Luxemburger Wort

Geduldsspi­el im Wilden Westen

„Outer Range“fordert den Zuschauer mit dem Genremix zwischen Ranchgesch­ehen und Mystery

- Von Patrick Heidmann

„Outer Range“, eine vom amerikanis­chen Theateraut­or Brian Watkins erdachte Amazon-Prime-Serie, wiegt ihr Publikum zunächst in falscher Sicherheit. Man wähnt sich hier anfangs auf vertrautem Terrain, nämlich dem der Abbotts, die gut und gerne als Paradebeis­piel einer Familie im Western-Genre herhalten kann.

Costner – aktuell erfolgreic­h wie lange nicht sind. Doch dann taucht auf der Abbott-Ranch erst eine geheimnisv­olle Camperin namens Autumn (Imogen Poots) und bald ein kaum weniger mysteriöse­s Bison mit zwei Pfeilen im Leib auf.

Schließlic­h entdeckt Royal auf seinem weitläufig­en Anwesen auch noch ein riesiges, unheimlich­es und scheinbar bodenloses Loch. Und stellt, ohne hier zu viel zu verraten, bald fest, dass was oder wen man dort hinein schmeißt womöglich später anderswo wieder auftaucht.

„Lost“in Cowboystie­feln? Dass sich in diese vermeintli­ch geradlinig­e Western-Geschichte plötzlich Elemente eines MysteryThr­illers à la „Lost“mischen, ist zunächst einmal so unerwartet wie erfreulich. Auch die deutsche Serie „Dark“kommt einem als Referenz in den Sinn, nicht zuletzt weil gleich in der ersten von acht Episoden aus dem Off über Chronos, den Gott der Zeit, sinniert wird, der – wie es hier heißt – mit seiner Sichel den Kosmos zwischen Erde und Himmel und damit dem Bekanntem und dem Unbekannte­n zerteilte. Wie so vieles in dieser Serie führt das allerdings erstmal zu nicht viel. Oder anders ausgedrück­t: es dauert viel zu lange, bis irgendwas irgendwohi­n führt, so frustriere­nd schleppend ist hier das Tempo.

Nicht dass „Outer Range“nicht viel Gelungenes auffahren würde. Visuell ist die von Brad Pitts Firma Plan B produziert­e Serie hochwertig­er als vieles, was sich dieser Tage sonst streamen lässt; nicht zuletzt die Landschaft­saufnahmen haben Kinoformat, bloß in den Nachtszene­n ist die Dunkelheit so übertriebe­n erdrückend, dass praktisch nichts zu erkennen ist.

Die eklektisch­e Musik von Danny Bensi und Saunder Jurriaans („Ozark“, „Fear the Walking Dead“) greift originell die tonale Vielfalt des Genre-Mashups auf. Und das Ensemble rund um den Western-erfahrenen Josh Brolin lässt sich nichts zuschulden kommen, wobei vor allem Tamara Podemski als indigene, lesbische Deputy

Sheriff Joy bleibenden Eindruck hinterläss­t. Umso bedauerlic­her, dass aus seiner vielsprech­end originelle­n Prämisse nicht mehr macht. Die Überraschu­ngen und Twists kommen zu zögerlich und vor allem zu spät, stattdesse­n verliert sich „Outer Range“in Andeutunge­n, scheinbar wahllosen Verschrobe­nheiten (Noah Reid muss als Tillerson-Sohn ohne ersichtlic­hen Grund ständig singen) und mitunter arg gesteltzte­n Monologen, die Watkins’ TheaterHer­kunft in Erinnerung rufen.

Dass man sich über weite Teile mehr für die (inter-)familiären Konflikte und darin verwobene, meist nur angedeutet­e Überlegung­en zu Themen wie Glauben, Männlichke­it und Einsamkeit interessie­rt als die Frage, was es nun mit dem Furcht einflößend in der Prärie klaffenden Loch auf sich hat, erscheint als vertane Chance – und stellt die Geduld der Zuschaueri­nnen und Zuschauer gehörig auf die Probe.

Alle acht Folgen der ersten Staffel sind auf Amazon Prime verfügbar.

 ?? Foto: Amazon Prime Video ?? Josh Brolin (r.) spielt den Rinderzüch­ter Royal Abbott, der auf seinem Land mit ungewöhnli­chen Vorfällen konfrontie­rt wird.
Foto: Amazon Prime Video Josh Brolin (r.) spielt den Rinderzüch­ter Royal Abbott, der auf seinem Land mit ungewöhnli­chen Vorfällen konfrontie­rt wird.

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