„Der Körper schreit nach einer Pause“
Christine Majerus nimmt das Festival Elsy Jacobs nicht in Bestform, dafür aber hoch motiviert in Angriff
„Egal wie fit ich bin oder wie sehr die Form passt, beim Festival Elsy Jacobs gehe ich jedes Jahr mit hoher Motivation an den Start und versuche das Bestmögliche aus mir herauszuholen.“Christine Majerus lässt gar keine Zweifel an der Wichtigkeit des Wettkampfs aufkommen. Zum 14. Mal findet das dreitägige Radrennen für Frauen statt. Luxemburgs Landesmeisterin hat noch keine Ausgabe verpasst. Besser noch: Majerus sicherte sich gar einmal den Gesamtsieg (2017).
Das wird in diesem Jahr vermutlich nicht passieren. „Wenn das Rennen irgendwo anders stattfinden würde, würde ich wohl verzichten. Aber in diesem Fall ist das eine andere Sache. Ich respektiere den Wettkampf. Mein Verein organisiert das Rennen. Ich präsentiere mich gerne dem einheimischen Publikum.“Majerus befindet sich nicht in bester körperlicher Verfassung. Vor Paris-Roubaix (vor 13 Tagen) wurde sie krank. Die Form hat gelitten. Das lange Frühjahr fordert ihren Tribut. „Eigentlich bin ich körperlich ziemlich am Ende. Der Körper schreit nach einer Pause. Diese Zeichen sollte man nicht ignorieren, aber manchmal hat man keine Wahl und muss auf die Zähne beißen“, erzählt Majerus im Gespräch.
Die 35-Jährige ergänzt: Ich trainierte zwar nach Paris-Roubaix, aber halt während vier, fünf Tagen nur mit angezogener Handbremse. Es waren eher Spazierfahrten nach Gefühl als echtes Training. Ich versuchte, wieder etwas zu Kräften zu kommen und mich gleichzeitig in einer ordentlichen Verfassung in Luxemburg zu präsentieren. Das war alles nicht ideal. Es war wohl auch keine normale Erkältung, die mich ausbremste. Ich war schon ziemlich am Ende.“Kommende Woche wird sich Majerus einem kompletten medizinischen Check unterziehen, um sicherzustellen, dass es sich nicht um ein tiefergreifendes Problem handelt.
Bis dahin wird Majerus alles geben, auch wenn sie nicht im Vollbesitz ihrer Kräfte ist. „Es wird schon irgendwie klappen. Ich mache mir keinen Stress und keinen Druck. Wenn es gut läuft, umso besser. Wenn nicht, dann weiß ich, warum es nicht geklappt hat. Das Frühjahr war lang und kräftezehrend. Ich konnte überzeugen und bin sehr zufrieden. Mein Fokus lag auf Paris-Roubaix. Da hat es halt nicht geklappt (Majerus wurde 26.). Anschließend fällt man dann gerne mental in ein kleines Loch, vor allem wenn man auch noch krank wird.“
Lehrgang, Tour de France und Vertragsverhandlungen
Das Datum des Festival Elsy Jacobs, eine Woche nach dem letzten großen Frühjahrsklassiker, birgt ein paar Gefahren. „Viele Fahrerinnen benötigen jetzt eine Pause. Manche Teams haben Probleme eine schlagkräftige Truppe zusammenzubekommen. Der Termin des Rennens liegt vielleicht etwas ungünstig und wir sind nicht mit der allerbesten Mannschaft am Start, aber dennoch brauchen wir uns nicht zu verstecken“, erzählte die siebenfache Luxemburger Meisterin am Montag. Da stand noch noch nicht fest, dass Demi Vollering zum SD-Worx-Aufgebot gehören würde. Die Niederländerin wurde am Sonntag Dritte bei Liège-Bastogne-Liège und präsentiert sich seit Wochen in einer hervorragenden körperlichen Verfassung. Majerus freut dies unheimlich: „Ich weiß, dass Demi in Form ist. Wenn sie am Start ist, will sie auch gewinnen. Das gefällt mir. Es verleiht mir eine zusätzliche Portion Motivation. Ich bin mir bewusst, was ich zu tun habe.“
Majerus weiß genau, was während der drei Tage in Luxemburg auf sie zukommt. „Die Strecke kenne ich. Ich weiß, wo es langgeht. Im Vergleich zum vergangenen Jahr hat sich nichts Wesentliches verändert. Ich werde vielleicht versuchen, bei einer Etappe mit um den Sieg zu fahren. Sollte ich allerdings merken, dass ich dazu noch nicht wieder fähig bin, werde ich 100 Prozent für meine Mannschaft geben.“
Nach dem Festival Elsy Jacobs macht Majerus erst einmal eine Woche Pause. Anschließend folgt ein zweiwöchiger Lehrgang in Annecy (F), bevor es mit der RideLondon Classique (17. bis 29. Mai) und der Women's Tour (6. bis 11. Juni) wieder ernst wird. Bei der erstmaligen Austragung der Tour de France der Frauen (24. bis 31. Juli) ist die 35-Jährige im Normalfall ebenfalls dabei. Ihren Platz in der Vorselektion hat sie sicher.
Interessant ist der Blick noch weiter in die Zukunft. Der Vertrag von Majerus beim Team SD Worx läuft am Ende des Jahres aus. „Die Mannschaft hat schon Interesse daran gezeigt, ihn um ein Jahr zu verlängern. Wir haben aber noch keine intensiveren Gespräche geführt. Das könnte am Wochenende passieren, weil der hauptverantwortliche Sportliche Leiter (Danny Stam) beim Festival Elsy Jacobs vor Ort sein wird“, verrät die Luxemburgerin. Sie sagt ebenfalls: „Ich bin mir bewusst, dass vielleicht andere Mannschaften an mir interessiert sind. Ich werde die Angebote vergleichen und abwägen, ob mich beispielsweise ein Wechsel interessiert. Paris 2024 ist auf jeden Fall ein interessantes Ziel. Wenn ich weiterfahre, dann sicherlich die kommenden zwei Jahre. Es ist einfach interessanter mit Olympischen Spielen aufzuhören.“Majerus wäre dann 37 Jahre alt. Weitere Argumente für eine Vertragsverlängerung kann sie am Wochenende auf den Straßen Luxemburgs liefern.