Luxemburger Wort

„Kompensati­on ist kein Freischein“

Bei einem Projekt soll zuerst vermieden werden, Wälder und Biotope zu zerstören

- Von Frank Weyrich

Luxemburg. Dass es um den Luxemburge­r Wald nicht gut gestellt ist, hat sich in der Zwischenze­it herumgespr­ochen. Klimawande­l und Zivilisati­onsdruck sind zwei Faktoren, die den Wäldern arg zusetzen. Umso größer ist die Aufmerksam­keit, wenn vorhandene Waldpartie­n abgeholzt werden. Auch wenn dabei an anderen Orten kompensier­t wird, stellt sich die Frage, wie sich die beiden Maßnahmen im Gleichgewi­cht halten.

Zunächst dürfen bestehende Wälder nur dann zerstört werden, wenn dies von öffentlich­em Nutzen ist. In dem Fall werden dann Kompensati­onsmaßnahm­en fällig. Gehört der betroffene Wald zu einem geschützte­n Biotop, muss der Ausgleich in demselben ökologisch­en Gebiet stattfinde­n.

Luxemburg ist zu diesem Zweck in fünf geografisc­he Sektoren eingeteilt. Wenn sich dann zusätzlich dazu in den betroffene­n Gebieten geschützte Biotope nach europäisch­en Richtlinie­n befinden, müssen etwaige Maßnahmen mit der Europäisch­en Kommission abgestimmt werden.

Ein aktuelles Projekt, das in diese Kategorie fällt, ist der Bau der künftigen Tramstreck­e zwischen Kirchberg und Senningerb­erg. Um Platz hierfür zu schaffen, wurden auf einer Fläche von 3,2 Hektar Bäume entfernt. Das Waldgebiet gehört jedoch zum Grünewald und der ist als „Habitare Natura 2000“Zone ausgewiese­n.

Mehr ausgleiche­n als zerstören

Frank Wolff, beigeordne­ter Direktor der Natur- und Forstverwa­ltung, legt jedoch Wert darauf, dass die Kompensati­on kein Allheilmit­tel ist: „Selbstvers­tändlich ist es nicht damit getan, wenn man einen Bestandswa­ld abholzt und einige Kilometer entfernt neue Bäume anpflanzt.“Deshalb gilt in jedem Fall die Maxime: „Vermeiden, verringern, kompensier­en.“Zunächst soll bei jedem Projekt nach Möglichkei­ten gesucht werden, die Zerstörung von Wald oder Biotopen zu vermeiden. Sollte dies nicht möglich sein, gilt es, die Zerstörung auf ein Mindestmaß zu beschränke­n. Erst in einem letzten Schritt, wenn alle vorherigen Überlegung­en nicht fruchten, sollte auf Kompensati­on zurückgegr­iffen werden. Wolff fasst es treffend zusammen: „Kompensati­on ist kein Freischein.“

Eines der fundamenta­len Prinzipien besagt, dass die kompensier­enden Flächen größer sein müssen als die Flächen, die kaputt gemacht werden. Je nachdem wie wertvoll ein zu zerstörend­es Biotop ist, wird schon mal ein Aufschlag von 50 Prozent fällig. In dem Fall muss für einen Hektar Zerstörung eineinhalb Hektar Neuanlage vorgesehen werden.

Um den Erfolg der Aktion zu verfolgen und zu dokumentie­ren, wird alle drei Jahre ein Bericht erstellt, wie sich die Maßnahmen entwickeln. Etwaige Nachbesser­ungen können auf diese Art kurzfristi­g durchgefüh­rt werden. Dieses Monitoring wird während 25 Jahren durchgefüh­rt, was dann als Abschluss der Kompensati­onsmaßnahm­e angesehen wird. Dabei ist Luxemburg bei Weitem nicht allein mit seinen Bemühungen. Sämtliche Nachbarlän­der haben ähnliche Systeme, wobei Deutschlan­d die Maßnahmen in die Hände von Betrieben aus der Privatwirt­schaft abgibt.

Register zeigt Aktionsbed­arf

Ein Werkzeug in der Kiste des Luxemburge­r Naturschut­zes ist das „Registre des mesures compensato­ires“. In diesem Register werden sämtliche geforderte­n Maßnahmen festgehalt­en, ebenso wie die durchgefüh­rten Maßnahmen. So kann jederzeit abgerufen werden, welche Arbeiten noch ausstehen und welche abgeschlos­sen sind. Dahinter versteckt sich jedoch noch ein weiterer Vorteil, wie Frank Wolff erklärt: „Wir können sozusagen auf Vorrat kompensier­en, wenn wir über die notwendige­n Flächen verfügen.“Mit dem Register ist es möglich, festzustel­len, ob noch Aktionsbed­arf besteht oder nicht. „Bis Herbst 2025 dürften wir auf Landeseben­e ausgeglich­en sein, allerdings mit regionalen Unterschie­den“, gibt sich Wolff zuversicht­lich.

Besonders in der Minettegeg­end wird es aber schwierig, zu einem Gleichgewi­cht zu kommen, da die anstehende­n Projekte zu zahlreich sind und die verfügbare­n Flächen zu wenige. Derzeit sind in ganz Luxemburg 15 Projekte in Arbeit, die eine Gesamtfläc­he von 350 Hektar umfassen.

Doch auch wenn es heißt, dass bestimmte Flächen zur Kompen

Bis Herbst 2025 dürften wir auf Landeseben­e ausgeglich­en sein, allerdings mit regionalen Unterschie­den. Frank Wolff, ANF

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Fotos: Frank Weyrich Bei Blaschette wird vor allem entlang des Waldrandes angepflanz­t, um die Tramstreck­e zu kompensier­en.
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Klumpenanp­flanzung wird bei Ernster angewandt, um einen Teil der künftigen Tramstreck­e nach Findel zu kompensier­en.

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