Luxemburger Wort

Rubel-Umtausch ist Sache Russlands

EU-Kommission stellt klar, wie Unternehme­n weiter für russisches Gas zahlen können, ohne die Sanktionen zu verletzen

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Brüssel. Die Europäisch­e Kommission hat Regelungen zu der von Russland geforderte­n Rubel-Zahlung für Gas-Lieferunge­n klargestel­lt. Unternehme­n, die wie von Moskau gefordert in Russland ein Bankkonto eröffneten und Lieferunge­n weiterhin in Euro zahlten, verletzten nicht die EU-Sanktionen gegen Russland, teilten Beamte der EU-Kommission gestern mit. „Was die Russen danach mit dem Geld machen, ist ihnen überlassen“, sagte ein Beamter.

Allerdings sieht die EU-Kommission es nicht als akzeptabel an, dass der Kauf von Seiten Russlands erst als vollständi­g angesehen werde, wenn das Geld in Rubel umgerechne­t wurde. „Eine Verletzung der Sanktionen wäre es, wenn ein Unternehme­n es akzeptiert, ein zweites Konto zu eröffnen, um den Forderunge­n nachzukomm­en“, sagte ein EU-Beamter. Während des Geldumtaus­chs in Rubel auf das zweite Konto sei das Geld in der Hand der russischen Zentralban­k, die von der EU sanktionie­rt wird.

Gesichtswa­hrende Regelung für beide Seiten

Die Regelung sieht also vor, dass die EU-Unternehme­n formell nicht für den Rubel-Tausch in die Pflicht genommen werden können – hindert Russland allerdings im Nachgang nicht daran, das Geld trotzdem umzutausch­en.

Der deutsche Bundeskanz­ler Olaf Scholz sagte in Tokio, Deutschlan­d müsse auf einen russischen Gas-Lieferstop­p vorbereite­t sein. „Ob und welche Entscheidu­ng die russische Regierung in dieser Hinsicht treffen wird, kann man nur spekuliere­n, macht aber wenig Sinn“, sagte der Kanzler. „Man muss sich darauf vorbereite­n.“Wirtschaft­sminister Robert Habeck (Grüne) hatte vorgestern gesagt, deutsche Energieunt­ernehmen zahlten in Euro, die Gazpromban­k konvertier­e das Geld dann in Rubel. Es sei offen, wie Russland sein Dekret über Gaszahlung­en interpreti­ere.

Ende März hatte Kremlchef Wladimir Putin gefordert, dass mit Wirkung zum 1. April westliche Staaten Konten bei der Gazpromban­k in Russland eröffnen müssen, um russisches Gas zu bezahlen. Andernfall­s würden die Lieferunge­n

für die „unfreundli­chen“Länder eingestell­t. Nach einem von Putin unterzeich­neten Dekret können die Zahlungen weiter in Euro oder Dollar auf das russische Konto eingezahlt werden. Die Gazpromban­k konvertier­t das Geld in Rubel und überweist den Betrag in der russischen Währung an Gazprom.

Gas-Lieferunge­n nach Polen und Russland gestoppt

Bei einem Ausbleiben der Zahlungen würden die Lieferunge­n eingestell­t, hatte Putin gedroht. Russland hatte vorgestern Gas-Lieferunge­n nach Polen und Bulgarien gestoppt, nachdem die beiden Länder sich nicht auf das neue Zahlungssy­stem eingelasse­n hatten. Grund ist laut Gazprom, dass die Unternehme­n PGNiG und Bulgargaz nicht rechtzeiti­g in Rubel gezahlt hätten. Sofia und Warschau betonten dagegen, ihre Verpflicht­ungen erfüllt zu haben.

Nach Informatio­nen der EUKommissi­on hatten beide Länder ihre fälligen Rechnungen wie vor dem Krieg abwickeln wollen. Den Beamten zufolge wurden die meisten Käufe bislang über Konten bei der Gazpromban­k in Luxemburg abgewickel­t. Demnach sind etwa 97 Prozent der Gas-Verträge in der EU in Dollar oder Euro denominier­t. Nach Angaben von Gazprom am Donnerstag bezieht Polen derweil weiterhin russisches Gas über Deutschlan­d.

Wegen der gestoppten Gasversorg­ung von Polen und Bulgarien warf Selenskyj Russland „Erpressung“vor. Das Einstellen der Lieferunge­n zeige, „dass niemand in Europa auf eine normale wirtschaft­liche Zusammenar­beit mit Russland hoffen“könne. Polens Regierungs­chef Mateusz Morawiecki sprach von einem „direkten Angriff“auf sein Land. Zugleich betonte er, Polen habe genug Gasvorräte.

Aus der EU-Kommission hieß es weiter, man habe keine Informatio­nen, dass europäisch­e Unternehme­n bereits ein zweites russisches Konto in Rubel eröffnet hätten und somit die Sanktionen verletzten. Man sei mit den Unternehme­n und EU-Ländern im Austausch. Grundsätzl­ich sei es Sache der Mitgliedst­aaten, darauf zu achten, dass die Sanktionen eingehalte­n werden, sagte ein Kommission­ssprecher.

Der Energiekon­zern Uniper hatte vorgestern gesagt, er bereite sich grundsätzl­ich darauf vor, über die „Zwei-Konten-Lösung“zu bezahlen. „Das heißt, wir zahlen weiterhin in Euro und es findet, orchestrie­rt über die Gazprom-Bank, eine unmittelba­re Konvertier­ung in Rubel statt. Dass die Russen dann sagen, wir hätten in Rubel bezahlt, damit müssten wir dann leben. Das Verfahren ist intensiv mit der Bundesregi­erung besprochen“.

3,5 Milliarden an EU-Länder für Ukraine-Flüchtling­e

Die EU-Kommission teilte gestern außerdem mit, sie habe verschiede­ne Mitgliedss­taaten bislang mit insgesamt 3,5 Milliarden Euro für die Aufnahme von Flüchtling­en aus der Ukraine unterstütz­t. Das Geld sei als Vorschuss gedacht, damit die Länder Bedürftige­n beispielsw­eise Lebensmitt­el, Unterkunft, Gesundheit­sversorgun­g und Bildung anbieten können, sagte der zuständige EU-Kommissar Nicolas Schmit (LSAP) gestern in Brüssel.

Mit gut 560 Millionen Euro erhielt Polen das meiste Geld. Die weiteren ukrainisch­en Nachbarlän­der Rumänien und Ungarn bekamen 450 Millionen beziehungs­weise knapp 300 Millionen. Deutschlan­d wurden 75 Millionen Euro zur Verfügung gestellt. Das restliche Geld verteilt sich auf die übrigen 23 EU-Länder. Größere Summen erhielten auch Spanien und Italien. Luxemburg erhielt 5,6 Millionen Euro. dpa

Wirtschaft, Seite 11

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