Spielzeug für Kirmes und Königshof
Tudor-Museum hat historische Elektrisiermaschinen erworben und erweitert die Ausstellung
Rosport. Als Henri Tudor, der Erfinder und Firmengründer aus Rosport, noch als Kind im Wohnzimmer spielte, war die Elektrizität nicht viel mehr als eine Spielerei für ein wissenschaftlich interessiertes Publikum. Die Glühlampe war zwar schon erfunden, aber noch nicht praxistauglich, ansonsten gab es kaum Anwendungen für den Strom.
„Elektrizität faszinierte die Menschen aber schon Anfang des 19. Jahrhunderts. Es gab riesige Schau-Objekte für Königshöfe und Jahrmärkte“, sagt João Martins, Leiter des Tudor Museums in Rosport. Seit Kurzem können Besucher in die Zeit vor der wegweisenden Erfindung des Bleiakkumulators einfühlen, denn das Museum hat einen Raum neu eingerichtet und eine Reihe von historischen Elektrisiermaschinen angeschafft.
Geladener Glastubus
Die Geräte sind heute noch genauso faszinierend wie vor knapp 200 Jahren: An dem sogenannten „elektrostatischen Generator“dreht man an einer Kurbel, die mit einem Glastubus verbunden ist. Über einen Kamm und eine Metallröhre wird die Ladung verteilt. „Wir denken, dass der Glastubus früher mit einem Gas gefüllt war. Das begann dann farbig zu leuchten, wodurch man die elektrische Ladung sichtbar machen konnte“, erklärt der Leiter des kleinen Museums in der Villa Tudor.
Auch eine „Leidener Flasche“– die frühe Form eines elektrischen Kondensators – und weitere Elektrisiermaschinen sind in dem Raum zu bewundern, der ein Zimmer des Vaters von Henri Tudor symbolisieren soll. Die Ausstellungsstücke aus der Zeit um 1840 waren nicht leicht zu bekommen. „Wir haben uns bei Auktionshäusern
und spezialisierten Antiquitätenhändlern umgeschaut“, erklärt Patrick Hierthes, Präsident der „Amis du Musée Henri Tudor“. „Wenn man bei ihnen ein passendes Stück findet, muss man schnell zuschlagen.“Das Geld für die historischen Geräte und die Neugestaltung des Raums kam von der Gemeinde Rosport-Mompach und vom Natur- und Geopark Mëllerdall. Die Corona-Zeit, als weniger Besucher nach Rosport kamen, hat die Museumsleitung genutzt, um die Ausstellung zu erweitern und den Besuchern Neuheiten anzubieten. Dieser Wandel ist noch nicht abgeschlossen, denn das Kulturministerium hat dem Museum im Rahmen des Programms „Neistart Lëtzebuerg“Fördergelder in Höhe von 100 000 Euro zur Verfügung gestellt. Damit soll der Aufschwung nach der Pandemie angestoßen werden.
Mit dem Geld möchten João Martins und sein Team einen Saal für alle Generationen im Erdgeschoss neu gestalten. Eine Wand soll dann zeigen, wie in Rosport Strom aus Wasserkraft erzeugt wurde: Früher mit einem Wasserrad am Irminenhof, Henri Tudors Elternhaus, heute im Kraftwerk an der Staustufe. Vor der Wand ist jetzt schon der „Kniwwel-Bereich“eingerichtet, wo Schüler lernen, einfache Schaltungen zu bauen und sich Wissen über den Stromkreis aneignen. Auch dieses Atelier wird mit dem Geld des Kulturministeriums ausgebaut. Bis zum Aktionswochenende „Hop Hop an de Musée“am 14. und 15. Mai soll die Erfinder-Ecke fertig sein.
Gläserne Trennwand
Außerdem möchte die Museumsleitung eine gläserne Trennwand zwischen dem Erdgeschoss und dem Zwischengeschoss einfügen. Dort können Kinder auf fest eingebauten Fahrrädern mit Dynamo Strom per Muskelkraft erzeugen.
Schon jetzt entführt ein ebenfalls neu eingerichteter Raum die Besucher in das Paris der BelleEpoche. Gezeigt wird ein Palais im Stil der Weltausstellung, das mit elektrischem Licht beleuchtet ist – ein völlig neuer und erstaunlicher
Anblick für die damaligen Zeitgenossen. Unter der Decke hängt das Modell eines elektrisch angetriebenen Luftschiffs, eine weitere Neuheit am Ende des 19. Jahrhunderts. „Die Museumskünstler Nic und Dominique Herber aus Osweiler haben dieses Modell für uns angefertigt“, erklärt João Martins. An den Kosten für die Umgestaltung dieses Raums zur frühen Elektromobilität hat sich der Fonds National de la Recherche beteiligt.
Eine weitere Ausstellungswand ist zu den natürlichen Energieformen Wind, Sonne und Blitz geplant, die die Menschen schon seit Anbeginn der Zivilisation nutzen. Sie soll als mechanisches Schattentheater gestaltet werden.
„Mit den Neuanschaffungen wollen wir uns vom Dokumentationszentrum in Richtung Museum entwickeln“, sagt João Martins. Präsident Patrick Hierthes fügt hinzu: „Als wir das Museum vor zwölf Jahren gegründet hatten, hatten wir zwar das Gebäude, aber kaum Ausstellungsstücke.“
Dies hat sich in den vergangenen Jahren jedoch verbessert. Auch aus privaten Sammlungen, Nachlässen von Bastlern und Geschichtsfreunden und verstaubten Kellerecken bekommt das Museum immer wieder alte Akkumulatoren oder historische Werbeschilder der Firma Tudor angeboten. „Unser Lagerplatz ist zwar begrenzt, doch schöne Stücke nehmen wir gerne an“, sagt João Martins.
Mit den Neuanschaffungen wollen wir uns in Richtung Museum entwickeln João Martins, Leiter des Tudor Museums