Fahrradstraßen im Vordergrund
Bei der zweiten Station von „Schäfferot on Tour“steht ein erwartetes Thema nicht an erster Stelle
Bonneweg. 135 Minuten, elf Fragen und ein Schwerpunktthema: Das ist die Zusammenfassung der zweiten Station von „Schäfferot on Tour“. Am Dienstagabend war es bei der Reise durch die 24 Viertel der Hauptstadt an den Einwohnern von Bonneweg und Gare.
Der Ablauf
Etwa 100 Einwohner der beiden Viertel hatten sich im Kulturzentrum in Bonneweg eingefunden. Nach den beiden ersten Versammlungen ist der Ablauf nun erkennbar und für die weiteren Treffen festgelegt: Die erste Stunde gehört den sieben Mitgliedern des Schöffenrates für eine persönliche Bilanz. Dass Politiker Mühe haben, sich kurzzufassen, wurde erneut unter Beweis gestellt.
Jeder muss auf den anderen Rücksicht nehmen. Schöffe Patrick Goldschmidt
Danach ist das Mikrofon offen für die Fragen der Bürger. In Bonneweg waren es im Vergleich zur ersten Versammlung in Hollerich zwar weniger Fragen – elf im Vergleich zu 17. Aber die Beantwortung dieser Fragen dauerte mit etwa 75 Minuten eine Viertelstunde länger.
Ein Phänomen, das erneut beobachtet werden konnte, ist, dass zahlreiche Einwohner die Versammlung frühzeitig verlassen. So hatte sich der Saal kurz vor Ende doch beträchtlich geleert.
Was passiert mit dem Abrigado?
Eigentlich war sich für die Versammlung über diese beiden Viertel erwartet worden, dass ein Thema im Vordergrund stehen würde: die Sicherheit. Dies war aber nicht der Fall.
Dennoch wurde der Punkt angesprochen. Und in Erinnerung bleiben vor allem die Wörter eines Mädchens im Grundschulalter. „Es stört mich, dass ich mich in Bonneweg nicht sicher fühle und Angst habe vor den Menschen, die Alkohol trinken“, erklärt Lou, die dann auch noch eine Idee mit auf den Weg gibt: „Vielleicht könnte man in der Schule Kurse anbieten, wie man seine Ängste loswird.“
Bürgermeisterin Lydie Polfer (DP) brachte Verständnis für das Mädchen auf und versuchte ihrerseits Tipps zu geben: „Es gibt das Projekt A vos côtés. Du erkennst die Mitarbeiter an ihren grünen TShirts. Zu ihnen kannst du immer gehen und nach Hilfe fragen.“
Die Drogenauffangstruktur in der Route de Thionville beschäftigte die Bürger ebenfalls. Auf die Frage, ob das Abrigado an einen anderen Standort umzieht, antwortete Lydie Polfer: „So, wie das Abrigado derzeit funktioniert, ist nicht mehr zeitgemäß. In einem Treffen mit Gesundheitsministerin Paulette Lenert waren wir uns darüber einig. Sie hat uns gesagt, dass der Regierungsrat einen neuen Standort suchen wird.“
Lou teilt dem Schöffenrat Ängste mit.
Außerdem verriet Polfer, dass die Stadt Luxemburg dem Ministerium zwei neue Standorte vorgeschlagen hat, um zwei Bereiche dieser Struktur unterzubringen: Es handelt sich einerseits um die seit Längerem angekündigte Frauenstruktur und ein Haus für das Substitutionsprogramm.
Rue cyclable: Bewertung im Herbst
Am meisten Fragen wurden dem Schöffenrat zu den Fahrradstraßen gestellt. Eine der sieben neuen Rues cyclables führt nämlich vom Lycée Technique de Bonnevoie über 1 450 Meter durch die Rue Jean-Baptiste Gellé hinunter und dann durch die Rue des Trévires hinauf zur Rocade.
Ein Einwohner bemängelte, dass sich Auto- und Busfahrer nicht an eine der wichtigsten Regeln – der motorisierte Verkehr darf Fahrräder nicht überholen – halten. Mobilitätsschöffe Patrick Goldschmidt (DP) sagte, dass alle Busfahrer – auch die von externen Anbietern
– diesbezüglich einen Brief mit Anleitungen erhalten hatten, aber dass er diesen noch einmal verschicken lassen würde.
Eine Einwohnerin des Boulevard de la Fraternité – einer Parallelstraße der Rue des Trévires – stellte die Frage, welche Route die Autos benutzen würden, da die besagte Straße nicht mehr die Hauptverkehrsachse wäre. Es wäre dann wohl der Boulevard de la Fraternité.
Patrick Goldschmidt erklärte, dass auf beiden Straßen in den vergangenen Wochen weniger Autos gezählt wurden. Er gab aber zu, dass der Boulevard de la Fraternité wohl einige Autos „geerbt“hätte. Er versprach, in den kommenden Wochen weitere Zählungen durchzuführen, um dann eventuell reagieren zu können. „Jeder muss auf den anderen Rücksicht nehmen“, so der Schöffe, der noch ergänzte: „Momentan sind die Rues cyclables ein Pilotprojekt. Im Herbst werden wir dieses bewerten.“Die Einwohnerin konnte der Bürgermeisterin dann noch eine Zusage abringen – und zwar die Installierung einer Bremsschwelle bei der Verger-Schule.
Alles in allem waren sich die Radfahrer im Saal nicht immer einig. Ein Mann merkte an, dass er in seinem Alter mit dem Rad nicht mehr so gut vorankomme und dass er so den Verkehr aufhalten würde. „Der Schwache darf nicht den Starken abbremsen.“Ein anderer Mann hatte diesbezüglich eine andere Meinung: „Die Autos halten öfters den Radfahrer auf als umgekehrt.“
Daneben gab es aber noch einen anderen Wunsch – und zwar die Installierung von Fahrradständern und eventuell Boxen in Straßen, in denen die Einwohner ihre Räder sonst in den Garten schleppen müssen.