„Übertrieben detailliert“
Luxemburg und Brüssel streiten über Landwirtschaftspläne
Vor zwei Wochen bekundete Landwirtschaftsminister Claude Haagen (LSAP) vor den demonstrierenden Bio-Milchproduzenten die frohe Botschaft, als wäre die Aufklärungsaktion der Bio-Bauere-Genossenschaft (BIOG), die für mehr Wertschätzung der BioLandwirtschaft demonstrierte, somit obsolet gewesen:
Erste Rückmeldungen von der EU-Kommission zum nationalen Strategieplan zur Umsetzung der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) seien bis zum Ministerium vorgedrungen und man könne versichern, es sei nicht an Lob gespart worden: „Dass wir solch hohes Lob von der Kommission bekommen, passiert nicht jeden Tag. Das ist ein positives Zeichen, dass wir sehr gute Arbeit geleistet haben“, deklarierte Haagen an dem Tag. Dass die EU-Kommission den nationalen Strategieplan Luxemburgs gutheißen würde, musste man Minister Haagen aufs Wort glauben.
Seit Donnerstag können sich nun alle Vertreter der heimischen Landwirtschaft ein eigenes Bild von dem machen, wie sich die EUKommission offiziell gegenüber dem nationalen Strategieplan positioniert. Eine Antwort der zuständigen Verwaltungsbehörde ließ nicht lange auf sich warten.
Landwirtschaftsministerium geht in die Offensive
Das Ministerium bezieht in einem Positionspapier Stellung zur Kritik der EU-Kommission. Insgesamt bemängelt diese, die Kommission gebe keine globale Auskunft über die Ausrichtung des Strategieplans und würde sich nur in „übertrieben detaillierte Ausführungen“verlieren, wobei konstruktive Empfehlungen nicht vorhanden seien.
Die Veröffentlichung des Positionspapiers nutzte das Landwirtschaftsministerium sichtlich, um ihrem Unbehagen über fehlende finanzielle Mittel der EU in mehreren Bereichen kund zu tun. Die Ausführungen anderer nationaler Strategiepläne, welche qualitative Daten liefern würden, wurden zu Unrecht ignoriert, heißt es im Positionspapier. Faktische Fehler werden zudem moniert und das Urteil, die grüne Architektur Luxemburgs sei unzureichend, lehnt das Landwirtschaftsministerium kategorisch ab.
Auf den Vorwurf, die finanziellen Hilfen seien im luxemburgischen Agrarsektor ungerecht verteilt, replizierte man, 20 Prozent der landwirtschaftlichen Betriebe würden hierzulande von 48 Prozent der Hilfen profitieren, während es auf EU-Ebene im Durchschnitt 80 Prozent sind.
Das Positionspapier des Ministeriums zeigt, die von der Kommission geäußerten Kritiken gegenüber dem Strategieplan wirken ernüchternd. Aus einem eher globalen Blickwinkel heraus begrüßt die EU-Kommission die Initiative Luxemburgs, bereits im Dezember 2020 geäußerte Empfehlungen aus Brüssel in der aktuellen Version des Strategieplans eingebaut zu haben. Insgesamt fehle es der Strategie Luxemburgs in puncto grüne Architektur und im Bereich des ökologischen Wandels in der Land- und Forstwirtschaft an Kohärenz.
Die Reduzierung des Viehbestands zur Senkung von Emissionen im Viehsektor sei zudem ungenügend. Der Milchsektor sei im Strategieplan außen vor, obwohl genau dort die höchsten Emissionswerte zu vermerken sind.
Als weiteres Sorgenkind Luxemburgs sieht die Kommission den fehlenden Schutz der Biodiversität. Das Großherzogtum würde zwar die Verschlechterungstendenz der natürlichen Habitate in ihrem Plan wahrnehmen, doch Lösungsvorschläge würden gänzlich fehlen.
Kritik nicht nur von der EU-Kommission
Erste Stimmen erhoben sich gegen die niedrig angelegten Ambitionen des Strategieplans.
Die Jonk Gréng bemängeln in einer Pressemitteilung, dass der luxemburgische Strategieplan den Anforderungen der Kommission nicht gerecht geworden ist: „Brüssel sagt ganz klar, dass wir einen ambitiöseren Strategieplan brauchen. Der Plan geht die großen Herausforderungen der Landwirtschaft nicht genügend an“, moniert Fabricio Costa, der Co-Sprecher von Déi Jonk Gréng.
Tanja Duprez, Mitglied des Vorstands von Déi Jonk Gréng, weist darauf hin, dass neben dem Schutz der Habitate, der Gewässer und der Böden auch der Viehbestand pro Hektar dringend überdacht werden solle: „Darüber hinaus sollten auch mehr nicht-produktive Flächen vorgesehen werden, die der Biodiversität zugutekommen“, so Duprez.
Brüssel sagt ganz klar, dass wir einen ambitiöseren Strategieplan brauchen. Fabricio Costa (Déi Jonk Gréng)