Fußball verbindet
Der FC Südtirol spielt ab Sommer in der italienischen Serie B
Meister und Aufsteiger in die Serie B: Mit dem FC Südtirol tritt ab Sommer erstmals seit dem AC Bozen in der Saison 1947/1948 wieder ein Club aus der autonomen Provinz Bozen/Südtirol in der zweithöchsten Spielklasse Italiens an. Clubdirektor Hannes Fischnaller sieht „eine neue Zeitrechnung“anbrechen, die „Gazzetta dello Sport“schreibt von einem „Märchen“. Schließlich ist der Club erst 27 Jahre alt und fing nach seiner Gründung 1995 in der Landesliga an.
Mehr noch: Er ist in einem ethnischen Spannungsfeld erfolgreich und wirkt dort sogar verbindend. Das ist alles andere als selbstverständlich. Die politischen Debatten in der Provinz drehen sich bis heute immer wieder um die Erweiterung der Autonomie. Rechte Parteien träumen, ermuntert von der rechtspopulistischen FPÖ aus Österreich, von der Loslösung von Rom, einem Freistaat oder gleich einem Beitritt zur Alpenrepublik.
Dem FCS sei es gelungen, „die kirchturmpolitischen Zäune niederzureißen“, urteilte die „Neue Südtiroler Tageszeitung“. Sogar die 23 Prozent italienischsprachigen Menschen in der Region, neben den 62 Prozent deutschen Muttersprachlern klar in der Minderheit, hätten sich „daran gewöhnt, vom FC Sudtirol zu sprechen“und verstanden, dass dieses Erfolgsmodell „nicht gegen sie gerichtet ist“.
Wie empfindlich die Gemüter sind, musste der Club erfahren, als er das italienische Alto Adige (Südtirol) in seinem Wappen durch „Bolzano – Bozen“ersetzte und „ethnische Zündler“Sturm liefen.
„Jede Sekunde, die man sich mit solchen Sachen beschäftigt, ist verlorene Zeit“, sagte Geschäftsführer Dietmar Pfeifer. Großclubs in aller Welt vermarkteten sich wie selbstverständlich international, doch „bei uns im kleinen Südtirol streitet man darüber, ob man einen Begriff in deutscher oder italienischer
Die Spieler des FC Südtirol feiern den Aufstieg.
Sprache anführt“. Absurd.
Werbeträger
Zumal die Unternehmergruppe, die sich 1995 zur Clubgründung zusammen fand, den FCS bewusst als „Werbeträger“für ganz Südtirol aufbauen wollte, wie der Duschkabinenhersteller Hans Krapf einmal erklärte.
Er hält noch heute 36 Prozent am FCS, der nach dem Vorbild Bundesliga mehr als die Hälfte der Einnahmen über seine über 150 (!)
Sponsoren generiert. Mit Gerhard Comper übernahm im Herbst der Verwaltungsdirektor einer Brauerei (Forst) das Präsidentenamt, seine Vizes haben Führungsposten bei der Sparkasse oder den Obstgenossenschaften inne.
Die „Gazzetta“widmete diesem „Modello Südtirol“(mit ü!) eine Sonderseite und lobte die Infrastruktur. Das frisch renovierte Drusus-Stadion in Bozen hat 5 500 Plätze, das Trainingszentrum in Eppan ist erstligatauglich. Dabei wirft der Club keineswegs mit Geld um sich, seine „Stars“verdienen mit höchstens 90 000 Euro pro Jahr nicht einmal ein Drittel dessen, was die Konkurrenz bezahlt. Das Budget beträgt fünf Millionen Euro, Padua oder Triest geben doppelt so viel aus. Der Aufstieg kommt deshalb überraschend.
Als Zweitliga-Eintagsfliege sieht sich der Verein, der in den Südtiroler Landesfarben Weiß-Rot spielt, allerdings nicht. Langfristig, sagt Manager Fischnaller, könne man „vorne mitspielen“– und das Märchen weiterschreiben. sid