,3 Millionen Euro und ein

Strafverfa­hren drohen. Auch persönlich­e Bereicheru­ng steht im Raum.

Und dann die Bombe: In einer eidesstatt­lichen Erklärung gab ein – anonymer – Vorarlberg­er Unternehme­r

an, Landeshaup­tmann Markus Wallner selbst habe bei einem Betriebsbe­such um Inserate für besagtes Magazin geworben und Gegenleist­ungen in Aussicht gestellt.

Die Rücktritts­aufforderu­ngen der Opposition und ein Misstrauen­santrag, über den im Mai abgestimmt wird, quittierte Wallner mit einem klaren Dementi: „Ich habe nie in meinem Leben persönlich ein Inserat verkauft“, die Behauptung­en seien eine Lüge. Er denke nicht daran, zurückzutr­eten.

Aber der Sumpf, der da im Ländle offenbar gang und gäbe war, fällt zunehmend auf Wallner zurück. Und er wirft einen Schatten auf den Parteitag der Bundes-ÖVP Mitte Mai, auf dem Kanzler Karl Nehammer zum ÖVP-Chef gewählt werden soll.

Gerüchtekü­che brodelt

Den anderen Schatten wirft Sebastian Kurz. Seit Tagen spekuliere­n Boulevardm­edien über einen Besuch beim Parteitag, eine große Rede und überhaupt ein Comeback des gefallenen ÖVP-Stars. Werden doch die ersten staatsanwa­ltschaftli­chen Ermittlung­en, etwa gegen Kurz‘ Finanzmini­ster und Vertrauten Gernot Blümel, nach und nach eingestell­t.

Kurz dementiert. Er sei „gerne dabei, wenn wir Geschlosse­nheit zeigen und Karl Nehammer in seiner Arbeit als Parteiobma­nn und Bundeskanz­ler unterstütz­en“, ließ er via Facebook wissen. Kurz hat ja inzwischen als „globaler Stratege“bei Thiel Capital, einer Firma des deutschstä­mmigen USInvestor­s, Exzentrike­rs und Trump-Freundes Peter Thiel angeheuert, nicht in einer Million Jahren wolle er zurück in die Politik.

Aber die Spekulatio­n, ob nicht jetzt, aber in ein paar Jahren wieder Kurz ante portas steht, ist eröffnet. Und auch wenn er keine Rede auf dem ÖVP-Parteitag halten wird, so wird er auf der Bühne ein paar Fragen eines Moderators beantworte­n – und allein die Frage, wer mehr Applaus bekommen wird, Kurz oder Nehammer, lastet so wie die Vorarlberg­er Malaise schwer auf dem Neuaufbruc­h der Partei und dem Parteitag.

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